Experte überzeugt - Credit Suisse-Übernahme wird juristisches Nachspiel haben
Die Bankenkrise, die in den USA ihren Lauf nahm, hat auch vor Europa nicht Halt gemacht und mit der Credit Suisse ein prominentes Opfer gefordert. Dabei regt sich bei zahlreichen Anlegern der Credit Suisse bereits Unmut über die Bedingungen zu denen die Schweizer Grossbank mit der Rivalin UBS zwangsfusioniert wurde. Eine Finanzexperte ist sich dabei sicher, dass eine Klagewelle nicht lange auf sich warten lassen wird.
Werte in diesem Artikel
• Credit Suisse-Übernahme durch UBS sorgt für Gesprächsstoff
• Anleger stören sich an Abschreibung der AT1-Anleihen
• Finanzexperte sieht zahlreiche Klagen anrollen
Dass die in Schieflage geratene Credit Suisse durch die Rivalin UBS übernommen wird, ist mittlerweile beschlossene Sache. Unterstützt wurde die Übernahme von der Schweizerischen Nationalbank, der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA sowie dem Bundesrat, um die "Sicherung der Finanzmarktstabilität" um den "Schutz der Schweizer Volkswirtschaft" zu garantieren.
Abschreibung von AT1-Anleihen sorgt für Kritik
Dabei sind es die Bedingungen, zu denen die Credit Suisse von ihrer Konkurrentin übernommen wird, die seit der Verkündung der Zwangshochzeit zahlreiche Kritiker auf den Plan gerufen haben. So gab die FINMA im Rahmen der Erklärung zur Fusion bekannt, dass die sogenannten Additional-Tier-1-Anleihen der Credit Suisse, auch CoCo-Bonds oder AT1-Anleihen genannt, vollständig abgeschrieben würden und das bei einem Wert von rund 16 Milliarden Franken.
Bei den CoCo-Bonds wird das Bankenrisiko vom Steuerzahler auf den Anleihebesitzer übertragen. Das beliebte Anlageprodukt, welches Anleger durch hohe Renditen lockt, wurde nach der Finanzkrise 2008 lanciert. Für Besitzer ist der Verlust des Anleihe-Werts umso schmerzlicher, da Anleihe-Besitzer in der Vergangenheit im Pleitefall bevorzugt vor Aktionären behandelt wurden. Im Fall der Credit Suisse verlieren die CS-Aktien durch die Übernahme jedoch nicht vollständig ihren Wert, wenn auch der Übernahmepreis von drei Milliarden Franken deutlich unter dem Wert liegt, den die Credit Suisse noch wenige Tage vor der Pleite innehatte.
Gabriele La Monica übt Kritik
Auch Milano Finanza-Chefredakteur Gabriele La Monica ist sich sicher, dass die CS-Übernahme noch lange für Gesprächsstoff sorgen und auch Anlass für zahlreiche Klagen geben wird: "Was am meisten erstaunt, ist die selbstgefällige Art der Schweizer Behörden, die von der Welt erwarten, dass sie eine Transaktion, die viele der für das internationale Finanzwesen geltenden Regeln untergräbt, kritiklos akzeptiert," fasst er im Interview mit finews.ch zusammen.
Die Kritik an der Abschreibung der CS-AT1-Anleihen ist im mittlerweile so groß geworden, dass sich die FINMA erst kürzlich zu einer Stellungnahme diesbezüglich veranlasst sah. So seien die vertraglichen Bedingungen für den Ausfall aufgrund der Ausfallgarantie des Bundes für die CS-Liquiditätshilfen erfüllt: "Die von der Credit Suisse ausgegebenen AT1-Instrumente sehen vertraglich vor, dass sie im Falle eines Trigger-Ereignisses (Viability Event), insbesondere bei der Gewährung außerordentlicher staatlicher Unterstützung, vollständig abgeschrieben werden", schreibt die FINMA. Am 19. März wurde ein außerordentliches Liquiditäts-Darlehen für die CS gewährt, weshalb sich die FINMA rechtlich auf der sicheren Seite wähnt.
Wenig verwunderlich hatte die Anleihe-Abschreibung auf dem gesamten Markt für CoCo-Bonds für Furore gesorgt, weshalb die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank noch einmal bekräftigt hatte, dass bei der Abwicklung einer Bank in der Eurozone oder auch im Fall einer Notfusion eine klare Haftungsreihe bestünde, nämlich erst Aktien und dann AT-Produkte.
Tatsächlich hat ein erstes Unternehmen mittlerweile auch eine Klage gegen die FINMA angekündigt. Die US-Kanzlei Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan hatte schon kurz nach der UBS-Übernahmeverlautbarung angekündigt, rechtliche Schritte zu prüfen. Nun sei die Vorbereitung offenbar abgeschlossen wie die NZZ laut der awp schreibt: "Offenbar ist jetzt genug Fleisch am Knochen, um zuerst ein Verfahren gegen den FINMA-Entscheid anzustrengen. Später könnte eine Klage gegen die Credit Suisse beziehungsweise ihre neue Besitzerin, die UBS, folgen." Wie das Nachrichtenportal weiter berichtet, hätten sich 15 Grossinvestoren als Gruppe dazu entschieden, das AT1-Urteil der FINMA juristisch anzufechten.
Aktionär bevorzugt behandelt?
Dass sich gegen die Entscheidung der FINMA nicht mehr Widerstand regen würde, liege nach Einschätzung von La Monica an der Tatsache, dass die Credit Suisse mit der Saudi National Bank und der Qatar Authority zwei sehr einflussreiche Großaktionäre zähle: "Das Eigenkapital gilt als ‚Risikokapital‘" und weiter "Es sei denn, es ist ein Staatsfonds eines Golfstaates im Spiel". Denn seiner Meinung nach würde es gegen jede finanzielle und rechtliche Logik verstoßen, das Eigenkapital zumindest teilweise zu schützen, während die Anleihen geopfert würden.
Neben der Abschreibung der AT1-Anleihen kritisiert La Monica außerdem die Tatsache, dass die Fusion ohne Mitsprache der Anteilseigner eingefädelt wurde. Es sei daher unschwer vorstellbar, dass sich bereits zahlreiche Anwälte darauf vorbereiten, gegen die Fusion zu klagen. Er urteilt: "Eine Entscheidung, bei der nicht klar ist, ob sie grotesk oder eher dilettantisch ist. Es wird für die Schweiz nicht einfach sein, aus dieser Sackgasse herauszukommen."
Welche Folgen die Notfusion der Credit Suisse mit der UBS noch nach sich ziehen wird, bleibt abzuwarten, die Schweizer Behörden sollten jedoch Acht geben, dass sie durch ihr Verhalten nicht eine Vertrauenskrise auslösen, die für jedes Bankinstitut folgenschwer wäre, meint la Monica.
Redaktion finanzen.net
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