Interview exklusiv

Welche DAX-Strategie ist jetzt die richtige, Dirk Müller?

10.05.16 03:00 Uhr

Welche DAX-Strategie ist jetzt die richtige, Dirk Müller? | finanzen.net

Mr. DAX spricht im Interview über die Volatilität an den Aktienmärkten, Gold- und Ölpreise sowie über die Gefahren einer möglichen Bargeld-Abschaffung.

Werte in diesem Artikel
Aktien

14,40 EUR 0,00 EUR 0,00%

Rohstoffe

2.688,22 USD 18,51 USD 0,69%

Devisen

1,0471 USD -0,0006 USD -0,05%

Indizes

19.146,2 PKT 141,4 PKT 0,74%

von Benjamin Summa

Herr Müller, in den ersten beiden Monaten des Jahres ging an der Börse noch die Welt unter. Dann hat sich der Dax berappelt, der Mai hat nun aber wieder eine höhere Volatilität gebracht. Was sollen Anleger nun tun: Die Börsenregel "Sell in May and go away" befolgen oder weiterhin auf den Rückenwind vonseiten der Notenbanken vertrauen?
Dirk Müller: In diesen verrückten Zeiten bringen alte Börsenweisheiten wenig Erkenntnis. Wir sehen derzeit extrem volatile Märkte, und diese Unbeständigkeit wird aller Voraussicht nach noch zunehmen. Dennoch wäre es töricht, sich deswegen aus den Aktienmärkten zu verabschieden. Alternativen wie Anleihen sind unsicherer, gefährlicher.

Wie schätzen Sie die durchschnittliche Bewertung der Aktienmärkte ein: moderat oder schon zu teuer?
Wenn man sich anschaut, wie wenig Zinsen wir aktuell auf Zinsanlagen bekommen - das geht von null bis in den Minusbereich -, dann schätze ich den Umstand sehr positiv ein, dass die guten Unternehmen noch immer Renditen von acht bis zwölf Prozent netto nach Steuern verdienen. Ich kann nicht erkennen, dass diese Unternehmen zu teuer bewertet sind. Natürlich gibt es Werte im Bereich des Internets, denen man zu viele Vorschusslorbeeren gegeben hat, siehe Rocket Internet. Die konnten das nicht rechtfertigen. Das Gros der guten Unternehmen ist momentan jedoch eher fair bewertet. Das heißt aber nicht, dass diese Aktien nicht auch unter Druck kommen könnten, wenn der Gesamtmarkt Federn lassen muss. Deswegen muss man den derzeitigen globalen Risiken immer ins Auge blicken und Absicherungsstrategien verfolgen.

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz gibt jährlich eine Dividendenstudie heraus. In diesem Jahr schütten deutsche Aktiengesellschaften mehr als 40 Milliarden Euro aus. Warum wächst die Bedeutung der Dividenden wieder derart?
Die Menschen werden allmählich gezwungen zu verstehen, dass sie mit Geldanlagen wie Festgeld und Sparbuch Stück für Stück Kapital einbüßen. Und das ist keine allzu neue Entwicklung. Seit den 1960er-Jahren war die Realverzinsung für Sparer die meiste Zeit negativ. Die Unternehmensrenditen waren hingegen deutlich positiv. Die Anleger bekommen jetzt ein Gefühl dafür, dass Investitionen in gute Unternehmen Sinn machen. Wir sehen gerade einen Kulturwandel: Bisher waren die Deutschen mit ihren liquiden Vermögen zu 80 Prozent in Geldwerten und nur zu 20 Prozent in Sachwerten investiert - das wird sich hoffentlich jetzt ein wenig ändern.

