Magna International: Konsequent auf Vollgas

von Stephan Bauer, Euro am Sonntag

Frank Stronach ist immer noch ein Energiebündel. Noch vor gut zwei Jahren wirbelte der heute 82-Jährige mit seiner Par­teigründung Team Stronach das politische Leben Österreichs durcheinander. Stronach, der als Franz Strohsack 1932 in der Steiermark zur Welt kam, machte sich für einen radikalen Bürokratieabbau und die Abschaffung des Euro stark. Seine Partei schaffte es bis ins nationale Parlament in Wien.

Immer Vollgas - das scheint das Lebensmotto des Milliardärs zu sein, den es einst aus seiner Heimat nach Kanada zog, wo er mit einem Ein-Mann-Werkzeugbaubetrieb sein Glück versuchte. Mit Erfolg: 1959 erhielt Stronach seinen ersten Auftrag von einem US-Großkonzern, der Riese General Motors bestellte Halteklammern für Sonnenschutzklappen in Massen. Es folgte ein rascher Aufstieg, binnen fünf Jahrzehnten formte der Steirer ein globales Unternehmen, das mit heute über 130.000 Mitarbeitern in 29 Ländern alle großen Konzerne der Automobilindustrie beliefert.

Walker steuert für die Stronachs

Aus dem Tagesgeschäft der Magna International mit Sitz in Aurora nahe Toronto ist der Gründer inzwischen raus. Heute kümmert sich Don Walker um die Geschäfte. Der Kanadier gehört zur Familie, war mit Belinda Stronach verheiratet, der Tochter des Firmenpa­triarchen, die nach einer steilen Karriere in der Politik als Aufsichtsratsvize die Arbeit ihres Ex-Mannes überwacht.

Belinda und Daddy Frank dürfen mit Don zufrieden sein: Seit seinem Antritt 2010 hat Walker den Umsatz von umgerechnet gut 17 Milliarden Euro auf über 27 Milliarden gesteigert. Gemessen am Umsatz, der mit Automobilherstellern erzielt wird, ist Magna weltweit die Nummer 2 in der Branche - noch vor dem DAX-Unternehmen Continental. Einzig Bosch ist mit gut 40 Milliarden Euro Umsatz auf dem Globus größer.

Das Gros des Geschäfts kommt aus Nordamerika. Magna profitiert deshalb besonders stark vom Boom der lange darbenden Autoindustrie. Hier arbeiten auch die meisten Mitarbeiter. Zugleich ist Magna in den Wachstumsmärkten Asiens gut positioniert. Seine europäischen Wurzeln hat Stronach während der globalen Expansion nicht aus dem Blick verloren. 1998 kaufte Magna Teile des österreichischen Daimler-Steyr-Puch-Konzerns, baute die Produktionskapazitäten in Graz und hernach in ­Europa aus - und fährt deshalb heute beim Aufschwung in der Eurozone mit.

Das Produktspektrum der Kanadier ist breit, Walker nennt den Konzern gern den "am weitesten diversifizierten der Branche". Weltweite Nummer 1 ist Magna in der Metallverformung etwa für den Karosseriebau oder bei Komponenten für den Antriebsstrang. Diesen Bereich bezeichnet das Management als strategisch besonders wichtig. ­Soeben verstärkten sich die Kanadier deshalb mit dem deutschen Getriebehersteller Getrag: Samt Schulden zahlt Magna rund 2,5 Milliarden Euro für die Schwaben mit ihren 3,3 Milliarden Euro Umsatz.

Autonom beschleunigt

Auf der Überholspur ist überdies das Geschäft mit Kameras. Der Trend in der Automobilbranche geht zum assistierten Fahren - und dafür braucht man hochauflösende Linsen, die Fahrer oder Bordelektronik beispielsweise beim Einparken unterstützen. Magna steht im Wachstumsmarkt mit an der Spitze.

Der Hightechkonzern Google soll auch an Kameras für seine selbst steuernden Wagen interessiert sein. Vom Boom des autonomen Fahrens könnte Magna noch in anderer Hinsicht profitieren: Eine Spezialität ist die Fertigung kompletter Automobile. In der Regel handelt es sich um kleinere Serien, die die großen Hersteller auslagern, weil sie schlecht in die Produktionspläne passen. So baut Magna etwa die Geländewagen der G-Klasse von Mercedes-Benz oder den Mini Countryman für BMW, einen geländegängigen Stadtflitzer.

Magna soll mit Google auch über eine Komplettfertigung verhandeln. Der Internetkonzern ist nicht der einzige mögliche Großkunde aus dem Silicon Valley. Laut "Wall Street Journal" hat ein wei­terer Tech-Riese Interesse signalisiert: ­Apple. Unlängst sollen die Kalifornier in Graz vorgesprochen haben. Stronachs Ein-Mann-Bude steuert offenbar Richtung Hightechkonzern.

Investor-Info

Magna International
Schöne Zahlen

Was Investoren am Zulieferer aus Aurora in Kanada gefällt, sind - neben dem Wachstum - die Profitabilitätsgewinne. Seit 2009 steigerte der Konzern die operative Rendite stetig auf nun knapp zehn Prozent, auch im Krisenjahr selbst schrieb Magna schwarze Zahlen. Der Cashflow aus dem operativen Geschäft stieg seit 2009 von 527 Millionen auf zuletzt 2,8 Milliarden Dollar. Geschätztes Gewinnplus in diesem und im nächsten Jahr vier respektive rund 20 Prozent. Günstig.