Geldanlage-Report Armin Brack

Medigene mit neuer Technologie endlich in die Erfolgsspur?

23.03.15 11:18 Uhr

Medigene mit neuer Technologie endlich in die Erfolgsspur? | finanzen.net

In eine vollkommen andere Kategorie, nämlich "Hohes Risiko, hohe Chance", fallen die Martinsrieder Biotech-Forscher von Medigene.

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Medigene hat eine äußerst wechselhafte Vergangenheit hinter sich und seinen Anlegern seit dem Börsengang im Juni 2000 vor allem eines beschert:

Verluste, Verluste, Verluste, sowohl im operativen Geschäft als auch was den Kurs der Aktie betrifft. Splittbereinigt ist das Papier von einem Hoch bei über 500 Euro auf ein Tief von 2,94 Euro abgestürzt. Die Verluste für Anleger, die im Jahr 2000 eingestiegen sind, sind damit vergleichbar mit denen von Solaraktien-Investoren.

Vor ziemlich exakt fünf Jahren erschien in der Wirtschaftswoche ein Artikel über die Hintergründe.

Es gab ein Vorstandswechsel, der aber am Dilemma nichts änderte. Es ging weiter bergab. Seit Herbst 2011 konnte immerhin der Kursverfall der Aktie gestoppt werden. Über mehr als drei Jahre hinweg pendelte die Aktie ohne klaren Trend zwischen drei und sechs Euro - bis zu diesem Montag, dem 16.03.

Da sprang Medigene auf einmal bei deutlich erhöhtem Handelsvolumen an, ohne dass dafür eine unmittelbare Ursache erkennbar gewesen wäre. Von Dienstag bis Freitag explodierte der Kurs dann regelrecht bis auf über neun Euro. Das plötzliche Interesse dürfte mit der im Januar 2014 vollzogenen Übernahme des kleinen Berliner Unternehmens Trianta zusammenhängen. Trianta, das nun unter Medigene Immunotherapies firmiert, verfügt über drei hochinnovative und sich ergänzende Immuntherapie-Plattformen.

Am weitesten fortgeschritten ist dabei die für dendritische Zell-Impfstoffe. Dendritische Zellen sind in der Lage, Antigene aufzunehmen, zu verarbeiten und sie so auf der Zelloberfläche zu präsentieren, dass antigen-spezifische T-Zellen aktiviert und zur Teilung und Reifung angeregt werden. Am 6. März wurde Medigene vom europäischen Patentamt ein Patent erteilt, das sich auf den Prozess zur Herstellung reifer dendritischer Zellen bezieht, der von Trianta-Mitarbeitern mit entwickelt wurde. Diese so genannten DC-Vakzinen werden aktuell bereits in klinischen Studien der Phase 2 (gegen Prostatakrebs) und 1/2 gegen akute myeloische Leukämie (AML) getestet. Medigene plant darüber hinaus eine eigene klinische Studie in AML. Das rückte dieses Immuntherapie-Segment von Medigene zum ersten Mal in den Fokus.

Am besagten 16.03. folgte dann ein wissenschaftlicher Artikel im renommierten Fachjournal "Nature Biotechnology" zu T-Zell-Rezeptoren mit "optimaler Krebs-Antigen-Affinität". Auch diese Publikation geht zum Teil auf Trianta-Forschungen zurück. Darin geht es um die Modifizierung patienteneigener Lymphozyten (ein Teil der weißen Blutkörperchen), welche die Tumorzellen des Patienten bekämpfen können. Genaueres dazu gibt es in diesem Artikel. Dazwischen hatte das Unternehmen am 11.03. bereits besser als erwartete Geschäftszahlen für 2014 gemeldet. Die Umsätze kletterten um 82 Prozent auf 13,8 Millionen Euro. Gleichzeitig verringerte sich der EBITDA-Verlust um 75 Prozent auf 2,1 Millionen Euro. Geplant war nur eine Steigerung der Gesamterlöse um 20 bis 30 Prozent und ein EBITDA-Verlust von 4 - 6 Millionen Euro. Ausschlaggebend für das bessere Ergebnis war eine Meilensteinzahlung für den Medikamentenkandidaten EndoTAG-1 gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Richtig spannend wurde es dann aber am Mittwoch als eine neue 6,3 Prozent-Beteiligung der US-Investment-Bank Morgan Stanley an Medigene gemeldet wurde. Der Verdacht liegt nahe, dass Morgan Stanley die Beteiligung im Auftrag eines Klienten erworben hat. Die Frage ist, ob die Beteiligung über die Börse noch weiter aufgestockt wird. Das Handelsvolumen der Aktie explodierte jedenfalls zuletzt regelrecht. Am Freitag wurden alleine über XETRA fast eine Million Stücke gehandelt. Das ist ein Vielfaches des üblichen Volumens. Damit nicht genug kündigten die Martinsrieder am Donnerstag die Präsentation klinischer Daten zu den DC-Vakzinen auf der AACR-Konferenz in Philadelphia an, die vom 18. bis 22. April läuft. AACR steht für American Association for Cancer Research. Die klinischen Daten, die dort vorgestellt werden sollen, wurden in laufenden Studien am Institut für Zelluläre Therapie des Universitätsklinikums Oslo gesammelt.

