Union Investment: Nachhaltige Anlagen für deutsche Privatanleger immer wichtiger
Das Thema "Nachhaltigkeit" verschafft sich bereits seit einigen Jahren mit zunehmender Vehemenz in nahezu allen Bereichen Präsenz - dazu hat vor allem der Klimawandel beigetragen. Auch in der Finanzwelt wird Nachhaltigkeit immer wichtiger, gestaltet sich offenbar aber komplex.
Werte in diesem Artikel
• Union Investment bezeichnet Nachhaltigkeit als Zukunftsthema
• Informationsbedarf in Sachen nachhaltig Investieren steigt
• Corona sorgt für Dynamik
Geld anlegen und dabei nachhaltig agieren. Für Privatanleger gewinnt diese Kombination immer mehr an Bedeutung. Allein im Jahr 2019 konnte laut dem Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) ein Höchstwert verzeichnet werden: Mehr als 269 Milliarden Euro wurden in Anlageprodukte investiert, welche sich Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien zuordnen lassen. Zu diesem Schluss kam auch die Union Investment im Rahmen einer Studie.
Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung
Zwar ist Nachhaltigkeit noch weit davon entfernt, eine dominante Rolle bei der Geldanlage zu spielen, jedoch sind sich Bankenberater sicher, dass die Relevanz noch weiter steigen werde. In der Anlageberatung bestehe ein großer Informationsbedarf bezüglich der Möglichkeiten für Privatanleger aber gleichermaßen für die Berater. Das ergab eine im Auftrag der Union Investment durchgeführten Umfrage. Dabei wurden rund 300 Anlageberater beispielsweise von Sparkassen und privaten Geschäftsbanken befragt.
Im Rahmen der Umfrage wurde einerseits deutlich, dass klassische Anlageaspekte weiterhin am meisten berücksichtigt werden. Bankkunden verfolgten primär Sparziele für die Vermögensbildung, dabei hätte Sicherheit als Anlagekriterium oberste Priorität, gefolgt von der Rendite. Andererseits wüchse der Stellenwert von Nachhaltigkeit zunehmend: Die Berater gaben an, dass Nachhaltigkeit für ein Drittel ihrer Kunden ein relevanter Aspekt bei Investitionen sei. "Nachhaltigkeit wird in den meisten Fällen erst zum Thema, wenn Berater die Kunden im Gespräch auf diese Möglichkeit und die Bedeutung für die Geldanlage hinweisen", erläutert Anja Bauermeister, Abteilungsleiterin Publikumsfonds bei Union Investment.
Ökologie im Fokus nachhaltiger Investitionen
Doch beim Thema Nachhaltigkeit stehen an erster Stelle ökologische Aspekte - zumindest nannten 93 Prozent der befragten Bankberater diesen Kernfaktor. 86 Prozent brachten ethische und soziale Aspekte damit in Verbindung. Doch laut Union Investment dürfte die "Governance" nicht vergessen werden, die den meisten wohl weniger wichtig erschien. Gemeint ist damit die Führungs- und Aufsichtsstruktur in Unternehmen oder Staaten, die bedeutend für die nachhaltige Ausrichtung sei. "Nachhaltigkeit verbinden die meisten mit Ökologie, aber die ökonomische Wirkung wird vor allem von Privatanlegern noch unterschätzt. Dabei ist belegt, dass eine nachhaltige Ausrichtung von Unternehmen Geschäftsmodelle weniger anfällig macht und Risiken reduziert. Gleichzeitig erhöht sie die Chancen auf unternehmerischen Erfolg in der Zukunft", erläuterte Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender von Union Investment. Von solchen Strukturen könnten im Umkehrschluss auch Anleger profitieren.
Corona bringt neue Dynamik ins Spiel
Nachdem der Klimawandel Nachhaltigkeit in vielen Bereichen in den Fokus gerückt hat, bringt die Corona-Pandemie dieser Entwicklung keinen Abbruch - im Gegenteil. Eine ergänzende Nachbefragung von 75 Bankberatern während der schwelenden Krise hat gezeigt, dass Liquidität zwar einen Relevanzschub erhalten hat, Nachhaltigkeit aber nicht weniger relevant geworden ist als zuvor. Wichtig sei dabei der Wandel der Wirtschaft, der sich perspektivisch auch auf das Verhalten der Anleger auswirken werde. 65 Prozent der Befragten gaben an, in zwölf Monaten werde Nachhaltigkeit bei Anlageentscheidungen wichtig bis sehr wichtig sein. Insgesamt ergab die Umfrage sogar, dass der Großteil von einer steigenden Bedeutung von Nachhaltigkeit überzeugt sei.
