Lufthansa-Aktie gewinnt: Staatshilfe-Hinweise verdichten sich - Lufthansa prüft Insolvenz in Eigenverwaltung
In Erwartung umfangreicher Staatshilfen haben die Aktien der Lufthansa am Dienstag weiter zugelegt.
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Der "Business Insider" hatte unter Berufung auf Quellen aus dem Konzern berichtet, dass die Bundesrepublik rund neun Milliarden Euro in den schwer angeschlagenen Konzern pumpen werde. Händler blieben angesichts der aktuell noch unbestätigten Aussagen jedoch eher abwartend und bewerteten die kolportierten Neuigkeiten vorsichtig.
Auch die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, dass sich der Staat auf einen Einstieg vorbereite und schrieb im Grundsatz Ähnliches wie das Online-Wirtschaftsmagazin. Seitens der Bundesregierung hieß es zugleich, dass die unverbindlichen Verhandlungen noch liefen und es noch keine Einigung gebe. Eine solche werde auch noch nicht in dieser Woche erwartet.
Erst am Donnerstag hatte die Fluggesellschaft eingestanden, dass sie sich nicht mehr aus eigener Kraft aus der Corona-Krise retten könne. Wegen des in der Corona-Krise ruhenden Reiseverkehrs zählt die Lufthansa - wie allgemein Unternehmen aus der Reise- und Freizeitbranche - zu den großen Krisenverlierern.
Ein Händler, der die Aussichten auf die Finanzspritze als erfreulich beurteilte, sagte: "Es hat ganz den Anschein, als wird Deutschland kräftig in die Lufthansa investieren." So könne sie mit 9 Milliarden Euro eine Sperrminorität erlangen und ebenfalls ein oder zwei Sitze im Aufsichtsrat.
Lufthansa prüft auch Insolvenz im Schutzschirmverfahren
In den Verhandlungen um mögliche Corona-Hilfen prüft die Lufthansa auch eine Insolvenz in Eigenverwaltung anstelle eines direkten Staatseinstiegs. Entsprechende Informationen der Gewerkschaft Ufo wurden am Dienstag von einem Unternehmenssprecher in Frankfurt bestätigt.
Ein solches Schutzschirmverfahren hat bereits der Ferienflieger Condor durchlaufen. Das Unternehmen wird in diesem Fall unter die Aufsicht eines Sachwalters gestellt und könnte unter dem bisherigen Management die Sanierung angehen.
Laut Gewerkschaft soll Lufthansa-Chef Carsten Spohr intern erklärt haben, dass er das Unternehmen lieber in die Insolvenz in Form eines Schutzschirmverfahrens führe, als sich von der Politik reinreden zu lassen.
Dazu erklärte ein Unternehmenssprecher, dass der Vorstand selbstverständlich alle Optionen inklusive des Schutzschirmverfahrens prüfe. Es sei eine Alternative, falls dem Konzern bei einem Staatseinstieg nicht wettbewerbsfähige Bedingungen drohten.
Die Kabinengewerkschaft Ufo erhofft sich von einem direkten Staatseinstieg bei der Lufthansa einen besseren Schutz von Arbeitnehmerrechten und strategische Vorteile für den deutschen Luftverkehr.
Lufthansa-Chef Spohr warnt vor zu großem Staatseinfluss
Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat vor einem zu großen Staatseinfluss auf sein Unternehmen in der Folge möglicher Hilfskredite gewarnt. Der Luftverkehr sei zwar immer politisch gewesen, aber es dürfe nie eine politisch verordnete Frage werden, "ob wir von München oder von Zürich aus nach Osaka fliegen", sagte der Vorstandschef der Wochenzeitung "Die Zeit". Das sei eine zentrale Frage für die Zukunft des Unternehmens.
Spohr warb um Vertrauen in die unternehmerischen Entscheidungen seines Managements. Die Lufthansa habe die drei besten Jahre ihrer Konzerngeschichte hinter sich. "Wenn sie auch künftig erfolgreich sein soll, muss sie auch weiterhin ihr Schicksal unternehmerisch gestalten können." Man könne einen Konzern nur sehr schwer steuern, wenn mehrere Regierungen Einfluss auf operative Geschäftsaufgaben nehmen wollten.
Die Verhandlungen mit den verschiedenen Regierungen in Folge der Corona-Krise würde Spohr lieber persönlich führen als am Telefon. "Wir sind gerade in Gesprächen mit vielen Regierungen in Europa über eine Unterstützung unserer Airlines, aber mir ist das fast unangenehm am Telefon" sagte Spohr. "Ich reise lieber zu jemandem, den ich um etwas bitte. Das hat ja auch eine gewisse Symbolik."
Das macht die Lufthansa-Aktie
Die Aktie der Lufthansa ist am Dienstag zwischen kräftigen Gewinnen und moderaten Verlusten geschwankt. Mögliche umfangreiche Staatshilfen für die durch die Corona-Krise schwer angeschlagene Fluggesellschaft würden nicht nur positiv gesehen, hieß es am Markt mit Blick auf Medienberichte.
Kurz nach dem Handelsstart war die Aktie noch bis knapp unter 9 Euro hochgesprungen und hatte sich an die Spitze im deutschen Leitindex DAX gesetzt. Gegen Mittag sackte sie dann auf 7,82 Euro ab und legte schussendlich um 2,09 Prozent auf 8,10 Euro zu. Tags zuvor bereits hatte dank der Hoffnung auf ein Rettungspaket die Stabilisierung begonnen. Noch am Freitag war das Papier bei 7,02 Euro auf den tiefsten Stand seit 2003 gesackt und damit dem Rekordtief bei 6,80 Euro sehr nahe gekommen. Vor der Corona-Pandemie hatte es noch um die 15 Euro gekostet.
Händler blieben angesichts der vielen unterschiedlichen und in wichtigen Teilen unbestätigten Aussagen zum Einstieg Deutschlands in das Unternehmen abwartend. Sie bewerteten die kolportierten Neuigkeiten insgesamt vorsichtig. Ein Händler, der die Aussichten auf eine Finanzspritze durch die Bundesregierung als erfreulich beurteilte, sagte: Sofern Deutschland tatsächlich neun Milliarden Euro investiere, könne der Staat eine Sperrminorität erlangen sowie ein oder zwei Sitze im Aufsichtsrat.
Marktexperte Andreas Lipkow von der comdirect bank sprach von Uneinigkeit unter den Investoren, ob die Hilfsmaßnahmen der Regierung positiv oder negativ zu bewerten seien. Viel wichtiger sei indes, dass die Flugaktivitäten zügig wieder aufgenommen werden. "Ansonsten wird sich die Situation der Fluggesellschaft weiter massiv verschlechtern."
FRANKFURT (dpa-AFX)
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