Lane: EZB handelte entsprechend ihrem Wissensstand weitgehend richtig
Von Hans Bentzien
DOW JONES--Die Europäische Zentralbank (EZB) hat nach Aussage ihres Chefvolkswirts Philip Lane in den Inflationsjahren 2021 bis 2023 weitgehend richtig gehandelt, wenn man den damaligen Wissensstand und Risikoerwägungen der Zentralbank berücksichtigt. In einer Konferenz der Banca d'Italia sagte Lane, Modelle deuteten im Nachhinein darauf hin, dass die EZB ihre Zinsen 2021 eher und aggressiver hätte anheben können und 2023 einmal weniger als es dann geschah.
"Hätte sie Ende 2021 die genauen Auswirkungen der bevorstehenden wirtschaftlichen Schocks genauer vorausgesehen, hätte sie die Zinsen schneller und stärker erhöhen müssen", sagte Lane laut veröffentlichtem Text. Die Inflation hätte ihren Höhepunkt dann bei etwa 8 Prozent erreicht, statt der im vierten Quartal 2022 erreichten 10 Prozent. "Diese Straffung der Geldpolitik hätte jedoch erhebliche Kosten für die Wirtschaftsleistung bedeutet. Das Quartalswachstum wäre je nach verwendetem Modell um 1 bis 2 Prozentpunkte geringer ausgefallen", erläuterte Lane.
Dass die EZB das wahre Ausmaß der drohenden Inflation nicht erkannte, lag Lane zufolge vor allem an falschen Annahmen hinsichtlich der Entwicklung von Energie- und Nahrungsmittelpreisen und andererseits an falschen Einschätzungen dazu, wie schnell sich dieser Preisschock bis zu den Verbraucherpreisen vorarbeiten würde. Die Modelle der EZB hätten noch relativ lange angezeigt, dass die Inflation auf 2 Prozent oder darunter sinken würde.
Andererseits: Ohne die außerordentliche geldpolitische Straffung wäre die Inflation laut diesen Modellen in den Jahren 2023 bis 2026 rund 2 Prozentpunkte höher ausgefallen als derzeit prognostiziert. Nach Lanes Aussage wirkte die Geldpolitik stärker als von der EZB erwartet. Die Kreditzinsen stiegen stärker als prognostiziert und die Kreditvergabe an Unternehmen nahm deutlicher als erwartet ab.
"Dies ist wichtig, da eine unerwartet starke Wirkung der Maßnahmen - unter sonst gleichen Bedingungen - kleinere oder allmählichere Zinserhöhungen als Reaktion auf die steigende Inflation rechtfertigen würde", erläuterte der EZB-Chefvolkswirt.
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November 18, 2024 09:04 ET (14:04 GMT)