2014 wird die EZB noch mehr Spielstärke zeigen
Die US-Konjunkturerholung erfährt im IV. Quartal 2013 weitere Unterstützung.
Nach einer zwischenzeitlichen Beruhigung zeigt der US-Immobiliensektor zuletzt wieder Stabilisierungstendenzen. So legten die Baugenehmigungen nach ihrem Seitwärtstrend der letzten Monate wieder merklich zu. Die nächsten Daten zu den Baubeginnen dürften dieser Bewegung folgen.
Auch die Investitionsbereitschaft der US-Unternehmen zeigt sich gestärkt. Zwar verzeichneten die US-Auftragseingänge für zivile Kapitalgüter ohne Transport - ein bedeutender Indikator für die Investitionsneigung der Privatwirtschaft - im Oktober einen Rücksetzer. Dieser Ausrutscher ist jedoch auf die Verunsicherung der Unternehmen im Rahmen des US-Budgetstreits zurückzuführen. Für eine Anknüpfung an die alte Stärke spricht der steigende Trend der Neuaufträge für das Verarbeitende Gewerbe gemäß ISM- Index. Damit füllen die „harten“ Konjunkturdaten die positiven soften Frühindikatoren zunehmend mit Leben.
Deutscher Konsum robust
Die deutsche Wirtschaft glänzt mit einer ungebrochen starken Binnennachfrage, die sich längst als zweites Standbein neben dem Export etabliert hat. Der deutsche GfK Konsumklimaindex notiert mit 7,4 wieder auf ähnlich hohem Niveau wie vor der Immobilienkrise. Die stabile Lage auf dem Arbeitsmarkt gepaart mit realen Einkommenszuwächsen tragen laut GfK zu einer robusten Anschaffungsneigung im November auf dem höchsten Stand seit sieben Jahren bei. Auch die letzte Zinssenkung der EZB lässt den Sparanreiz weiter schwinden. Stattdessen wird das Geld ausgegeben.
Der Fluch der guten geldpolitischen Tat
Die Konjunkturstimmung in anderen Euro-Staaten ist weniger positiv. Insofern ist die EZB gezwungen, ihr Niedrigzinsniveau noch für lange Zeit aufrechtzuerhalten. Und zur weiteren realwirtschaftlichen Stabilisierung werden namhafte Vertreter der EZB nicht müde zu betonen, dass noch genügend weitere geldpolitische Instrumente zur Verfügung stehen.
Insbesondere die Deflationsrisiken in den Euro-Südstaaten behält die EZB wachsam im Auge. Angesichts der schwachen Preisentwicklung bei Energierohstoffen, insbesondere Rohöl, dürfte der Inflationsdruck von dieser Seite weiter schwach ausfallen. Grundsätzlich haben die Risiken für die globale Ölversorgung nachgelassen, nachdem - zumindest vorläufig - eine Einigung im Atomstreit mit dem Iran erzielt wurde.
Mit einer aktuellen Inflationsrate im Euro-Durchschnitt von aktuell 0,9 Prozent gegenüber Vorjahr - weit entfernt vom Zielwert der EZB von zwei Prozent - eröffnet das der Notenbank weiteren Spielraum für Leitzinssenkungen. Über eine Senkung des Einlagenzinses für von Geschäftsbanken bei der EZB geparktes Geld auf minus 0,1 Prozent wird bei der EZB laut nachgedacht. Mit dieser Strafgebühr drängt die EZB die Geschäftsbanken theoretisch dazu, Zentralbankgeld als Kredite zu vergeben.
Wie stärkt man die Kreditvergabe in Euroland?
Der EZB ist bewusst, dass eine nachhaltige Wirtschaftserholung der Eurozone ohne neue Kreditausleihungen an Haushalte und Unternehmen unmöglich ist. Die aktuelle Kreditschrumpfung in der Eurozone zeichnet sogar ein Rezessionsbild. Praktisch höheren Kreditausleihungen steht allerdings der Anfang 2014 anstehende Banken-Stresstest der EZB und die allgemein verschärften Kapitalanforderungen für die Kreditwirtschaft entgegen. Banken werden insofern genötigt, ihr Eigenkapital zu schonen, mit dem neue Kreditausleihungen zu unterlegen sind.
Sicherlich würden Geschäftsbanken bei Einführung von Strafzinsen ihre Liquiditätsreserven bei der EZB verringern. Diese investierten die Banken dann jedoch schwerpunktmäßig in Staatsanleihen der Eurozone, für die aufgrund der unterstellten Bonität keine Eigenkapitaldeckung erforderlich ist. Für die Banken sind dies lohnende Anlageobjekte: Banken legen das extrem zinsgünstige Geld der EZB in deutlich höherrentierliche, z.B. 10-jährige, italienische, spanische oder portugiesische Staatsanleihen an und verdienen auf diese Weise bis Fälligkeit der Papiere attraktive vier bis knapp sechs Prozent Zinsgewinn jährlich.
Dabei brauchen sich die Banken über das Anlagerisiko keine Gedanken zu machen. Denn die EZB schließt dieses mit ihrem Rettungsversprechen, zur Not unbegrenzt Staatsanleihen der Euro-Staaten aufzukaufen, aus. Nicht zuletzt liegen die durchschnittlichen Zinsen für Unternehmenskredite in Euroland unterhalb der Rendite von Staatspapieren. Welche Argumente sprechen jetzt noch für eine erhöhte Kreditvergabe an die Privatwirtschaft?
