Dirk Müller: Griechenland ist ein Nicht-Ereignis für die Börsen

Der Börsenexperte Dirk Müller sieht die jüngsten Kurseinbrüche wegen der Hellas-Krise nur als sehr vorübergehendes Phänomen. Die Hellas-Krise sei ein "Nicht-Ereignis für die Börsen", sagte Müller.
Herr Müller, die Eurozone macht Ernst. Am Samstag haben die Euro-Finanzminister neue Hilfen für Griechenland abgelehnt. Nun bleiben die Banken erst mal geschlossen, es gibt Kapitalverkehrskontrollen und drastische Beschränkungen beim Geldabheben. Wie überrascht sind Sie von dieser Entwicklung?
Dirk Müller: Davon bin ich überhaupt nicht überrascht. Vor einigen Monaten hätte ich noch erwartet, dass man sich am Ende irgendwie doch durchmogelt. Aber am Ende hat sich die Eurozone doch für die harte Linie entschieden, was sich zuletzt bereits abgezeichnet hat.
An diesem Dienstag muss Griechenland 1,6 Milliarden Euro an den IWF überweisen. Glauben Sie, dass Athen das Geld überweisen kann, oder ist Griechenland morgen auch offiziell pleite?
Auch, wenn sie es am Dienstag überweisen könnten - was nur die Griechen selbst wissen - stehen die nächsten Zahlungen mit noch größeren Summen an. Aber selbst, wenn man sich jetzt auf einen Kompromiss verständigt hätte, würde man in wenigen Jahren wieder vor der gleichen Situation stehen. Alles, was bisher getan wurde, war ein Herumdoktern an den Symptomen. So lange die Ursachen nicht bekämpft werden, wird es keine dauerhafte Lösung geben.
Das heißt?
Das einzig Sinnvolle für Griechenland wäre eine eigene Währung. Das wäre ja nicht das Ende Europas, wie viele erzählen. Das ist völliger Unsinn. Wir haben zahlreiche EU-Mitgliedsländer, die Teil des europäischen Binnenmarktes sind, aber der Eurozone nicht beigetreten sind. Bei vielen funktioniert das wunderbar. Schauen Sie sich nur mal die Wirtschaftsdaten von 2006 bis 2014 an. In der oberen Hälfte liegen jene Länder, die keinen Euro haben und in der unteren Hälfte die Mitglieder der Eurozone. Das kommt nicht von ungefähr.
Viele Mitgliedsländer tun sich mit dem Euro schwer, aber für Griechenland - das ist jetzt ganz klar - ist der Euro die völlig falsche Währung. Die Eurozone sollte sich ehrlich machen und klar sagen: Wir haben bei der Aufnahme Griechenlands in die Eurozone einen Fehler gemacht. Ihr habt die Zahlen gefälscht, und wir wollten es nicht sehen. Das wollen wir jetzt korrigieren und unterstützen Euch dabei. Und selbstverständlich bleibt Ihr Teil Europas und des Binnenmarktes. Und irgendwann in vielen, vielen Jahren können wir über die Rückkehr in die Eurozone nachdenken.
Das klingt fast wie ein Plädoyer zur generellen Abschaffung des Euro?
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Nein, nein. Der Euro ist für mich ein wirtschaftliches Konstrukt mit vielen Vorteilen, wie die Identitätsstiftung, eine relativ schwankungsarme Abrechnungswährung, die Bewirtschaftung durch die EZB. Aber der Euro bringt natürlich auch viele Nachteile mit sich, denken Sie nur an die zum Teil sehr unterschiedliche Wirtschaftskraft der Mitgliedsländer. Weltweit werden solche Unterschiede durch Währungen ausgeglichen. In der Eurozone haben wir diese Möglichkeit so nicht. Und bislang hat mir auch noch niemand erklärt, wie wir diese Unterschiede abpuffern wollen. In Deutschland machen wir das mit dem Länderfinanzausgleich. Das ist für Europa nicht gewollt. Aber wie es sonst gehen soll, weiß offenbar auch keiner.
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Bildquellen: Dirk Müller