(Ver-)kaufen, wenn die Kanonen donnern?
Eine alte Börsenweisheit ist, dass man kaufen soll, wenn die so genannten Kanonen donnern. „Buy on rumors, sell on news“ (kaufe bei Gerüchten, verkaufen bei Nachrichten) geht in die gleiche Richtung.
Nur haben die Börsenweisheiten leider das Problem, dass sie oftmals, aber eben nicht immer funktionieren. Nimmt man beispielsweise „sell in may and go away – but remember: come back in september“, hätte man einen Teil der diesjährigen Sommerrally verpasst. Seit September befindet sich der DAX nämlich in einer Seitwärtsphase.
Ein Problem folgt auf das nächste!
Innerhalb dieser Seitwärtsphase waren aber durchaus interessante Trends zu beobachten. Vor allem im gerade abgelaufenen Börsenmonat. Nach einem zunächst erfolgten Rücksetzer und der anschließenden Rally um knappe 500 DAX-Punkte in rund zwei Wochen reibt sich so mancher Akteur ratlos die Augen und fragt sich: Wohin mag die Reise denn weitergehen? Einerseits die geöffneten Geldschleusen der Notenbanken (Trendwende aktuell noch nicht erkennbar), andererseits die auch weiterhin vorhandenen Euro-Schulden-Probleme. Hinzu kommt nun nach der US-Wahl der US-Haushaltsstreit. Einigen sich die Demokraten und die Republikaner nicht rasch, kommt es im Januar zur automatischen Erhöhung von Steuern und zu gleichzeitigen Ausgabenkürzungen. Da es um die US-Wirtschaft aber aktuell nicht zum Besten steht, dürfte Wieder-Amtsinhaber Obama versuchen, diese „Klippe“ zu umschiffen. Womit das nächste Problem deutlich wird:
Erneut drohender Zahlungsausfall!
Da die so genannte „fiscalcliff“ durch einen „geöffneten Geldbeutel“ umschifft werden soll, steht bereits das nächste Problem vor der Tür: Die Zahlungsunfähigkeit der USA. Bislang wurde die Schuldenobergrenze immer wieder angehoben. Allein in den letzten zwei Jahren erhöhte Präsident Obama die amerikanische Staatsverschuldung um rund 2,4 Bio. US-Dollar, worin sich der enorme Kapitalbedarf seiner Regierung widerspiegelt. Da Ende des Jahres aber hohe Zahlungen an die Sozialversicherung fällig werden, könnte der Spielraum dieses Mal schneller eng werden, als dies dem einen oder anderen lieb ist. Auch wenn man sich einmal mehr zusammenrauft und abermals die Schuldengrenze anhebt. Die Bewegung des Sommers vergangenen Jahres, als der Aktienmarkt kurz nach der Anhebung der Schuldengrenze den Rückwärtsgang einlegte, ist nach wie vor noch präsent. Daher könnte es dieses Mal eben heißen: Verkaufen, wenn die Kanonen donnern! Im Moment ist aber eher noch ein Grollen als ein Donnern zu bemerken ...
Stephan Feuerstein ist Chefredakteur des Börsenbriefes Hebelzertifikate-Trader. Bereits seit Anfang der 90er Jahre beschäftigt er sich mit dem Thema Börse, speziell der Technischen Analyse. Infos: www.hebelzertifikate-trader.de Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.