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Berentzen: "Wir wollen ein schlagkräftiger, integrierter Getränkeinkubator werden!"

21.11.17 16:01 Uhr

Berentzen: "Wir wollen ein schlagkräftiger, integrierter Getränkeinkubator werden!" | finanzen.net

Oliver Schwegmann, Berentzen-Vorstand, spricht über seine ersten fünf Monate im Amt, die strategische Grundausrichtung bei der Berentzen-Gruppe und den "Rohdiamanten" Mio Mio.

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Am neuen Motto "Durst auf Leben" will die Berentzen-Gruppe zukünftig alle Aktivitäten ausrichten. "Den eingeschlagenen Weg zu nachhaltigem und ertragreichem Wachstum werden unsere Investoren im nächsten Jahr sehr gut beobachten können", sagt Berentzen-Vorstand Oliver Schwegmann im Interview mit Finanzen.net. Auf die jüngste Schwäche im noch jungen Geschäftsfeld Frischsaftsysteme hat der Getränkekonzern bereits mit konkreten Maßnahmen reagiert.

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Finanzen.net: Herr Schwegmann, seit dem 1. Juni 2017 sind Sie nun Vorstand der Berentzen-Gruppe. Wie fällt Ihr Fazit der ersten fünf Monate aus?
Oliver Schwegmann: Es waren sehr spannende Monate für mich. Begonnen hat alles mit einem sehr herzlichen Start. Es gab wenige Berührungsängste. So konnte ich von Anfang an eng und vertrauensvoll mit den Menschen hier zusammen arbeiten - sowohl mit meinem Vorstandskollegen Ralf Brühöfner als auch mit den anderen Führungskräften der Berentzen-Gruppe. Und da sich ja nun auch einige Herausforderungen in den letzten Monaten gezeigt haben, sind das konstruktive Miteinander und das gemeinsame Entwickeln von Lösungen und neuen Ideen besonders wichtige Aspekte für mich.

In Presseberichten war zu lesen: "Berentzen baut um". Planen Sie einen radikalen Kurswechsel oder eher eine moderate Kursanpassung? Welche Schwächen haben Sie im Konzern identifiziert?
Ich betone immer wieder: Die strategische Grundausrichtung der Berentzen-Gruppe stimmt. Wir sind ein breit aufgestellter Getränkekonzern mit mehreren Geschäftsbereichen. Was dem Unternehmen aber bislang fehlt, ist eine gemeinsame Identität über die Geschäftsbereiche hinweg, also eine gemeinsame Klammer. Wir sind heute eine recht lose Getränkeholding. Wir müssen die bislang weitgehend isolierten Geschäftsbereiche stärker miteinander verbinden, um Synergieeffekte zu erzeugen. Unser Ziel ist es, ein schlagkräftiger, integrierter Getränkeinkubator zu werden. Darüber hinaus hatten wir einige operative Herausforderungen, für die wir nun Lösungen entwickeln.

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Sie sprechen von der gemeinsamen Identität der Berentzen-Gruppe und dem Verbinden der einzelnen Teile. Wie genau soll das aussehen?
Zunächst mussten wir herausfinden, was eigentlich das gemeinsame Element, die gemeinsame DNA der Berentzen-Gruppe ist. Unser Kern ist die gesellige Lebensfreude, das Lebensaktivierende, Lebenbejahende. So haben wir für uns als neues Motto "Durst auf Leben" herausgearbeitet. An diesem Motto wollen wir alle unsere Aktivitäten in den Geschäftsbereichen ausrichten. Strukturell ziehen wir in den Konzern eine neue Matrix ein, um Talente aus den einzelnen Geschäftsfeldern zu heben und sie zu Gruppenstärken zu machen. Konkret bedeutet das, dass wir verschiedene Bereiche wie Supply-Chain, Marketing, Einkauf und Innovationsentwicklung künftig auf Konzernebene organisieren. So können wir vorhandenes Know-how transferieren und bündeln.
Um den "Durst auf Leben" als Unternehmen umzusetzen und uns zum schlagkräftigen, integrierten Getränkeinkubator weiterzuentwickeln, gibt es aus meiner Sicht vier wesentliche Bausteine, die wir als Optionen nutzen können: Vorhandene Portfoliotalente zu Stars machen, neue Dinge selbst entwickeln, spannende Ideen und Konzepte bei anderen entdecken und selber besser und größer machen und möglicherweise auch die Akquisition von kleinen "Pflänzchen", um sie selber zum Wachsen zu bringen. Dazu müssen wir einen neuen und integrierten Innovationsprozess aufsetzen, der uns bei den Themen interne Innovationskultur, Trend- und Innovationsscouting und auch beim Aufbau cross-funktionaler Innovationsteams aus internen und externen Teilnehmern deutlich voranbringt.

