Türkei: Die Lage dürfte sich entspannen
Die Proteste am Bosporus ließen die Börse Istanbul abstürzen und verunsichern ausländische Anleger. Sie zweifeln, ob der Boom im ökonomischen Musterland weitergeht. Okan Özoglu von der türkischen Isbank bleibt dagegen optimistisch für sein Heimatland.
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von Emmeran Eder, Euro am Sonntag
Der Zufall wollte es, dass er in die Geschichte eintauchte. Auf Heimatbesuch geriet der 55-jährige Okan Özoglu mitten in die Proteste am Taksim-Platz in Istanbul. Unter den Demonstranten sah er vertraute Gesichter: Söhne und Töchter von Freunden und Bekannten. Seit 1991 lebt Özoglu in Deutschland und verantwortet die Außenfinanzierung und das europäische Marketing der Isbank, Tochter der umsatzstärksten türkischen Bank Türkiye Is Bankasi.
€uro am Sonntag: Herr Özoglu, waren Sie überrascht von den Protesten?
Okan Özoglu: Und wie! Die Türkei hat in den vergangenen zehn Jahren einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt. Die Einkommen sind regelrecht hochgeschossen. Erdogan hat mit seiner Wirtschaftspolitik große Erfolge erzielt. Das ist eigentlich nicht die Basis für eine Massenprotestbewegung.
Trotz der materiellen Erfolge strömten mehr als 100 000 Menschen auf den
Taksim-Platz und zeigten ihren Unmut gegen Erdogan. Warum?
Es sind vorwiegend junge Leute aus der Mittel- und Oberschicht, die auf die Straße gehen. Viele fahren schicke Autos, tragen modische Labels und teure Uhren. Nicht wenige demonstrieren zum ersten Mal in ihrem Leben. Frauen sind überproportional vertreten. Die Protestierenden befürchten, dass die Regierung zunehmend in ihr privates Leben eingreift. Als Grund hierfür sehen sie das öffentliche Alkoholverbot oder auch die Anzahl der Kinder, die sie haben sollen.
Ist der Arabische Frühling jetzt in Europa angekommen?
Der Vergleich stimmt überhaupt nicht. Die Türkei ist keine Diktatur, sondern eine Demokratie mit freien Wahlen. Zudem sind die Frauen anders als in den arabischen Staaten gleichberechtigt. Es sitzen mehr Frauen in wichtigen Führungspositionen von Wirtschaft und Verwaltung als in Deutschland! Die Bürger wollen mehr Mitspracherechte. Es ist normal, dass wohlhabende Bürger selbstbewusster werden.
Welche gesellschaftlichen Veränderungen sind besonders auffällig?
Lange war es üblich, dass Paare von den Eltern eine Aussteuer nach der Hochzeit erhielten und damit eine Wohnung kauften. Heute nehmen sie langfristige Hypotheken- und Konsumentenkredite auf. Wegen der hohen Inflation und den dadurch bedingt stark schwankenden Zinsen boten Banken diese früher gar nicht an. Die gefallenen Zinsen lösten einen Immobilien- und Konsumboom aus.
Apropos Immobilien. Im benachbarten Griechenland fehlen Grundbuchämter. Ist das in der Türkei ähnlich?
Wir haben dasselbe System wie in Deutschland. Jede Immobilie ist im Grundbuchamt registriert. Das ist schon seit der osmanischen Zeit so. Nur den Notar sparen wir uns. Das macht ein normaler Beamter.
Ist der Kreditboom eine Gefahr für das Finanzsystem?
Nein. Die türkische Bankenaufsicht ist mit die härteste der Welt. Die Branche wurde nach der schweren Krise 2001 mit vielen Bankenpleiten stark reguliert. Die Eigenkapitalquote beträgt im Schnitt 16 Prozent, das Risiko wird streng überwacht. So können Schieflagen früh erkannt werden.
Ausländer ziehen ihr Geld ab, die Istanbuler Börse ist eingebrochen. Ist der Aufschwung durch die Unruhen in Gefahr?
Ich war auch erstaunt, wie heftig die Polizei gegen die Demonstranten vorgegangen ist. Die Interessen von fast 50 Prozent der Bevölkerung können aber nicht dauerhaft ignoriert werden. Deswegen hat die Regierung den Dialog mit den Protestierenden aufgenommen und sogar ein Referendum angeboten. Die Lage dürfte sich nun entspannen. Dann werden die ausländischen Anleger zurückkehren. Die Wirtschaft dürfte wenig tangiert werden.
Also eine Einstiegschance?
Trotz der Unruhen sollten Anleger auf dem verbilligten Niveau jetzt kaufen.
Investor-Info
Lyxor Turkey Titans 20 ETF
Starke Nerven gefragt
Nach jahrelangem Anstieg ist der Turkey-Titans-20-Index seit Beginn der Unruhen um 18 Prozent abgestürzt, die Devise Lira um 6,5 Prozent. Das Barometer umfasst 20 Bosporus-Bluechips. Die Wirtschaft wächst robust. Das Land ist von Auslandsgeld abhängig, das scheu wie ein Reh ist. Beruhigt sich die Lage, sind hohe Gewinne drin. Darauf spekulieren Anleger mit dem Titans 20 ETF von Lyxor.
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17.08.2011 | Turkiye Is Bankasi buy | UniCredit Research |
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17.08.2011 | Turkiye Is Bankasi buy | UniCredit Research |
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