KONJUNKTUR IM BLICK/Deutsches BIP sinkt 2024 - wie lief 4Q?
Von Hans Bentzien
DOW JONES--Nach der Aufhebung coronabedingter Kontaktbeschränkungen hatten Ökonomen gehofft, dass die deutsche Wirtschaft, getrieben vom Konsum privater Haushalte und wieder erwachenden Investitionen, eine dezente Erholung hinlegen würde. Aber diese Erholung endete 2022 mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine, und auf ein Jahr 2023 mit leicht schrumpfender Wirtschaftsleistung folgte 2024, für das eine ähnliche Entwicklung erwartet wird. Wenn das Statistische Bundesamt (Destatis) am Mittwoch (10.00 Uhr) eine erste Schätzung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für das abgelaufene Jahr vorlegt, werden Analysten und Marktteilnehmer vor allem an einer Einschätzung des vierten Quartals interessiert sein.
Außerdem liegen in der Woche Daten zu den US-Verbraucherpreisen, die zweiten Veröffentlichungen der deutschen und Euroraum-Verbraucherpreise, sowie das Protokoll der EZB-Ratssitzung vom 11./12. Dezember an.
Deutsches BIP sinkt 2024 erneut
Deutschlands Wirtschaftsleistung dürfte 2024 erneut leicht gesunken sein. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten, dass das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal um 0,2 Prozent gesunken ist, nachdem es bereits 2023 um 0,3 Prozent zurückgegangen war. Für Konjunkturbeobachter interessanter dürfte die BIP-Schätzung für das vierte Quartal sein, die die Statistiker traditionell in ihrer Pressekonferenz abgeben.
Die gerade für November veröffentlichten Daten zu Produktion und Exporten deuten darauf hin, dass die Industrie im Schlussquartal möglicherweise keine so große Belastung gewesen ist wie bisher angenommen. Allerdings ging im Oktober der Umsatz im Dienstleistungssektor zurück, was kein gutes Vorzeichen ist.
China veröffentlicht am Freitag (3.00 Uhr) BIP-Zahlen für das vierte Quartal.
Endgültige Verbraucherpreiszahlen aus Deutschland - Überraschung?
Die meisten Analysten finden die zweite Veröffentlichung der deutschen Verbraucherpreisdaten nicht besonders interessant, aber dieses Mal könnte es eine Revision der vorläufig gemeldeten Zahlen geben. Destatis hat einen neuen Erhebungskatalog verwendet, dessen Anwendung den Statistikämtern der Länder offenbar ein paar Probleme bereitete. Nur zwei von sechs veröffentlichten vor dem Statistischen Bundesamt (Destatis) vorläufige Zahlen. Und diejenigen, die es taten (Hessen und Bayern), revidierten die Jahresteuerungsrate bei der endgültigen Veröffentlichung nach unten.
Für eine gewisse Verunsicherung bei Analysten sorgte außerdem, dass Destatis die Angaben zum Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) nach unten korrigieren musste. Destatis hatte am Dienstag für Deutschland einen Anstieg der Verbraucherpreisinflation auf 2,6 (2,2) Prozent gemeldet. Dieser Anstieg um 0,4 Prozentpunkte entsprach auch dem Durchschnitt der von den Landesämtern gemeldeten Raten. Endgültige Dezember-Zahlen veröffentlichen die Wiesbadener Statistiker am Donnerstag (8.00 Uhr).
Endgültige Inflationszahlen für den Euroraum folgen am Freitag (11.00 Uhr), hier ist kaum mit einer Revision zu rechnen.
US-Inflation steigt im Dezember - Kerninflation konstant
Der Inflationsdruck in den USA dürfte im Dezember zugenommen haben. Analysten rechnen laut Factset-Konsens damit, dass die Verbraucherpreise gegenüber dem Vormonat um 0,3 Prozent gestiegen sind und um 2,8 (November: 2,7) Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats lagen. Die Kernverbraucherpreise sollen demnach um 0,2 Prozent auf Monats- und 3,3 (3,3) Prozent auf Jahressicht gestiegen sein. Die Daten werden am Mittwoch (14.30 Uhr) veröffentlicht.
EZB-Sitzungsprotokoll gibt Aufschluss über Diskussionen im Dezember
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hatte seine Leitzinsen im Dezember wie erwartet gesenkt und durch die Blume weitere Zinssenkungen in Aussicht gestellt. Zwar versicherte EZB-Präsidentin Christine Lagarde in ihrer Pressekonferenz nach der Ratssitzung, dass die EZB den Kampf gegen die Inflation keineswegs als gewonnen betrachte, doch strich der Rat andererseits aus seinem Statement die Absicht, weiterhin für eine restriktive geldpolitische Ausrichtung zu sorgen. Diese Aussage ist nach Meinung von Analysten für mehrere Zinssenkungen gut. Seither ist allerdings die Inflation weiter gestiegen. Das Protokoll kommt am Donnerstag (13.30 Uhr).
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January 10, 2025 10:22 ET (15:22 GMT)