Interview exklusiv

Softing: "Wir sind krisensicher finanziert"

23.06.20 14:30 Uhr

Softing: "Wir sind krisensicher finanziert" | finanzen.net
Softing Vorstandschef Dr. Wolfgang Trier

Im Exklusivinterview verrät Vorstandschef Dr. Wolfgang Trier, warum Softing die Prognose 2020 aussetzen musste und welche Lösungen er parat hat, um gestärkt aus der COVID-19-Krise herauszukommen.

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Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie hat die Softing AG ihre Prognose für das laufende Geschäftsjahr 2020, die ein operatives Ergebnis auf Vorjahresniveau vorsah, vorerst ausgesetzt. Softing-CEO Dr. Trier erwartet zwar eine deutliche Erholung im zweiten Halbjahr, die geringe Visibilität und mögliche Verschiebungen von Produkt- und Projektabrufen erschweren dem Spezialisten für Hard- und Software zum digitalen Datenaustausch jedoch die Planung für das Gesamtjahr.

Finanzen.net: Herr Dr. Trier, die Softing AG wird die ursprünglichen Erwartungen für 2020 - "EBIT und operatives EBIT auf Vorjahresniveau bei einer leichten Steigerung der Umsätze" - voraussichtlich nicht erreichen. Anfang Mai hatten Sie diese Prognose aus dem Geschäftsbericht 2019 noch bestätigt. Was ist seitdem passiert?
Dr. Wolfgang Trier: Wir hatten im ersten Quartal einen Geschäftsverlauf nach Plan und anschließend einen sehr starken April, sowohl im Geschäft in Europa als auch in Nordamerika. Mit dem Einsetzen des Lockdown in Europa war klar, dass Mai und Juni deutliche Spuren im Umsatz zeigen werden. Durch unsere Maßnahmen auf der Kostenseite können wir die Auswirkungen auf das Ergebnis in Grenzen halten. Dennoch setzt die Prognose eines Ergebnisses im Bereich des Vorjahres ganz klar eine dynamische wirtschaftliche Erholung im zweiten Halbjahr voraus.

Das heißt, die Rücknahme der Prognose basiert weniger auf dem Geschäftsverlauf im Mai und Juni, sondern eher auf den unsicheren Aussichten für das zweite Halbjahr, das keine schnelle wirtschaftliche Erholung erwarten lässt?
Der Geschäftsverlauf im Mai und im Juni ist eingetrübt, wir hatten dies aber auch schon im April erwartet. Ich bin überzeugt, dass eine deutliche Erholung im zweiten Halbjahr eintreten wird, schon aufgrund von Basiseffekten. Völlig unklar ist jedoch, wann diese einsetzt, mit welcher Kraft und mit welchen regionalen Schwerpunkten. Unsere Szenarien zwischen "Best Case", "Average Case" und "Worst Case" haben eine Bandbreite von einer Verbesserung von Umsatz und Ergebnis gegenüber dem Vorjahr bis zu einem leicht negativen Ergebnis. Diese hohe Volatilität in den Prognosen lässt uns aus aktienrechtlichen Gründen keine Wahl. Die Prognose musste ausgesetzt werden, da derzeit niemand seriös sagen kann, wie die gesamtwirtschaftliche Erholung im zweiten Halbjahr verlaufen wird.

Worauf führen Sie sie die angesprochenen Verschiebungen bei Produkt- und Projektabrufen Ihrer Leitkunden zurück und wie verteilen sich diese auf die Zielbranchen Industrie, IT und Automotive?
Selbst langjährig bekannte Großkunden haben Probleme, ihre Bedarfsverläufe zu bestimmen. Ein Großkunde hat im April um die Verschiebung der Auslieferung von rund 50 % seiner für 2020 bestellten Produktlieferungen gebeten. Im Juni hat er seine Abnahmeprognose auf ca. 80 % des in 2020 beauftragten Volumens bestätigt und es gibt er sogar Zeichen, dass er möglicherweise doch alles wie bestellt abnehmen wird. Wie sollen wir unter diesen Umständen eine belastbare Ergebnisplanung erstellen? Die Unsicherheit zieht sich über alle drei Segmente, wobei die Umsätze bei IT Networks recht früh eingebrochen sind, nun aber wieder erfreulich deutlich nach oben gehen.

Sie haben im Industrie- und Automotive-Geschäft in der Regel langfristige Verträge mit OEMs. Werden angesichts der aktuellen Lage auch Forderungen der OEMs laut, die Verträge anzupassen, zu reduzieren bzw. Preise neu zu verhandeln?
Ja, das wird durchaus gefordert. Da unsere Produkte aber weder einfach noch kurzfristig austauschbar sind, können wir dies meist verhindern oder zumindest in Grenzen halten.

