Konjunktur schwächelt

Handelskrieg bremst China: Wachstum so langsam wie seit 30 Jahren nicht mehr

15.07.19 09:51 Uhr

Handelskrieg bremst China: Wachstum so langsam wie seit 30 Jahren nicht mehr | finanzen.net

Unter dem Druck des Handelskrieges mit den USA hat sich das Wachstum in China im zweiten Quartal auf 6,2 Prozent verringert.

Damit wächst die zweitgrößte Volkswirtschaft so langsam wie seit fast drei Jahrzehnten nicht mehr. Wie das Statistikamt am Montag in Peking berichtete, erreichte das Wachstum seit Jahresanfang insgesamt noch einen Wert von 6,3 Prozent.

So war Chinas Wirtschaft im ersten Quartal zunächst überraschend robust mit 6,4 Prozent gewachsen. Doch wird der Abwärtsdruck stärker. Der Außenhandel ist seit Jahresanfang um zwei Prozent und im Juni sogar um vier Prozent zurückgegangen. Auch hatte sich die Industrieproduktion im Mai und April zwei Monate in Folge schlecht entwickelt.

Allerdings zeigte sich die Industrieproduktion im Juni laut Daten vom Montag wieder stärker als von Analysten erwartet. Im Jahresvergleich sei die Fertigung um 6,3 Prozent gestiegen, wie das nationale Statistikbüro am frühen Morgen weiter mitteilte. Im Mai war die Industrieproduktion nur um 5,0 Prozent und im April um 5,4 Prozent im Jahresvergleich gewachsen. Stärkere Zuwächse zeigten sich im Juni in der Bergbaubranche und bei der Produktion von Nahrungsmitteln.

Außerdem fielen Daten zum Umsatz im chinesischen Einzelhandel besser als erwartet aus. Für Juni wurde hier ein Zuwachs im Jahresvergleich um 9,8 Prozent gemeldet, nachdem das Wachstum im Monat zuvor nur 8,6 Prozent betragen hatte.

Trotz des Rückgangs im zweiten Quartal liegt das Wirtschaftswachstum Chinas derweil nach wie vor im Rahmen der durchaus vorsichtigen Vorgabe der Regierung von 6,0 bis 6,5 Prozent für dieses Jahr. Die Wirtschaftsplaner in Peking versuchen, die Konjunktur durch Steuersenkungen, eine lockere Geldpolitik und andere Maßnahmen anzukurbeln.

Damit tritt allerdings der Kampf gegen die hohe Schuldenlast in China weiter in den Hintergrund. Die Verschuldung ist nach einer Schätzung der Experten der Finanznachrichtenagentur Bloomberg auf 271 Prozent der Wirtschaftsleistung gestiegen - von 164 Prozent vor der globalen Finanzkrise 2008.

In dem seit einem Jahr anhaltenden Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften ist außerdem keine Entspannung in Sicht. US-Präsident Donald Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatten zwar Ende Juni am Rande des Gipfels der großen Industrienationen (G20) in Osaka in Japan einen "Waffenstillstand" und eine Wiederaufnahme der Handelsgespräche vereinbart. Doch finden beide Seiten noch nicht wieder an den Verhandlungstisch zurück.

Für die vereinbarte Wiederaufnahme der Handelsgespräche zwischen den USA und China hatte der US-Präsident in Osaka zugesagt, eine geplante Ausweitung der Sonderabgaben vorerst zu verschieben. Doch steht seine Drohung weiter im Raum. Er denkt an 10 bis 25 Prozent Zusatzzölle auf die restlichen China-Einfuhren im Wert von rund 300 Milliarden US-Dollar.

Die chinesische Führung scheint auch langsam die Hoffnung auf eine baldige Lösung im Handelskrieg zu verlieren. Die Auseinandersetzung wird in politischen Zirkeln in Peking zunehmend als Rivalität der angeschlagenen alten Supermacht USA gegenüber der aufstrebende asiatischen Macht China betrachtet. Experten sehen auch ein Wettrennen um die technologische Führung in der Welt und verweisen auf den Umgang der USA mit dem chinesischen Telekom-Riesen Huawei.

Die USA haben den führenden Netzwerkausrüster und zweitgrößten Smartphone-Hersteller auf eine schwarze Liste gesetzt - aus Gründen der nationalen Sicherheit. So brauchen US-Unternehmen, die Geschäfte mit Huawei machen wollen, neuerdings eine Lizenz. Nach einem anfänglichen generellen Lieferverbot ist damit zwar wieder die Tür für Geschäfte geöffnet. Doch muss sich zeigen, wann die Lizenzen vergeben werden und welche Technologie geliefert werden darf./lw/DP/jkr

PEKING (dpa-AFX)

Bildquellen: Aleksey Klints / Shutterstock.com, My Life Graphic / Shutterstock.com