Sell in May and Go Away? Das erwartet Investoren im Wonnemonat 2018
Das wohl bekannteste Börsensprichwort der Welt hat sich hartnäckig in die Köpfe der Investoren eingebrannt. Doch was ist wirklich dran am Börsenmythos? Empirische Studien kommen in diesem Kontext zu einem verblüffenden Ergebnis.
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In den vergangen Wochen kehrten eine Vielzahl an Unsicherheitsfaktoren zurück an die Börse. Geopolitische Unwägbarkeiten, anschwellende Zinsängste und eine zunehmende Volatilität verunsichern die Investoren. Könnte es jetzt also sinnvoll sein, dem alten Börsensprichwort "Sell in May and go away" zu folgen?
Börsenweisheit gilt nicht für US-Markt
Empirische Studien belegen, dass die Aktienmärkte langfristig gerade in den Sommermonaten häufig dazu neigen, Richtung Süden zu reisen und erst ab September wieder eine Rückkehr in den Norden wagen. Hierbei kommt es jedoch zu erheblichen Unterschieden zwischen den Assetklassen und den einzelnen Aktienindizes. Nach Auswertungen von Bloomberg trifft das Sprichwort gerade für die Aktienmärkte außerhalb der USA zu. Im Zeitverlauf von 1988 bis 2017 betrug die durchschnittliche Wertentwicklung zwischen dem 1. Mai bis zum 15. September im S&P 500 rund 1,2 Prozent. Bei US-Hochzinsanleihen lag die durchschnittliche Wertentwicklung in diesem Zeitraum bei 2 Prozent und bei US-Staatsanleihen sogar bei 2,8 Prozent. Auch die Krisenwährung Gold konnte in den Sommermonaten durchschnittlich rund 0,6 Prozent an Wert gewinnen.
Auch der Dow Jones tendiert im Mai nicht unbedingt in eine bestimme Richtung. Basierend auf Daten, die bis 1950 zurückgehen, kann festgestellt werden, dass der Dow Jones in den vergangenen 67 Jahren den Monat Mai in 35 Jahren positiv und in 32 Jahren negativ beendet hat. Bei einem Beobachtungszeitraum von 46 Jahren konnte der NASDAQ Composite sogar in 26 Jahren mit einer positiven Mai-Performance anschließen.
"Sell in May" gilt für Asien und Europa
Im Gegensatz zum US-Aktien- und Anleihemarkt trifft die Börsenweisheit "Sell in May" eher auf die asiatischen und europäischen Märkte zu. So büßte der FTSE 100 zwischen dem 1. Mai und dem 15.September durchschnittlich 0,4 Prozent ein, beim europäischen STOXX 600 lag das durchschnittliche Minus mit einem Prozent sogar mehr als doppelt so hoch. Auch beim MSCI Asia Pacific belief sich die durchschnittliche negativ Performance für die Sommermonate auf 1,2 Prozent. Laut einer aktuellen Fidelity-Auswertung trifft die Börsenweisheit auch beim DAX zu. Demnach beendete der DAX seit 1988 genau 16 Wonnemonate mit einem negativen Ergebnis und 14 mit einem positiven.
Faktencheck für Börsenmythos
Anleger, die im Mai 1988 umgerechnet 10.000 Euro in den DAX investiert hätten und ihre Position jedes Jahr Anfang Mai liquidiert und zu Septemberbeginn wieder aufgestockt hätten, konnten sich bis zum August 2017 über eine Summe von 133.233 Euro freuen. Investoren, welche permanent investiert gewesen wären, hätten jedoch nur 114.332 Euro erzielt. Die Sell-in-May-Strategie hätte so also zu einem knapp 20.000 Euro höheren Erlös geführt. Jedoch muss auch der Fidelity-Experte Andreas Telschow eingestehen: "Es ist unmöglich, den richtigen Ein- und Ausstiegszeitpunkt bei Aktien abzupassen."
Grund für die Kapitalmarktanomalie
"Sell in May ist eine der besser funktionierenden Börsenweisheiten, da die Handelsvolumina über die Sommermonate auf der Nordhalbkugel nachlassen, schlechte Nachrichten schlagen stärker durch", so Ulrich Stephan, Chefanlagestratege der Deutschen Bank.
Gilt "Sell in May" auch 2018?
"Anders als üblich war die Aktienentwicklung im bisherigen Jahresverlauf enttäuschend", so Oliver Schickentanz, Chefstratege der Commerzbank. Aufgrund zahlreicher Unsicherheitsfaktoren hat das Börsenjahr 2018 sehr bescheidenen Anfangsmonate hinter sich und nahm so einen eher unüblichen Verlauf. "Damit spricht vieles dafür, dass auch in den kommenden Monaten ein anderes Drehbuch die Märkte bestimmen wird", so der Commerzbank-Experte weiter.
Im Sommer 1993 legte der DAX dem Mythos zum Trotz von Anfang Mai bis Ende August eine Performance von 20 Prozent auf das Börsenparkett. Auch 2013 kletterte der DAX allein im Mai rund 6 Prozent nach oben und besiegelte so einen seiner besten Monate des Jahres. Investoren, die trotz aller Unsicherheiten eine Sell-in-May-Strategie anwenden möchten, sollten jedoch nicht die zweite Hälfte des Sprichworts vergessen - "Sell in May and go away. But remember to come back in September".
Pierre Bonnet / finanzen.net
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