Sie sprechen von einem "konsequenten Kostenmanagement". Welche Maßnahmen haben Sie intern ergriffen, um der aktuellen Unsicherheit zu begegnen?
Da der Hauptteil unserer Kosten in den Gehältern unserer Mitarbeiter liegt, bieten zumindest in Deutschland die Regelungen zur Kurzarbeit die Möglichkeit, kurzfristig und punktgenau zu reagieren. Wir steuern bis auf die einzelnen Mitarbeiter je nach Auslastungen auf Tagesbasis die Arbeitszeit und damit die Kosten zwischen einer Reduktion auf 20 % der Arbeitszeit bis zu voller Arbeitszeit ohne Reduktion. Dort, wo im Ausland vergleichbare Regelungen nicht verfügbar sind, wurden zeitlich befristete Verzichte auf bis zu 30 % des Lohns vereinbart. Unsere Mitarbeiter verstehen die Lage und tragen die Maßnahmen mit. Softing hat in den vergangenen Jahren schon einige Wirtschaftskrisen ohne deutlichen Arbeitsplatzabbau bewältigt. Diese Sicherheit schätzen unsere Mitarbeiter zurecht.

Per Ende März verfügte Softing über 11 Mio. Euro Cash. Das klingt nach einem Polster, mit dem man eine Weile durchhalten kann. Wie entwickelt sich Ihr Cashflow aktuell und mit welchem Kapitalbedarf rechnen Sie in den kommenden Monaten?
Die Cash-Position in zweistelliger Millionenhöhe halten wir aufrecht. Dazu kommt eine gute Rechnungserwartung, die rollierend in 30 bis 40 Tagen zu Cash führt. Ein Kapitalbedarf in den nächsten Monaten ist nicht erkennbar.

Stehen von den ausgewiesenen Forderungen, die sich auf ebenfalls 11 Mio. Euro per Ende März beliefen, welche im Feuer? Drohen Corona-bedingte (Teil-)Ausfälle? Werden Zahlungsziele der Kunden eingehalten?
Es gibt durchaus Kunden, die aktuell ihre Zahlungsziele überschreiten. Durch engen Kontakt und die Tatsache, dass gerade Großkunden immer wieder Leistungen von uns benötigen, konnten wir selbst von Kunden, die sich derzeit in einer tendenziell eher angespannten wirtschaftlichen Lage befinden, alle wesentlichen Zahlungen erhalten.

Existieren bezüglich Ihrer Schulden Covenants, die bei einem schwachen zweiten Halbjahr in Gefahr sein könnten?
Nein, auf Basis unserer aktuellen Szenarien sehen wir hier für 2020 kein Risiko. Wir sind krisensicher finanziert.

Inwiefern müssen Sie aufgrund der aktuellen Situation auch Ihre mittelfristige Planung überdenken?
Aktuell ist die kurzfristige Jahresplanung eine Herausforderung. Vor Kenntnis der konjunkturellen Entwicklung im zweiten Halbjahr 2020 wagen wir uns nicht an Prognosen zur mittelfristigen Planung. Wichtig und beruhigend ist, dass wir mit allen unseren Kernthemen selbst bei schwächerer Konjunktur bei Fokusthemen unserer Kunden platziert sind. Von einigen Kunden wissen wir, dass eine Vielzahl von Projekten gestrichen wurde. Die mit uns laufen unvermindert weiter. Ich bin sicher: Was immer konjunkturell möglich sein wird, wird bei uns ankommen.

Ihr Aktienkurs hat sich wieder den Jahrestiefs angenähert. Zeit für Insiderkäufe?
Wir waren eines der wenigen Unternehmen, die ihre Prognose für 2020 noch nicht ausgesetzt hatten. Small und Mid Caps haben es in diesen herausfordernden Phasen ohnehin nicht leicht. Aber ja, der aktuelle Kurs der Softing-Aktie lockt zum Einstieg. Wir werden mit aller Kraft daran arbeiten, dass unsere Aktionäre in den kommenden Monaten wieder mehr Freude mit ihrem Investment haben werden.

Herr Dr. Trier, besten Dank für das Interview.

Haftungsausschluss/Disclaimer: Das aktuelle Interview dient ausschließlich zu Informationszwecken. Die Meinungen und Aussagen der Interviewpartner spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wider, sondern ausschließlich diejenige des Interviewpartners. Das Interview ist keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Für Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für Vermögensschäden wird keinerlei Haftung übernommen.







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