Inzwischen ist auch die US-Anleger-Community auf Medigene aufmerksam geworden. Bekanntermaßen sind Biotech-Aktien in den USA im allgemeinen und auch Immuntherapie-Aktien im Speziellen derzeit angesagt wie nie.

Zu den Highflyern gehören Kite Pharma (US-Kürzel KITE) und Juno Therapeutics (JUNO) mit Marktkapitalisierung von 2,7 bzw. 4 Milliarden US-Dollar. Diese setzen auf so genannte chimerische Antigen-Rezeptoren (CAR-T), die ebenfalls antigen-spezifische T-Zellen aktivieren können.

In diesem Artikel auf dem US-Portal Seeking Alpha weist der Autor auch auf die Nachteile und Schwierigkeiten des CAR-T-Verfahrens hin und erläutert, warum das Medigene-Verfahren überlegen sein könnte. Natürlich hinkt der Vergleich mit Kite und Juno, weil diese nicht nur durch die erst kürzlich erfolgten IPOs im Cash schwimmen (z.B. JUNO mit Cashbestand von 474 Millionen US-Dollar), sondern auch bereits eigene Kandidaten in der klinischen Entwicklung haben. Der Autor verweist aber auch auf kleinere Player wie Ziopharm mit vergleichbarem Entwicklungsstand, die nach den jüngsten Kursavancen mehr als die 10fache Marktkapitalisierung von Medigene auf die Waage bringen (1,6 Milliarden US-Dollar).

Interessant ist auch, dass die Marktkapitalisierung der Franzosen Cellectis, deren Technologie offenbar am ehesten mit der von Medigene vergleichbar ist, seit der Ankündigung eines Börsengangs in den USA von 300 Millionen Euro auf eine Milliarde Euro gestiegen ist:

Natürlich ist das Potenzial der Medigene T-Zellen-Rezeptoren Plattform als Nicht-Mediziner schwer bis unmöglich abzuschätzen. Fakt ist aber, dass einige der renommiertesten deutschen Biotech-Forscher bei der Entwicklung beteiligt waren und die Technologie an sich im Moment extrem angesagt ist.

Die Kursvervierfachung von Formycon, der deutschen Biosimilars-Aktie, innerhalb der letzten zehn Monate, zeigt zudem was im Biotechsektor bei gutem Newsflow möglich ist, wenn eine bestimmte Technologie stärker in den Fokus der Investoren rückt.

Hier der Zwei-Jahres-Chart:

Umgekehrt muss man aber natürlich auch berücksichtigen, dass Medigene am 27. Januar 2014 für Trianta gerade mal vier Millionen Euro in Aktien bezahlt hat, plus maximal weitere knapp sechs Millionen Euro in Aktien oder bar beim Erreichen bestimmter Meilensteine. Die Kursverdopplung seit Anfang März erhöhte den Börsenwert aber gleichzeitig um satte 60 Millionen Euro.

Das heißt: Kurzfristig ist eine Menge Fantasie bereits eingepreist und Morgan Stanley hat sein Aktienpaket wohl im Bereich von 5,00 Euro erworben. Insofern wäre kurzfristig auch ein kräftigerer Kursrückschlag keine Überraschung. Im späten Handel in Frankfurt kommt die Aktie bereits auf unter 8,00 Euro zurück.

MEIN FAZIT:

Medigene ist ein High-Risk-Investment, das allenfalls als spekulative Depotbeimischung geeignet ist. Es gibt aber einige Indizien dafür, dass die Aktie in den nächsten Wochen und Monaten im Fokus der Anleger bleiben wird. Vor allem die Beteiligung von Morgan Stanley ist spannend, weil sie den Einstieg eines US-Investors nach sich ziehen könnte.

Mutige Anleger können eine Position aufbauen, wenn die Aktie in den Bereich des 2014er-Hochs bei ca. 7,30 Euro zurückkommen sollte.

Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels in Medigene-Aktien investiert. Es kann daher ein Interessenskonflikt bestehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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