Eine der von Ihnen angesprochenen operativen Herausforderungen zeigte sich im neuen Wachstumssegment "Frischsaftsysteme", das nicht wie erhofft performt hat. Was waren die Gründe dafür?
Frischsaftsysteme sind für uns ja auch noch ein recht junges Geschäftsfeld. Wir lernen hier immer noch dazu. Das Unternehmen ist unter Umsatz- und Absatzgesichtspunkten viel schneller gewachsen als seine organisatorische Infrastruktur und die Kapazitäten. Hier haben wir nun bereits entsprechende Maßnahmen ergriffen, etwa durch einen deutlichen Personalaufbau. Außerdem mussten wir in diesem Jahr lernen, dass wir im Fall massiver Ernteausfälle nicht ausreichend vorbereitet sind. In den vergangenen Monaten hatten wir sowohl in Spanien als auch in Südafrika witterungsbedingt ganz schwache Orangenernten. Infolge dessen sank die verfügbare Menge, aber auch die Qualität der verbleibenden Früchte war nicht wie gewohnt. Daher waren wir sowohl mit höheren Einkaufspreisen als auch mit zusätzlichen Kosten zur Qualitätssicherung konfrontiert, um unser Qualitätsversprechen den Kunden gegenüber einzuhalten.

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Welche Lehren haben Sie daraus gezogen?
Wir prüfen derzeit, welche Möglichkeiten der Kooperation für uns infrage kommen, beispielsweise mit Packhäusern direkt in den Erntedestinationen, aber auch wie wir uns durch Kontrakte entsprechende Ernteanteile frühzeitig sichern können. Für die gerade erst begonnene Erntesaison in Spanien haben wir das in einem gewissen Ausmaß bereits praktiziert, und wir sehen, dass es uns hilft. Darüber hinaus müssen wir auch noch ambitionierter werden bei neuen Entwicklungsstufen und der Innovationspipeline unserer Geräte. Last but not least sind wir gefordert, unsere Organisation in einigen Bereichen aufzustocken und weiterzuentwickeln, wie z. B. bei Einkauf, Vertrieb und Technik.

Welche weiteren Maßnahmen wollen Sie in den kommenden Monaten innerhalb der Berentzen-Gruppe umsetzen?
Wir sind im Moment dabei, unser Portfolio vor allem im AFG-Bereich konsequent zu überprüfen und um margenschwache Produkte zu bereinigen. In einem ersten Durchgang haben wir bereits festgestellt, dass wir rund 16 Prozent der AFG-Produkte ohne Profitabilitätsverluste unmittelbar streichen können. Damit machen wir auch Anlagenkapazitäten frei, um erfolgreiche Produkte weiter stärken zu können. Außerdem nehmen wir effizienzsteigernde Investitionen vor, etwa in unsere Glasanlage. Unsere Keg- und BiB-Anlage (Anm.: Keg = Mehrwegfass, BiB = Bag-in-Box) verlagern wir vom Standort Grüneberg nach Haselünne, da unsere Abnehmer dieser Gastronomiegebinde vorwiegend hier in der Region beheimatet sind. Die Investition für den Umzug rechnet sich durch die Einsparung von Logistikkosten bereits nach einem Jahr. Ein weiteres Projekt ist die erhebliche Steigerung unserer Markeninvestitionen. Unser erklärtes Ziel ist ein profitables Top-Line-Wachstum.

Dazu zählt ja auch die Marke Mio Mio Diese bezeichnen Sie als "Rohdiamant", den Sie zu einem "echten Star" machen wollen. Was planen Sie konkret?
Wir werden hier die Vertriebs- und Marketingaktivitäten massiv ausweiten. Wir sind bei den alkoholfreien Getränken traditionell in Nord- und Ostdeutschland stark aufgestellt. Nun müssen wir bundesweit zulegen. Die gute Listung, die wir bei Mio Mio mittlerweile haben, schlägt sich noch nicht überall in tatsächlichen Regalplätzen nieder. Hier gilt es nun, die PS auf die Straße zu bringen. Dafür nutzen wir zukünftig die Vertriebsagentur, mit der wir bei der Marke Berentzen schon erfolgreich zusammenarbeiten.

Gegenüber dem Jahreshoch bei 12,98 Euro hat die Berentzen-Aktie nun mehr als 30 Prozent an Wert verloren. Haben die Anleger aus Ihrer Sicht überreagiert? Wie wollen Sie am Kapitalmarkt neues Vertrauen aufbauen?
Wir sind sicher, dass die eingeleiteten Maßnahmen die von uns gewünschte Wirkung zeigen werden. Aber klar ist auch, dass so ein großes Projekt wie unsere Neuorientierung und Transformation nicht von heute auf morgen umgesetzt ist, sondern eine gewisse Zeit braucht. Diesen Weg zu nachhaltigem und ertragreichem Wachstum werden unsere Investoren im nächsten Jahr aber sehr gut beobachten können. Die Erfolge der einzelnen Zwischenschritte werden also zunehmend mehr erkennbar sein, und das - da bin ich mir sicher - wird Vertrauen schaffen. Im Übrigen hat sich der Aktienkurs in den vergangenen vier Wochen insgesamt wieder positiver entwickelt. Das zeigt meines Erachtens, dass die Anleger den nun eingeschlagenen Weg mittragen.

Herr Schwegmann, vielen Dank für das Interview.

Haftungsausschluss/Disclaimer: Das aktuelle Interview dient ausschließlich zu Informationszwecken. Die Meinungen und Aussagen der Interviewpartner spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich diejenige des Interviewpartners. Das Interview ist keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.
Für Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für Vermögensschäden wird keinerlei Haftung übernommen.

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Bildquellen: Berentzen

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