Frequentis AG: High-tech Lösungen für eine sichere Welt
Das in Wien beheimatete Unternehmen Frequentis AG vermarktet Kommunikations- und Informationslösungen für sicherheitskritische Anwendungen und wagt nun den Börsengang an die beiden Handelsplätze Wien und Frankfurt. Anlässlich dieser Pläne führte finanzen.net ein Interview mit Norbert Haslacher, dem CEO des Börsenkandidaten.
Finanzen.net: Unter deutschen Anlegern dürfte ihr auf Sicherheitskommunikation spezialisiertes Unternehmen nur den Wenigsten bekannt sein. Können Sie in zwei oder drei Sätzen das Geschäftsmodell von Frequentis und dessen Besonderheiten kurz vorstellen?
Norbert Haslacher:
Eine ausgeprägte Technologieorientierung und Innovationskraft machen uns zu einem weltweit erfolgreichen Unternehmen und einem verlässlichen Partner - mit rund 1.850 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erzielte Frequentis 2018 eine Betriebsleistung von EUR 293,9 Mio. und ein EBIT von EUR 15,6 Mio.
In welchen sicherheitsrelevanten Branchen werden Ihre Lösungen besonders häufig eingesetzt und wie sieht die Struktur des Kundenportfolios aus?
Seit über 70 Jahren entwickelt Frequentis sicherheitskritische Informations- und Kommunikationssysteme für die zivile Luftfahrt und die Luftverteidigung. Seit 2001 zählen auch die öffentliche Sicherheit (Polizei, Feuerwehr, Rettungsorganisationen) sowie der Bahn- und Schiffsverkehr zu den von uns adressierten Märkten.
Unsere Kunden sind Behörden, Organisationen und Unternehmen mit sicherheitskritischen Aufgaben im Verkehr und im Bereich der öffentlichen Sicherheit, wie beispielsweise die Deutsche Flugsicherung oder die Deutsche Bahn.
Wie kann man sich als relativ kleines Unternehmen angesichts einer massiven globalen Bedrohungslage - Stichwort Cybersecurity - unter technologischen Aspekten behaupten?
Wir sehen uns ideal positioniert - im "sweet spot" auf hoch spezialisierten Märkten. Unsere Wettbewerber sind entweder Nischenanbieter, die zumeist nur einzelne Teilmärkte bedienen oder über ein eingeschränktes Portfolio verfügen, oder Teilbereiche von Großkonzernen. Unsere im Vergleich mit diesen Großkonzernen kleine Unternehmensgröße erlaubt uns ein flexibles Agieren, wobei unsere Expertise und Innovationskraft die wesentlichen Treiber sind. Wir gelten weltweit als anerkannter Innovationsführer, unsere Mitarbeiter - rund 75% der Belegschaft sind Spezialisten aus Technik, Naturwissenschaft und IT - sind in allen maßgeblichen Standardisierungsgremien wie z.B. NG911, EENA oder EUROCAE führend tätig.
Im Fokus steht dabei das Ziel, moderne Technologien - aktuelle Beispiele sind LTE/5G oder die Einbindung von Videos und Social Media - für den Einsatz in sicherheitskritischen Kontrollzentralen nutzbar zu machen.
Wir investieren jedes Jahr in unsere Forschung & Entwicklung, 2018 waren es beispielsweise 14 Prozent unseres Umsatzes. Oftmals entwickeln wir Innovationen zusammen mit unseren Kunden. Ein aktuelles Beispiel ist unsere Remote Tower Technologie. Hier haben wir gemeinsam mit der Deutschen Flugsicherung DFS eine Komplett-Lösung ausgearbeitet, die bereits am Flughafen Saarbrücken im Einsatz ist; dieser wird seit Dezember remote von Leipzig aus kontrolliert.
Um die Lösung weltweit zu vermarkten, haben wir zusammen mit der DFS eine gemeinsame Firma gegründet, an der Frequentis 70 Prozent der Anteile hält.
Wie haben sich Ihre betriebswirtschaftlichen Umsatz- und Gewinnzahlen in den vergangenen Jahren entwickelt?
