Wirecard-Konkurrent liebäugelt mit Börsengang: Die großen Pläne des Zahlungsdienstleisters heidelpay
Der lange Atem vom Mirko Hüllemann, dem Chef von heidelpay, einem Heidelberger Zahlungsdienstleister, zahlt sich langsam aus. Nun nimmt das Unternehmen sogar schon Anlauf für einen möglichen Börsengang.
Werte in diesem Artikel
• Der Wettbewerbsdruck im Payment-Sektor…
• … befeuert das weltweite Übernahmefieber
• KKR sichert sich Mehrheit an heidelpay
Der erbitterte Wettbewerb in der Zahlungsdienstleisterbranche zieht immer größere Kreise. Beschränkte sich der Markt vor wenigen Jahren noch auf eine überschaubare Anzahl von klassischen Kreditkartenanbietern wie MasterCard, Visa und American Express, gibt es nun eine Vielzahl an verschiedenen Payment-Anbietern wie PayPal aus den USA, Wirecard aus Deutschland, Klarna aus Schweden, Adyen aus den Niederlanden und viele weitere.
Triple-A sichern sich mehr und mehr Marktanteile
Des Weiteren bieten nun natürlich auch die Triple-A - Apple, Amazon und Alphabet - ihren Kunden eigene Zahlungsdienstleistungen an und sichern sich somit ebenfalls ein großes Stück am internationalen Payment-Kuchen. Dementsprechend ist es für kleinere Anbieter, ohne große finanzielle Mittel, immer schwieriger, neue Kunden zu werben und nachhaltig zu überzeugen.
Die 600 Millionen-Finanzspritze aus New York
Um dennoch gegen die Mächtigen der Branche anzukommen, war auch der kleine Zahlungsdienstleister heidelpay aus Heidelberg lange Zeit auf der Suche nach einem großen Investor, welcher das nötige Kleingeld besitzt, um die Konkurrenz in die Schranken zu weisen. "Um größere Zukäufe als bisher zu stemmen, brauchen wir auch größere oder weitere Investoren. Das ist unser Ziel", so der heidelpay-Firmenchef Mirko Hüllemann in einem Interview mit dem Handelsblatt im Mai 2019.
Nur rund drei Monate nach diesem Interview ging der Wunsch des heidelpay-Chefs in Erfüllung. Denn im August 2019 sicherte sich die New Yorker Beteiligungsgesellschaft KKR die Mehrheit des Unternehmens und sorgte somit für frisches Kapital. Laut Insidern haben die New Yorker für rund 60 Prozent der Firma circa 600 Millionen Euro bezahlt. Dementsprechend wird heidelpay nun mit rund einer Milliarde Euro bewertet. Dieses Investment bestätigte dabei auch Hüllemann in seiner Rolle als Multimillionär. Denn der heidelpay-CEO hält selbst noch mehr als 30 Prozent des Unternehmens.
Übernahmekandidaten wie Sand am Meer
Das frische Geld aus New York möchte Hüllemann nun schnellstmöglich in neue Akquisitionen investieren. "In Europa haben wir ein Potenzial von 300 bis 400 Firmen, die man kaufen könnte. Davon sind bestimmt 20 bis 30 für uns interessant", so der Firmenchef. "Wir wollen in die gleichen Sphären wie Adyen und Klarna vorstoßen", Hüllemann weiter. Schon im Jahr 2018 übernahmen die Heidelberger das österreichische Unternehmen Mpay24 und im Jahr 2019 folgte die Universum Group aus Frankfurt.
Netto und Süddeutsche setzen auf heidelpay
Der Full-Service-Provider aus Heidelberg bietet seine Dienste aktuell in über 160 Ländern der Welt an. Bekannte Kunden sind dabei zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung, Netto, Euronics aber auch Elite Partner. Des Weiteren bietet heidelpay auch ein umfassendes Angebot an Payment-Services wie Debitoren-, Rechnungs- und Risikomanagement sowie Loyalty-Programme und Abo-Commerce. Darüber hinaus werden auch die Kundenzahlungen in Echtzeit überwacht und permanent auf Risiken überprüft.
Die große Konkurrenz im Payment-Sektor macht Hüllemann dabei keine Angst. Denn nach seiner Einschätzung kann der europäische Markt auch mehrere Bezahldienstleister vertragen. "Europa ist sicherlich bereit für fünf bis zehn Unternehmen dieser Größenordnung und wir wollen auf jeden Fall eines dieser Unternehmen sein", erklärt der CEO in einem Gespräch mit Reuters.
Hüllemann liebäugelt mit IPO
Für den heidelpay-Firmenchef ist nun auch ein Börsengang eine denkbare Alternative, um weiteres Kapital zu beschaffen. "Ein Börsengang ist natürlich immer eine Option für frisches Kapital. […] Aber jetzt haben wir gerade erst KKR ins Boot geholt und haben ein paar Jahre Wachstum vor uns", so Hüllemann in Bezug auf ein mögliches IPO gegenüber Reuters.
Ein Sektor im Übernahmefieber
In der weltweiten Zahlungsdienstleisterbranche herrscht gegenwärtig ein regelrechtes Übernahmefieber. So schnappte sich der US-Anbieter Fiserv für 22 Milliarden US-Dollar seinen Konkurrenten First Data; Fidelity National schluckte für 35 Milliarden US-Dollar Worldpay. Außerdem sicherte sich MasterCard für rund 3,2 Milliarden US-Dollar einen erheblichen Anteil an Nets. Der dänische Payment-Anbieter Nets übernahm zuvor den deutschen Anbieter Concardis.
Kommt die Akquisition durch Wirecard anstatt einem Börsengang?
Angesichts dieser enormen Dynamik ist es fraglich, ob es heidelpay überhaupt noch an die Börse schaffen kann oder nicht schon bald selbst übernommen wird. Mit einem erwarteten Gewinn in Höhe von rund 1,12 Milliarden Euro hätte Mitwettbewerber Wirecard sicherlich das nötige Kleingeld für eine derartige Transaktion. Zudem ist auch die Private-Equity-Gesellschaft KKR nicht unbedingt für sehr langfristige Engagements bekannt. Somit ist es nicht ausgeschlossen, dass es im Payment-Sektor schon bald zu einer neuen Überraschung kommt.
Pierre Bonnet / Redaktion finanzen.net
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