Nach Kurskapriolen

Anhörungen zu Aktienmanie um GameStop und Co. im US-Kongress geplant - Aktienkurs +67 Prozent

29.01.21 22:33 Uhr

Anhörungen zu Aktienmanie um GameStop und Co. im US-Kongress geplant - Aktienkurs +67 Prozent | finanzen.net

Die Aufregung um die extremen Kurskapriolen der Aktien des Videospielhändlers GameStop und anderer Unternehmen am US-Finanzmarkt hat endgültig die politische Ebene erreicht.

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Der künftige Vorsitzende des Bankenausschusses im US-Senat, Sherrod Brown, kündigte am Donnerstag (Ortszeit) eine Anhörung "zum aktuellen Zustand des Aktienmarkts" an. Es sei an der Zeit für die Börsenaufsicht SEC und den Kongress dafür zu sorgen, dass die Wirtschaft für alle funktioniere, nicht nur für die Wall Street. "Die Leute an der Wall Street scheren sich nur um die Regeln, wenn sie diejenigen sind, denen es wehtut", hieß es in Browns Statement.

Hintergrund ist der große Ärger von Anlegern über Restriktionen beim Handel mit Papieren von GameStop und anderen Firmen, durch die sie sich bei einer Gewinnstrecke ausgebremst sehen. Vor allem der Online-Broker Robinhood geriet dadurch massiv in die Kritik und in den Verdacht, Kleinanleger gegenüber Wall-Street-Großinvestoren zu benachteiligen. Bei Firmen wie GameStop oder der Kinokette AMC verloren Hedgefonds zuletzt viel Geld mit Wetten auf fallende Kurse, unter anderem weil sich Hobby-Händler in Online-Foren organisierten und die Aktien der Unternehmen erfolgreich nach oben trieben.

Dass Robinhood den Handel mit den Papieren so einschränkte, dass sie nur noch verkauft, aber nicht mehr gekauft werden können, könnte nun zum Politikum werden und eine größere Debatte um Regulierung lostreten. Laut US-Medien plant auch die Vorsitzende des Finanzausschusses im US-Repräsentantenhaus, Maxine Waters, eine Anhörung. Dabei soll es um die jüngsten Turbulenzen am Finanzmarkt und um die Rolle von Hedgefonds dabei gehen. Auch andere ranghohe Politiker der demokratischen Partei wie Elizabeth Warren und Alexandria Ocasio-Cortez forderten Aufklärung. Vertreter der republikanischen Partei äußerten ebenfalls Unverständnis für Robinhoods Entscheidung.

Nach dem Sturm der Empörung und ersten Klagen von Anlegern, die sich um Kursgewinne gebracht sehen, kündigte Robinhood am Abend an, die Handelsbeschränkungen für die Wertpapiere wieder zu lockern. Robinhood-Chef Vlad Tenev erklärte im US-Finanzsender CNBC, die Handelsbeschränkungen seien zum Schutz des eigenen Unternehmens und seiner Kunden beschlossen worden.

GameStop-Hype geht in die nächste Runde

Nach einem Rekord-Tagesverlust von gut 44 Prozent steht GameStop vor einem erneuten dreistelligen prozentualen Kurssprung.

Die Gamestop-Aktie legte an der NYSE letztlich um 67,87 Prozent auf 325,00 US-Dollar zu. Zuvor hatten mehrere Brokerhäuser auf öffentlichen Druck hin ihre Beschränkungen für den Handel mit den Papieren gelockert.

In den vergangenen beiden Wochen stieg der GameStop-Kurs um insgesamt rund 2000 Prozent. Auslöser der Rally waren konzertierte Käufe von Kleinanlegern. Sie zwangen große Hedgefonds, ihre Wetten auf einen Verfall der Papiere in großem Stil aufzulösen. Dies trieb die Aktien in die Höhe und einige Fonds an den Rand des Ruins.

"Unglücklicherweise ist dies kein Einzelfall", sagte Randy Frederick, Manager beim Brokerhaus Charles Schwab. "Die Leute werden versuchen, das mit anderen Werten zu wiederholen." Ähnlich äußerte sich Andrea Cicione, Chef-Anlagestratege des Research-Hauses TS Lombard. "Solche Dinge kommen üblicherweise in Wellen."

In den vergangenen Tagen hatten Firmen wie die deutsche Biotechfirma Evotec, die US-Kinokette AMC oder der finnische Netzwerk-Ausrüster Nokia aus den gleichen Gründen wie GameStop massive Kursgewinne verbucht. Diesen Unternehmen ist gemein, dass Hedgefonds in großem Stil auf einen Preisverfall spekulieren. Die Experten der Bank JPMorgan haben 45 Werte ausgemacht, die anfällig für ähnliche Kurskapriolen sind. Zu dieser Liste gehört zum Beispiel die US-Restaurantkette Cheescake Factory.

Bundestagsabgeordnete zu GameStop-Turbulenzen - Kleinanleger nicht benachteiligen

Die Börsenturbulenzen rund um den US-Videospielehändler GameStop rufen Finanzpolitiker aus dem Bundestag auf den Plan.

"Handelsplattformen müssen offen für alle Marktteilnehmer sein. Es kann nicht sein, dass eine Vielzahl von Kleinanlegern in einer volatilen Phase vom Handel ausgeschlossen werden und große Hedgefunds haben weiter Marktzugang", sagte Florian Toncar von der FDP am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. "Unsere Aufsichtsbehörden müssen diese Grundsätze rigoros durchsetzen, sie gehören zum Kernbestand offener Kapitalmärkte."

Kleinanleger hatten zuletzt konzertiert Aktien von GameStop und anderen Firmen gekauft und damit Hedgefonds zur Auflösung ihrer Wetten auf den Kursverfall dieser Papiere gezwungen. Dies trieb einige Fonds sogar an den Rand des Ruins. Teilweise schränkten Broker daraufhin den Handel mit diesen Papieren ein. Politiker aus dem US-Kongress kündigten an, den Zustand des Aktienmarktes zum Thema im Parlament zu machen. Im Visier ist dabei der bei Kleinanlegern beliebte Online-Broker Robinhood, der GameStop-Käufe gesperrt hat, Verkäufe aber weiter ermöglichte.

Das Vorgehen von Robinhood werfe Fragen zur Börsenkultur auf, sagte SPD-Finanzpolitiker Jens Zimmermann. Derivate und andere Finanzprodukte könnten zwar die Effizienz von Märkten steigern. "Wir müssen diese Entwicklung aber sehr genau verfolgen."

Fabio De Masi von den Linken sprach von einem Skandal: "Wenn Broker den Handel zum Schutz von institutionellen Anlegern aussetzen, zeigt dies, wie empfindlich Finanzhaie reagieren, wenn ihnen ein Schwarm einen Strich durch die Rechnung macht. Hier muss die Börsenaufsicht einschreiten."

/hbr/DP/stk

WASHINGTON (dpa-AFX)

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