Das Geschäftsmodell von Frequentis ist auf profitables Wachstum ausgelegt und zeichnet sich durch große Stabilität aus. Das belegen auch die Umsatz- und Ertragszahlen quasi seit Gründung. Über alle Jahre hinweg, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, war Frequentis immer profitabel. In den vergangenen drei Jahren ist unsere Betriebsleistung um durchschnittlich 7,9 Prozent gewachsen, das EBIT sogar um 12,1 Prozent.
Und was künftige Anteilseigner deutlich stärker interessieren dürfte - welchen Geschäftsausblick können Sie den künftigen Aktionären geben?
Wir möchten unseren nachhaltigen Wachstumskurs weiter fortsetzen. Basis hierfür ist aufgrund der langen Akquisitionszyklen unser bestehendes Produkt- und Kundenportfolio, aus dem sich regelmäßig attraktive Wartungs- und Erweiterungsaufträge ergeben.
Gleichzeitig möchten wir das Produktportfolio ausbauen, so dass wir unseren Kunden Applikationssuiten für komplette Produktlandschaften anbieten können. Speziell bei Großprojekten möchten wir so künftig verstärkt als Komplettlieferant aus eigener Wertschöpfung für die Lieferung sicherheitskritischer Kontrollzentralen tätig werden.
Darüber hinaus sehen wir großes Potenzial in Bezug auf die Marktdurchdringung. Insbesondere im außereuropäischen Raum möchten wir unsere Stellung ausbauen. Gut positioniert ist Frequentis hier beispielweise bei Großprojekten im Bereich der Flugsicherung in Brasilien und den USA.
Wie sehen die wichtigsten Eckdaten des geplanten Börsengangs von Frequentis konkret aus?
Das Angebot umfasst bis zu 2.700.000 Inhaberaktien. Darüber hinaus können bis zu 400.000 Aktien aus dem Bestand von Mehrheitseigentümer Johannes Bardach durch Mehrzuteilung zugeteilt werden. Rund 900.000 Aktien wurden bereits vorab bei ausgewählten Investoren platziert. Wichtig ist uns darüber hinaus auch der Anteil der Retail-Investoren - insgesamt wird mit dem Angebot ein Streubesitz von rund 30% angestrebt.
Neuaktionäre begrüßen es normalerweise, wenn Altgesellschafter sich bei einem IPO nicht von ihren Aktien trennen. Warum hat man bei Frequentis darauf verzichtet?
Das wesentliche strategische Motiv für den Börsengang ist die Überführung der Frequentis AG von einem Familienunternehmen in privater Hand zu einem managementgeführten, global agierenden Konzern, um das erfolgreiche Fortbestehen über die kommenden Generationen zu sichern. Deshalb bleibt Johannes Bardach, der Frequentis 1986 als Kleinbetrieb übernommen und zum Weltmarktführer aufgebaut hat, auch nach dem Börsengang mit rund 66% Hauptanteilseigner. Die Familie Bardach hat den ausdrücklichen Wunsch, das Unternehmen langfristig zu begleiten und dieses Bekenntnis auch ganz klar formuliert.
In welche Bereiche soll das frische Kapital investiert werden und welchen Schwerpunkt möchten Sie bei der Expansion setzen?
Aktuell sind wir weltweit führend in verschiedenen Anwendungsbereichen der Flugsicherung. Unsere Vision ist es, künftig alle Produkte innerhalb eines Control Centers anzubieten und überall eine marktführende Stellung zu erlangen. Um dieses Ziel zu erreichen wollen wir den Mittelzufluss für die gezielte Ergänzung des Produkt-Portfolios für sicherheitskritische Kontrollzentralen, auch in Form von Akquisitionen, einsetzen.
Weitere Schwerpunkte sind der Ausbau unserer internationalen Präsenz sowie die weitere Stärkung des internationalen Vertriebs von Frequentis.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Haslacher.
Zum Interviewpartner:
CEO Norbert Haslacher verfügt über mehr als zwei Jahrzehnte Erfahrung im Bereich Technologielösungen, Dienstleistungen und Beratung. In dieser Zeit war er unter anderem als Geschäftsführer in Österreich und Osteuropa für das US-amerikanische IT-Unternehmen CSC tätig. Seit April 2015 ist Herr Haslacher im Vorstand der Frequentis aktiv. Bevor er im April 2018 zum Vorstandsvorsitzenden der Frequentis AG ernannt wurde, war Herr Haslacher für Vertrieb und Marketing verantwortlich.
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Bildquellen: Frequentis AG