Deutsche Börse bestätigt: Kengeter soll Chef der Super-Börse werden - Rechtlicher Sitz London
Carsten Kengeter, Chef der Deutschen Börse, soll nach der Fusion mit der London Stock Exchange die neue Großbörse leiten.
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Die Führungsstruktur der geplanten europäischen Mega-Börse aus Frankfurt und London steht. Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter soll das Schwergewicht mit Hauptsitzen in Frankfurt und London leiten, wie die Deutsche Börse und die London Stock Exchange (LSE) am Freitag mitteilten. Seinen rechtlichen Sitz soll der neue Konzern in der britischen Hauptstadt haben. Vorgesehen ist, die aus Deutscher Börse und LSE gebildete Gruppe, als Gesellschaft nach britischem Recht zu führen. Aktien beider Unternehmen legten am Freitag zu.
Zudem einigten sich beide Seiten auf weitere wichtige Personalien: LSE-Verwaltungsratschef Donald Brydon wird nach den Plänen diesen Posten auch im fusionierten Unternehmen übernehmen, als sein Stellvertreter ist der derzeitige Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Börse, Joachim Faber, vorgesehen. LSE-Finanzvorstand David Warren soll diesen Posten auch in der zusammengeschlossenen Gruppe übernehmen.
LSE-CHEF GEHT VON BORD
Der seit sieben Jahren amtierende LSE-Chef Xavier Rolet wird das Unternehmen verlassen, sobald der Deal vollzogen ist. Rolet habe sich entschieden, "sein Amt aufzugeben, um die erfolgreiche Gründung der neuen Gruppe zu unterstützen". Er hatte die LSE wieder auf Wachstumskurs gebracht.
Die Deutsche Börse und die LSE hatten nach Marktgerüchten am Dienstag ihre Absicht zu einem Zusammenschluss auf Augenhöhe öffentlich gemacht. Bis spätestens 22. März muss nun nach britischen Vorgaben entweder ein bindendes Angebot gemacht oder der Deal vorerst abgeblasen werden.
HOFFEN AUF SINKENDE KOSTEN
Von dem Zusammenschluss versprechen sich beide Seiten "substanzielle Kostensynergien" vor allem "durch den Wegfall von Dopplungen im Bereich von Technologien und Betriebsabläufen über alle Geschäftsbereiche, Unternehmensdienstleistungen und Support-Funktionen hinweg". Auch die Kunden sollen profitieren: "Die Verbindung der Londoner und Frankfurter Börsen würde eine Liquiditätsbrücke schaffen, die das Angebot an Wertpapieren verbreitern und somit in dem sich abzeichnenden regulatorischen Umfeld Nutzen für alle Marktteilnehmer schaffen würde."
Nach den bisher veröffentlichten Plänen sollen die Aktionäre der Deutschen Börse an dem Gemeinschaftsunternehmen mit 54,4 Prozent eine knappe Mehrheit halten. Zusammen würden die beiden Unternehmen nach Börsenwert zu den beiden US-Schwergewichten ICE und CME aufschließen.
BEHÖRDEN MÜSSEN ZUSTIMMEN
Zustimmen müssten einer Fusion unter anderem die EU-Wettbewerbshüter. Brüssel hatte den letzten großen Anlauf der Frankfurter zu einer Megafusion mit der New Yorker Börse NYSE Anfang 2012 krachend scheitern lassen. An der LSE hat sich die Deutsche Börse schon zwei Mal - 2000 und 2005 - die Zähne ausgebissen.
LSE und Deutsche Börse haben nach Angaben vom Freitag mit den zuständigen Aufsichtsbehörden sowie mit den Regierungen in Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Italien Gespräche über den potenziellen Zusammenschluss aufgenommen.
HESSEN IST SKEPTISCH
Die hessische Landesregierung ist nach dpa-Informationen skeptisch, ob der Sitz in London genehmigungsfähig ist. Die Wiesbadener Koalition könne sich zwar erst ein abschließendes Urteil bilden, wenn es konkret werde, hieß es am Freitag. Zweifel an den Plänen bestünden aber vor allem auch wegen des möglichen EU-Austritts Großbritanniens ("Brexit"). Die Frankfurter Wertpapierbörse wird von der Börsenaufsicht im hessischen Wirtschaftsministerium überwacht. Das Ministerium hat deshalb bei den Fusionsplänen ein Mitspracherecht.