"Nachhaltige Aspekte spielen bei der Beratung eine immer wichtigere Rolle und sind bei der Kapitalanlage nicht mehr wegzudenken. Nachhaltigkeit ist ein Wachstumsthema, das durch Corona nochmals an Dynamik gewinnen wird", so Reinke.
Komplexe Anforderungen und persönliche Werte als Hemmer
Der Trend in Richtung Nachhaltigkeit, der schon lange die Finanzbranche erreicht hat, blieb jedoch bislang von einer öffentlichen Diskussion ausgenommen und entwickelte sich jenseits des Rampenlichts. Deshalb wird vermutet, dass viele der Anlageberater nicht vollständig über die gesetzlichen Anforderungen in Kenntnis gesetzt sind. 95 Prozent der Befragten bestätigten, den EU-Aktionsplan für eine nachhaltige Ausrichtung des Finanzwesens nicht oder ungenügend zu kennen. Und fast die Hälfte der Bankberater wusste nicht, dass sie ab Ende 2021 dazu verpflichtet sein werden, ihre Kunden nach deren Nachhaltigkeitspräferenzen zu fragen. Währenddessen hielt die andere Hälfte die Anforderungen für zu kompliziert, was als hemmender Faktor eingestuft wird. Der EU-Aktionsplan beinhaltet die Bemühung, mittels eines nachhaltigen Finanzwesens den Klimaschutz zu unterstützen und somit einen Beitrag zum Pariser Übereinkommen und der Agenda 30 zu leisten.
Ein weiterer Hemmfaktor seien außerdem die persönlichen Werte eines jeden individuellen Kunden, gleichermaßen aber auch ein fehlender Nachweis für die Wirkung nachhaltiger Strategien. "Umso wichtiger wird es, das individuelle Nachhaltigkeitsverständnis jedes Kunden im persönlichen Beratungsgespräch zu erfassen", so Anja Bauermeister von Union Investment.
Bewertung für nachhaltige Geldanlagen nicht einfach
Noch gestaltet sich die Bewertung von nachhaltigen Anlagen als schwierig, sind doch die Anforderungen stark branchenabhängig. Im Angebots-Wirrwarr wollen sogenannte ESG-Ratingagenturen für eine Übersicht sorgen. Die Abkürzung steht für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). Doch die zahlreichen Ratingagenturen verfolgen unterschiedliche Ansätze, was die Vergleichbarkeit erschwert. Eine Analyse der Privatbank Berenberg, die der Berliner Zeitung vorliegt, hat ergeben, dass Ratings oft nicht die Wirklichkeit abbildeten. "Es gibt keinen Standard in der ESG-Bewertung und auch kaum Vergleichbarkeit der Ratings", bemängelte Matthias Born, Head of Investment von Berenberg. Doch dass die Ratingagenturen unterschiedliche Bewertungsmethoden verfolgten, sei nicht das Grundproblem. "Der Begriff der Nachhaltigkeit ruft bei jedem von uns unterschiedliche Assoziationen hervor. Diese gehen zwar alle in ähnliche Richtungen, führen aber im Einzelfall dazu, dass Bewertungen höchst unterschiedlich ausfallen können. Das ist bei den Ratingagenturen nicht anders", sagt Lehmann von Flossbach von Storch laut der Berliner Zeitung.
Nachhaltigkeit ist ein ambivalentes Thema, das, einhergehend mit dem allgemeinen Trend, zunehmend ein relevanter Faktor bei Anlageentscheidungen von Privatanlegern wird. Der Vorstandsvorsitzender von Union Investment kam zu der Schlussfolgerung, dass es nun eine Herausforderung für die Asset-Manager-Branche sei, die Berater entsprechend vorzubereiten, um keine Chancen, die mit dem Thema geboten werden, verstreichen zu lassen.
Theresa Holz / Redaktion finanzen.net
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