SAP hebt die Prognose an - SAP-Aktie rutscht dennoch ab
Europas größter Softwarehersteller SAP hebt nach einem unerwartet robusten zweiten Quartal seine Prognosen für das Gesamtjahr leicht an.
Das Geschäft mit Software zur Nutzung über das Netz (Cloud) zog erneut kräftig an und mit den herkömmlichen Softwarelizenzen ging es nicht ganz so stark bergab wie von Experten gedacht. Vorstandschef Christian Klein blickte am Mittwoch zuversichtlich auf neu abgeschlossene Verträge für das von ihm aus der Taufe gehobene Produktbündel "Rise with SAP", das den Umstieg der Kunden in die Cloud beschleunigen soll. Probleme mit der Pandemie gibt es aber auch bei den Walldorfern weiterhin.
Die SAP-Aktie stieg vorbörslich auf der Handelsplattform Tradegate um rund 2 Prozent, im offiziellen XETRA-Handel verlor sie bis Handelsende aber 2,49 Prozent auf 118,46 Euro.
Erst Anfang Juli hatte der Kurs mit rund 125 Euro wieder das Niveau erreicht, das er vor dem starken Absturz im Oktober hatte, als Klein den schnelleren, aber auch teureren Schwenk hin zur Cloudsoftware angekündigt hatte.
Nach einem ordentlichen Lauf in den ersten sechs Monaten stehen nun weitere Investitionen in die Technik und die Produkte an, weswegen das Management um Klein und Finanzchef Luka Mucic die Ergebnisprognose nur wohldosiert anhob. Für das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern geht SAP in diesem Jahr jetzt von einem währungsbereinigten Rückgang um bis zu vier Prozent aus - im besten Fall dürfte es stagnieren. Bisher rechnete das Unternehmen mit einem Rückgang von einem bis sechs Prozent. Währungseffekte dürften nach wie vor noch belasten.
Bei den Erlösen aus der Cloud und mit den Produkten insgesamt ist das Dax-Schwergewicht nun etwas zuversichtlicher. Die Cloudsoftware dürfte währungsbereinigt um 15 bis 18 Prozent zulegen statt um 14 bis 18 Prozent. Weil zudem die Lizenzen besser abschneiden als befürchtet, dürfte es bei dem gesamten Produktumsatz jetzt ein Wachstum von 2 bis 3 Prozent geben - ein Prozentpunkt mehr als bisher veranschlagt.
Im zweiten Quartal lag der Gesamtumsatz mit 6,7 Milliarden Euro ein Prozent unter dem Vorjahreswert. Das bereinigte operative Ergebnis schnitt mit einem Rückgang um zwei Prozent auf 1,92 Milliarden Euro etwas besser ab als von Analysten gedacht. Ohne Wechselkurseinwirkung hätten sowohl Umsatz und operatives Ergebnis um drei Prozent zugelegt.
Ende des zweiten Quartals rechnete sich der Konzern für die kommenden zwölf Monate aus bestehenden Cloudverträgen Umsätze in Höhe von knapp 7,8 Milliarden Euro aus, besonders stark wuchsen die Buchungen für die Kernsoftware S4 Hana zur Unternehmenssteuerung. Klein verwies auf ein starkes Wachstum bei Verträgen des neuen Cloudangebots "Rise with SAP" vor allem in den USA.
Der 41-jährige SAP-Chef hatte im vergangenen Herbst eine nochmals härtere Gangart beim Umstieg auf Cloudsoftware angeschlagen und das neue Produktbündel im Januar eingeführt, um die Kunden zum schnelleren Umstieg zu bewegen. Investitionen in Marketing und die technische Grundlage werden dieses und auch noch das kommende Jahr die Ergebnisse und die von Anlegern viel beachtete operative Marge belasten. Sie gibt an, wie profitabel SAP insgesamt arbeitet. Im zweiten Quartal fiel sie allerdings mit 28,8 Prozent spürbar höher aus als von Analysten erwartet.
Sorgen macht weiter die US-Cloudtochter Concur. Der Spezialist für Reisekostenabwicklung leidet unter dem niedrigen Niveau an Geschäftsreisen. Wird der Service nur wenig von den Firmenkunden genutzt, nimmt SAP mit dem Angebot kaum Geld ein. Klein setzt zwar auf einen Aufschwung - eine komplette Erholung sei in diesem Jahr von Concur aber nicht mehr zu erwarten, sagte er. Das brauche Zeit.
Unter dem Strich verliefen die Geschäfte für den Konzern erfreulich. So verdiente SAP 1,45 Milliarden Euro und damit fast zwei Drittel mehr als ein Jahr zuvor. Maßgeblichen Anteil hatten daran hatten erneut die Beteiligungen von SAP an Start-ups über das Risikokapitalvehikel Sapphire Ventures, das laut Finanzchef Mucic allein im zweiten Quartal 900 Millionen Euro zum Finanzergebnis beitrug.
Das macht die SAP-Aktie
Robuste Quartalszahlen, aber nur moderat angehobene Jahresziele - diese Kombination hat am Mittwoch die Aktie des Softwareherstellers SAP belastet.
Sie sackte gleich zum Handelsstart unter die gleitende 21-Tage-Linie, die charttechnisch interessierten Anlegern die kurzfristige Richtung signalisiert. Diese Trendlinie war bereits tags zuvor erstmals seit mehreren Wochen kurzzeitig gerissen worden. Abgebremst wurde der Kurssturz schließlich knapp oberhalb der bei 115 Euro verlaufenden 90-Tage-Linie für den mittelfristigen Trend. Von dort aus setzte eine Erholungsbewegung ein. Gegen Mittag stand dann mit minus 2,1 Prozent auf 118,92 Euro ein deutlich moderaterer Verlust zu Buche.
Das zweite Quartal des größten europäischen Softwareherstellers wurde von Analysten und Händlern unisono als insgesamt solide gelobt. SAP kämen die Investitionstätigkeiten der Kunden im IT-Bereich und der sich fortsetzende Trend zur Digitalisierung zugute, sagte etwa ein Händler.
Die vorgelegten Zahlen zum zweiten Quartal deuteten auf einen weiterhin erfolgreichen Übergang zum Cloud-Geschäft hin, konstatierte zudem Jefferies-Analyst Julian Serafini und hob auch den starken Auftragsbestand bei S4 Hana, dem Kernprodukt der Walldorfer zur Unternehmenssteuerung, positiv hervor.
Die Experten der britischen Bank Barclays, der Schweizer UBS oder auch der französischen Societe Generale indes verwiesen trotz ihres ebenfalls positiven Blicks auf das abgelaufene Jahresviertel auch auf die Schwäche im Geschäftsbericht.
Barclays-Analyst James Goodman etwa erklärte, dass die Erwartungen an das Cloud-Geschäft vor der Bekanntgabe der Zahlen bereits gestiegen seien. Die letztlich aber nur marginal angehobene Prognose für diesen Geschäftsbereich sorge daher für lange Gesichter. SocGen-Experte Richard Nguyen fügte hinzu, dass sich die Erwartungen der Analysten längst am oberen Ende des von SAP aktualisierten Ausblicks befänden./ck/men/mis
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WALLDORF (dpa-AFX)
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