Um die Auswirkungen eines möglichen "Brexits" abzuschätzen, setzten die beiden Börsenbetreiber ein gemeinsames Beratungsgremium ein. "Die Parteien wissen, dass eine Entscheidung der Wählerschaft von Großbritannien über das Verlassen der Europäischen Union ein Risiko für das Projekt darstellt", heißt es in der Mitteilung.
BREXIT KEIN AUSSCHLUSSKRITERIUM
Allerdings glauben beide Seiten, dass der Zusammenschluss selbst im Falle eines "Brexits" noch große Vorteile biete, auch wenn dies zu einer Umverteilung der Geschäfte in der Gruppe führen könne. Deshalb ist den Angaben zufolge nach derzeitigem Stand das Ergebnis des für den 23. Juni geplanten britischen Referendums auch keine Bedingung für die Fusion.
Aufsichtsbehörde braucht mehr Infos zur Prüfung der Börsen-Hochzeit
Die Börsenaufsicht kann den möglichen Zusammenschluss von Deutscher Börse und London Stock Exchange (LSE) derzeit noch nicht prüfen. Es lägen bislang nur zwei Pflichtmitteilungen des Frankfurter Börsenbetreibers vor, zudem hätten erste Gespräche auf Arbeitsebene stattgefunden, teilte das hessische Wirtschaftsministerium mit. Eine genaue Prüfung, ob der geplante Zusammenschluss zugelassen werden könne oder untersagt werden müsse, sei auf dieser Basis bislang nicht möglich.Die Börsenaufsicht will nach Eingang der vollständigen Unterlagen prüfen, ob durch den geplanten Zusammenschluss der Betrieb oder die Fortentwicklung des Börsenbetriebs am Standort Frankfurt beeinträchtigt werden könnte. Teil einer solchen Analyse seien dabei auch die Befugnisse und Funktionen sowie die Stellung der Frankfurter Börse in einem neuen Konzern, der mehrere Handelsplattformen betreibt.
Auch der Sitz einer neuen Holdinggesellschaft werde Teil der Analyse sein. Die beiden Börsenbetreiber hatten am Vormittag angekündigt, bei einer Fusion den Sitz des gemeinsamen Unternehmens in London anzusiedeln und die Rechtsform einer Aktiengesellschaft nach britischem Recht zu wählen. In der Mitteilung des hessischen Wirtschaftsministeriums hieß es, der Zusammenschluss könne durch die Aufsichtsbehörde auch untersagt werden.
Regierungssprecher Steffen Seibert hatte zuvor am Freitag in Berlin gesagt, die Ausgestaltung eines möglichen Zusammenschlusses sei noch offen. Die Bundesregierung kommentiere geschäftspolitische Entscheidungen nicht. Eine Bewertung sei "bestenfalls nach Abschluss der Gespräche möglich und da sind dann in erster auch nicht die Bundesregierung, sondern die Aufsichtsbehörden gefragt".
Die LSE und die Deutsche Börse hatten am Dienstag angekündigt, über eine Fusion unter Gleichen zu verhandeln. Bei einem Zusammenschluss entstünde eine Megabörse. Mit einer kombinierten Marktkapitalisierung von rund 25 Milliarden Euro entstünde der zweitgrößte Börsenbetreiber weltweit und der größte in Europa. Eine gemeinsame Gruppe würde sich auf Augenhöhe bewegen mit den Platzhirschen CME aus Chicago und der Intercontinental Exchange (ICE) aus Atlanta im US-Bundesstaat Georgia.
Es ist bereits der dritte Anlauf der beiden europäischen Börsen, sich gemeinsam dem schärfer werdenden internationalen Wettbewerb zu stellen. Zur Jahrtausendwende und dann noch einmal im Jahr 2004 hatten Frankfurt und London zwei Mal vergeblich versucht, gemeinsame Sache zu machen. Sollte die Fusion nun gelingen, entfielen auf die Aktionäre der Deutschen Börse 54,4 Prozent an dem neuen Unternehmen, der Rest läge bei den Aktionären der LSE.
FRANKFURT/LONDON (dpa-AFX)
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