Aktienkauf: Lesen Sie zwischen den Zeilen…
Paragon, oder: Warum Sie als Aktionär zwischen den Zeilen lesen sollten!?
Werte in diesem Artikel
Lieber Geldanleger, bei meinen regelmäßigen Screenings nach den Top-Performern der letzten Wochen am deutschen Markt, ist mir die Aktie von Paragon aufgefallen.
Meine Recherchen über die Entwicklung und vor allem die Informationspolitik gegenüber den Anlegern förderten ein Lehrstück dafür zu Tage, warum Anleger oft zwischen den Zeilen lesen sollten, um böse Überraschungen zu vermeiden.
Anleger dürften sich bei Paragon an das Bonmot vom Mann, der aus dem 13. Stock fällt, erinnert fühlen, und der als er am 4. Stock vorbei fliegt, sagt: "Bis jetzt ist ja noch nichts passiert." Liest man die letzten offiziellen Mitteilungen des Automobilzulieferers, könnte man als Aktionär jedenfalls immer meinen, alles sei in bester Ordnung.
*Nix Schlimmes passiert
Noch im Januar 2009 äußerte sich Vorstand Klaus Dieter Frers in einem Interview mit business-on.de folgendermaßen zu den Geschäftsaussichten: "Paragon ist mit einer breiten und modernen Produktpalette in zahlreichen Plattformen fast aller europäischen Automobilhersteller vertreten. Den überwiegenden Anteil unseres Umsatzes machen wir genau mit den Herstellern, die die schwächere Branchenkonjunktur bislang am besten überstanden haben. Wir fühlen uns gut aufgestellt..." Alles in Butter, alles toll.
Und weiter: "Bereits vor dem Eintreten der Finanzkrise haben wir unsere Organisation durch die Umstrukturierung auf die beiden Divisionen Sensorik/Aktorik und Cockpit-System zukunftsorientiert ausgerichtet. Großes Erfolgspotenzial beinhaltet unsere konsequente Ausrichtung auf die Trends Gesundheit, Komfort und Sicherheit." Alles in Butter, alles toll.
Weiter O-Ton Frers: "Wir gehen davon aus, dass sich die Lage in absehbarer Zeit entspannt. Dann werden die Unternehmen enorm profitieren, die wie wir ihre Hausaufgaben gemacht haben. Paragon jedenfalls wird an der offensiven Grundhaltung festhalten und die Handlungsfähigkeit bewahren."
Offensive Grundhaltung, aha. Aus dem Fußball weiß man, dass man sich bei einer allzu offensiven Grundhaltung gerne mal hinten eins einfängt und die Partie dann verloren geht. Aber egal: Alles in Butter, alles toll.
*Temporäre Probleme aber alles im Griff
Das nächste, was es dann von Unternehmensseite zu hören gab, war eine Gewinnwarnung für das Jahr 2008.
Trotzdem hieß es: "Auf Grund des breiten Portfolios an Kunden und Produkten sieht der Vorstand gute Chancen, gestärkt aus der Krise der Automobilindustrie hervorzugehen. Dafür sprechen neben dem hohen Umsatzanteil des Volkswagen-Konzerns (ca. 50% des Automotive-Umsatzes von Paragon), der bislang die Krise noch am besten durchstanden hat, auch die in den letzten Wochen erhaltenen Aufträge im Wert von über 35 Millionen Euro. Weitere Neuaufträge in Höhe von fast 50 Millionen Euro erwartet das Unternehmen in den nächsten Monaten." Immer noch alles in Butter, alles toll.
Weiter hieß es dann im Text, der Vorstand arbeite "mit den begleitenden Banken...an einer Refinanzierung". Natürlich gebe es auch hier bereits positive Signale. "Viel versprechende Gespräche mit sehr interessanten Partnern", die "in das Unternehmen investieren wollen", liefen natürlich auch bereits. Zudem werde ein umfangreiches Maßnahmenpaket unter Führung des Vorstandsvorsitzenden Klaus Dieter Frers erstellt, um auch bei geringen Umsätzen profitabel arbeiten zu können. Alles in Butter, alles toll.
Zudem habe man nun einen neuen Finanzvorstand, der eine besondere Kompetenz für die derzeitige Unternehmenssituation mitbringe. Na ja, dann kann ja nichts mehr schief gehen, denkt sich der geneigte Paragon-Aktionär und kauft vielleicht sogar noch in fallende Kurse hinein nach. Alles in Butter, alles toll.
*Was wir eigentlich sagen wollen
Eine Chance hat man hier als Anleger nur, wenn man vermag, zwischen den Zeilen zu lesen: Die Aussage, man wolle die Handlungsfähigkeit bewahren, war wohl schon ein versteckter Hinweis darauf, dass die Banken wegen der schlechten Finanzstruktur ziemlich Druck gemacht haben.
Man arbeite mit Banken an einer Refinanzierung, bedeutet im Klartext, dass der Karren bereits lichterloh brennt.
Dass der neue Finanzvorstand eine besondere Kompetenz mitbringe, heißt im Klartext, dass der alte versagt und den Karren vor die Wand gefahren hat. Auch die Aussage, dass "der bisherige Finanzvorstand Volker Brinkmann...mit sofortiger Wirkung aus dem Unternehmen ausgeschieden" sei - und zwar ohne Angabe von Gründen - sollte den kritischen Anleger bereits skeptisch stimmen.
Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.
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01.03.2005 | paragon: Sell | Merck Finck & Co |
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