Welches sind aus Ihrer Sicht momentan die Hauptrisiken für die Märkte?
Aktuell ist der gesamte eurasische Kontinent in großen Schwierigkeiten: In Großbritannien wird die Brexit-Diskussion geführt, in Griechenland legen Generalstreiks das Land lahm, Spanien ist momentan unregierbar und Portugal wird von Marxisten regiert. Durch die Flüchtlingsproblematik sind neue Grenzen in Europa geschaffen worden. Russland und der arabische Raum sind aufgrund des Ölpreises in großen Schwierigkeiten. Der Nahe Osten steht förmlich in Flammen, die Türkei befindet sich nahe an einem Bürgerkrieg. Und die größte Gefahr stellt China dar: Ganze Städte stehen dort leer, und die Schulden chinesischer Unternehmen betragen bereits 160 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes. Das sind Zombiefirmen, die ihre Verluste einfach durch neue Kredite ausgleichen. Wenn irgendwann mal kein Geld mehr nachfließt, dann platzt diese größte Blase der Weltwirtschaftsgeschichte, die über 25 Jahre aufgebaut worden ist.

Der von Ihnen aufgelegte Fonds hat kürzlich seinen 1. Geburtstag gefeiert. Er liegt gut fünf Prozent über der Benchmark. Welche Strategie verfolgen Sie?
Wir tun das, was in Zeiten unsicherer Märkte unbedingt geboten ist: Wir investieren in die aus unserer Sicht besten Unternehmen der Welt - Firmen also, die hervorragende Bilanzen haben, wenig Verschuldung und ein gutes Management. Gleichzeitig sichern wir unser Depot mit Optionen an den Terminbörsen gegen Kurseinbrüche ab. Das kostet etwas Versicherungsprämie, aber wir können sehr gut schlafen, wenn die Märkte nach unten drehen. Die Märkte können auf neue Jahreshöchststände gehen, dann sind wir dabei. Sie können sich aber genauso gut innerhalb von einem Jahr halbieren - und da wollen wir eben nicht dabei sein.

Die US-Notenbank zögert die erste Zinserhöhung in diesem Jahr weiter hinaus. Dennoch lassen sich die Währungshüter die Tür für eine geldpolitische Straffung offen. Diese Unsicherheit hat den Dollar abstürzen lassen. Trauen Sie den Notenbanken eigentlich noch zu, mit Geldpolitik wirkungsvoll in die Märkte einzugreifen - oder haben diese ihr Pulver bereits verschossen?
Die Notenbanken haben bereits sehr viel ihres Pulvers verschossen. Sie müssen immer mehr in die Waagschale werfen, um überhaupt noch einen Effekt zu erzielen. Ich bewerte die Situation heute gefährlicher als im Jahr 2008. Wir haben mehr Risiken, größere Blasen und dazu Notenbanken, deren Notmaßnahmen sich sehr stark verbraucht haben. Deswegen investieren die Anleger auch zunehmend in Sachwerte, weil sie merken, dass Geld keinen Wert mehr hat - die Idee des Helikopter-Geldes zeigt den Vertrauensverlust der Notenbanken in einem erschreckenden Maße.

Gold hat von dem gefallenen Dollar profitiert. Das Motto vieler Investoren lautet derzeit wohl: raus aus dem Risiko und rein in den sicheren Hafen. Wie beurteilen Sie das Edelmetall aktuell?
Gold ist für mich nach wie vor eine der ganz wichtigen Anlageformen. Es gehört zwingend ins Portfolio. Das Edelmetall unterliegt Schwankungen, keine Frage - aber es wird nie wertlos. Anleger können mit Gold Kaufkraft über lange Zeit erhalten. Das stabilisiert auch ein Aktiendepot sehr gut. Der Goldpreis ist innerhalb von zwei Monaten um 30 Prozent nach oben geschossen. Wenn man sich vor Augen führt, dass er von über 1.900 Dollar pro Feinunze kommt, dann erkennt man, dass noch ordentlich Luft nach oben ist.

Haben wir die Bodenbildung beim Ölpreis schon gesehen?
Nein. Wir haben eine kleine Erholung gesehen. Tatsächlich ist sehr viel Öl auf dem Markt. Wir sehen eine sich zunehmend abkühlende Weltwirtschaft. Deswegen sehe ich aktuell keine nachhaltig steigenden Ölpreise - es sei denn, wir bekommen einen militärischen Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien, den ich mittelfristig nicht ausschließen kann.

