Heiko Aschoff Kolumne Heiko Aschoff

Jahresendrallye 2012

21.10.11 09:04 Uhr

Jahresendrallye 2012 | finanzen.net

Schuldenkrise, Griechenland-Debakel, Rezessionsängste. Probleme wohin man schaut.

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Wie soll es da aufwärts gehen an den Aktienmärkten? Wie schnell es zur Überraschung aller gehen kann, haben wir die letzten Wochen gesehen. Nachdem der DAX kurz unter 5000 Indexpunkte fiel, übersprang er in Windeseile die 6.000er Marke.

Bärenmarktrallye sagen die einen. Damit ist gemeint, dass wir eine Erholung auf die Kursverluste der letzten Monate sehen. Anschließend geht es wieder abwärts unter die alten Tiefs. Die Baisse setzt sich fort. Unsinn, behaupten die anderen. Die Baisse ist beendet bzw. es hat nie eine Unterbrechung der laufenden Aktienhausse gegeben. Wer hat denn nun Recht?

Keiner kennt die Zukunft. Zyniker empfehlen, eine Münze zu werfen. Kopf oder Zahl. Da hat man wenigstens eine Erfolgswahrscheinlichkeit von fünfzig Prozent. Eine Trefferquote, von der die meisten Analysten nur träumen können. Doch lassen wir das Thema. Ich bevorzuge eine pragmatische Herangehensweise. Dazu ein paar Gedanken:

• Schuldenkrise, Inflationsängste, Euro-Zerfall, Staatspleiten usw. Es vergeht kein Tag, wo uns nicht Horrormeldungen um die Ohren fliegen. Die Anleger sind vorbereitet auf Schieflagen. Das war in der Finanzmarktkrise 2008 nicht der Fall.

• Die Börse antizipiert Entwicklungen, d.h. die obigen Negativmeldungen sollten eingepreist sein. Nur überraschende Entwicklungen, die wir nicht auf dem Radarschirm haben oder deren Dimension wir massiv unterschätzen, führen zu weiteren Verwerfungen.

• Rezessionsängsten stehen anhaltend gute Unternehmensnachrichten entgegen. Bezogen auf Deutschland kann ich mich nicht daran erinnern, dass fundamentale Entwicklungen und Aktienkurse so extrem auseinander gelaufen sind. Wer liegt hier falsch?

• Die Marktpsychologie gegenüber guten Unternehmensmeldungen hat sich gedreht: Gute Zahlen werden wieder mit Kurssprüngen honoriert. Das war vor dem Börseneinbruch ganz anders. Selbst hervorragende Unternehmenszahlen führten zu Abverkäufen.

• Ein wenig Statistik: In den letzten zwanzig Jahren kam es mit einer Wahrscheinlichkeit von über drei Vierteln zu einer Jahresendrallye. Eine Trefferquote weit besser als der Münzwurf oder Analystenprognosen. Was tun?

Wir haben Probleme, aber es gibt auch Chancen. Viel wird davon abhängen, ob es der Politik gelingt, das Vertrauen in die Lösungsfähigkeit der Probleme zu erhalten. Als Investor würde ich weiter sukzessiv in erstklassige Unternehmen investieren, aber noch einen Teil des Geldes in Reserve halten, falls ein gravierender Vertrauensverlust die Panik an den Märkten erneut hochkommen lässt. Ergänzend zur Langfriststrategie würde ich versuchen, mittelfristig die Chancen einer Jahresendrallye profitabel auszuloten. Da es sich zunächst um eine mittelfristige Spekulation handelt, bin ich bereit schneller die Notbremse zu ziehen. Läuft alles gut an, könnte sich die Jahresendrallye ins Frühjahr hinein fortsetzen. Mit dieser Vorgehensweise kann man sich vorsichtig in den Markt hineinkaufen. Bekommen die Börsen wieder Fallsucht, ist man dem nicht so extrem ausgesetzt und die Notbremse greift.

Fazit: Die in meinem letzten Beitrag beschriebene positive Tendenz setzt sich fort. An diesem Wochenende verkündet unsere Bundeskanzlerin das von den Märkten heiß ersehnte Gesamtpaket zur Lösung der (europäischen) Schuldenproblematik. Die Erwartungen kochten im Vorfeld so hoch, dass sich unsere Kanzlerin genötigt sah, die Bedeutung herunterzuspielen. Wie auch immer. Die Aufmerksamkeit zeigt, dass es das Zeug zu einem Pivotereignis hat. Es kann Anlegerverhalten kapitalkräftiger Investoren ändern. Ich hoffe zum Positiven. Es wäre schade, wenn meine Ausführungen nach dem Wochenende schon Makulatur wären. Wir werden sehen. Wünsche ihnen allen ein sonniges Wochenende!

PS: Offenbar gibt es noch Abstimmungsbedarf hinsichtlich des Rettungsplanes. Der Gipfel findet zwar am Wochenende statt, aber die Verkündigung des Gesamtpaketes sei auf Mittwoch vertagt worden. Das sorgt für neue Unsicherheit, auf die wir gerne verzichten können. Kein guter Start für das “wie-es-auch-immer-aussieht-Gesamtpaket”.

Heiko Aschoff ist selbständiger Trader und Geschäftsführer der Investment Ideen GmbH. Als Banker und Pensionsfondsmanager war er mitverantwortlich für über sieben Milliarden Euro Anlagevolumen. Im Börsendienst www.investment-ideen.de stellt er seine persönlichen Anlageempfehlungen vor.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus

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