Das Füllhorn der EZB ist noch lange nicht leer
Insofern nimmt der politische Druck der Euro-Südzone auf die EZB zu, ihren geldpolitischen Lockerungskurs noch offensiver zu gestalten. Dabei gehen die Vorstellungen weit über die Zinssenkungspolitik hinaus. Die EZB solle in großem Maße tatsächlich Staatsanleihen aufkaufen. Dass genau dies der Chefvolkswirt der EZB Peter Praet zuletzt nicht ausschloss, ist bemerkenswert. Die positiven Effekte, die damit erzielt werden sollen, sind, neben einer insofern immer zinsgünstiger werdenden Finanzierung neuer staatlicher Konjunkturpakete auch, dass die Renditen von Staatspapieren für Geschäftsbanken unattraktiver werden.
Dabei könnte die EZB ein mögliches Veto des Bundesverfassungsgericht, das der Bundesbank verbieten würde, an Aufkäufen von Staatsanleihen einzelner Euro-Staaten teilzunehmen und damit indirekte Staatenfinanzierung zu betreiben - ein Urteil ist erst nach der Europawahl im Mai 2014 zu erwarten - umgehen. Ein Aufkaufprogramm für Staatsanleihen aller 17 Euro-Staaten, das sich an den jeweiligen nationalen Beteiligungsquoten am Kapital der EZB orientiert, wäre der EZB im Rahmen ihrer Geldpolitik erlaubt. EZB-Präsident Mario Draghi würde diese massive Stabilitätshülle mit Rücksicht auf die deutsche Position nur ungern fallen lassen. Er hofft, dass diese theoretische Maßnahmenandrohung ausreichend ist, die finanzwirtschaftlichen Verhältnisse zum Besseren zu wenden. Aber wenn alle Stricke reißen, wird er diesen Rubikon überschreiten müssen.
Theoretisch gäbe es sogar die Möglichkeit des Aufkaufs von mit Krediten besicherten Wertpapieren. Damit würde man das Ausfallrisiko der Banken senken und ihnen einen deutlichen Anreiz zur Kreditvergabe an die Privatwirtschaft geben.
Im Übrigen zeigt sich die Europäische Union in punkto zukünftiger Bankenunion nicht wirklich handlungsfähig. Damit bleibt die EZB weiter gefordert, euroländische Banken mit einer ultralockeren Geldpolitik in Schutzhaft zu nehmen.
Aktuelle Marktlage und Charttechnik
Insgesamt liefert die Perspektive einer anhaltend lockeren Geldpolitik gepaart mit einer sich stabilisierenden Weltkonjunktur Argumente für eine weiterhin positive Aktienmarktentwicklung, so dass der DAX bis Ende des Jahres neue Höchststände bis zu 9.500 Punkte erzielen kann. Mit Blick auf die letzte Zinssitzung der Fed in diesem Jahr am 17. und 18. Dezember dürfte es aufgrund von Befürchtungen über eine Tapering-Einführung zu erhöhten Aktienmarktschwankungen kommen.
Aus charttechnischer Sicht hangelt sich der DAX weiter an der Obergrenze des seit Juni bestehenden Aufwärtstrendkanals entlang. Nachdem der DAX den Widerstand an der Marke bei 9.263 Punkten hinter sich gelassen hat, steht einem Anstieg bis zum Jahresendziel bei 9.500 Punkten nichts mehr im Wege. Im Falle einer technischen Gegenreaktion findet der DAX an der Unterstützung bei 9.263 Punkten Halt. Darunter bieten die Kurslücke zwischen 9.101 und 9.074 Punkten sowie die starken Unterstützungen bei rund 8.962 und bei 8.770 Punkten Halt.
Das passiert in der nächsten Woche
Die Aufmerksamkeit gilt dem US-Arbeitsmarktbericht. Ein solider Stellenaufbau dürfte die Ängste vor einer Tapering-Ankündigung bereits im Dezember schüren. Vor diesem Hintergrund findet ebenso das Beige Book - der Konjunkturbericht der Fed - Beachtung. Zwar dürften sich die Auftragseingänge der US-Industrie im Oktober als Folge des government shutdown schwächer zeigen. Allerdings dürfte der ISM Index für das Verarbeitende Gewerbe darauf hindeuten, dass sich die US-Konjunkturerholung fortsetzt.
Auf der Zinssitzung der EZB in der kommenden Woche ist nicht mit weiteren Stimulierungsmaßnahmen zu rechnen. Verbalerotisch dürfte Mario Draghi jedoch abermals bekräftigen, dass die Taube das Wappentier der EZB bleibt.
In Deutschland steht nach den soliden Auftragseingängen in der Industrie im Vormonat eine leichte Korrektur an. Trotzdem bleibt der Aufwärtstrend der letzten Monate intakt.
In China dürfte der offizielle Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe auf eine stabile Entwicklung der chinesischen Wirtschaft hindeuten.
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Nach Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums begann Robert Halver seinen beruflichen Werdegang zunächst als Wertpapieranalyst bei der Sparkasse Essen. Anschließend arbeitete er als Analyst und Aktienstratege bei der Privatbank Delbrück & Co in Frankfurt.
2001 wechselte Robert Halver zur Schweizer Privatbank Vontobel. Sein Aufgabenschwerpunkt war die Formulierung der Anlagestrategie der Vontobel Gruppe in Deutschland.
Seit 2008 leitet Herr Halver die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG in Frankfurt. In dieser Funktion ist er auch für die Außendarstellung der Baader Bank tätig.
Robert Halver ist durch regelmäßige Medienauftritte, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie durch Fachpublikationen und als Kolumnist präsent.