Der 500-Euro-Schein wird nun abgeschafft. Welche Zukunft prognostizieren Sie der hierzulande noch extrem beliebten Barzahlung?
Ich bin ein großer Freund des Bargeldes, es ist das einzig legale Zahlungsmittel, das wir haben. Es ist für mich tatsächlich geprägte Freiheit. Ich befürchte jedoch, dass wir es verlieren werden. Wir sehen derzeit eine unheimlich starke Allianz von Institutionen, die das Bargeld nicht mehr haben wollen: Die Industrie will es loswerden, weil diese im elektronischen Zahlungsverkehr einen viel besseren Überblick über Kundendaten hat. Die Politik würde mehr Kontrolle über die Bürger gewinnen, die Schwarzarbeit ließe sich vielleicht zurückdrängen und auch Strafmaßnahmen ließen sich viel einfacher durchsetzen. Und die Banken würden profitieren, weil Bargeld für sie nur einen hohen Kostenfaktor darstellt. Zudem könnten Banken die Gebühren für den elektronischen Zahlungsverkehr künftig deutlich nach oben schrauben. Der größte Nachteil für den Bürger: Ich wäre nach einer Bargeldabschaffung nicht mehr in der Lage, mein Erspartes von der Bank abzuheben, um einer Bankpleite zu entgehen.

Anzeige

CASHKURS*Trends: Der Börsenbrief von Dirk Müller
Investieren Sie mit Dirk Müller in die besten Zukunft-Trends!
» Jetzt informieren



Disclaimer: Der Autor, Benjamin Summa, ist freier Mitarbeiter bei finanzen.net. Er interviewt regelmäßig Finanzexperten zu aktuellen Themen.

Ausgewählte Hebelprodukte auf Rocket Internet

Mit Knock-outs können spekulative Anleger überproportional an Kursbewegungen partizipieren. Wählen Sie einfach den gewünschten Hebel und wir zeigen Ihnen passende Open-End Produkte auf Rocket Internet

NameHebelKOEmittent
NameHebelKOEmittent
Wer­bung

Bildquellen: Dirk Müller

Nachrichten zu Rocket Internet SE

Analysen zu Rocket Internet SE

DatumRatingAnalyst
03.06.2020Rocket Internet SE overweightJP Morgan Chase & Co.
03.06.2020Rocket Internet SE buyDeutsche Bank AG
29.05.2020Rocket Internet SE neutralBarclays Capital
03.04.2020Rocket Internet SE buyKepler Cheuvreux
02.04.2020Rocket Internet SE overweightJP Morgan Chase & Co.
DatumRatingAnalyst
03.06.2020Rocket Internet SE overweightJP Morgan Chase & Co.
03.06.2020Rocket Internet SE buyDeutsche Bank AG
03.04.2020Rocket Internet SE buyKepler Cheuvreux
02.04.2020Rocket Internet SE overweightJP Morgan Chase & Co.
20.03.2020Rocket Internet SE overweightJP Morgan Chase & Co.
DatumRatingAnalyst
29.05.2020Rocket Internet SE neutralBarclays Capital
23.03.2020Rocket Internet SE neutralBarclays Capital
30.01.2020Rocket Internet SE neutralBarclays Capital
20.09.2019Rocket Internet SE Equal weightBarclays Capital
16.09.2019Rocket Internet SE NeutralJP Morgan Chase & Co.
DatumRatingAnalyst
07.01.2019Rocket Internet SE UnderperformMerrill Lynch & Co., Inc.

Um die Übersicht zu verbessern, haben Sie die Möglichkeit, die Analysen für Rocket Internet SE nach folgenden Kriterien zu filtern.

Alle: Alle Empfehlungen

Buy: Kaufempfehlungen wie z.B. "kaufen" oder "buy"
Hold: Halten-Empfehlungen wie z.B. "halten" oder "neutral"
Sell: Verkaufsempfehlungn wie z.B. "verkaufen" oder "reduce"