Regierung will Entlastungslücke schließen: Gas- und Strompreisbremse soll rückwirkend ab Januar 2023 gelten - Abschöpfungsplan gefährdet wohl Ökostrominvestitionen
Die Bundesregierung will Privathaushalte und kleinere Unternehmen bei den Gas- und Wärmeheizkosten sowie beim Strom rückwirkend ab Januar 2023 entlasten.
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Die Gas- und Strompreisebremsen sollen im März 2023 in Kraft treten, wobei die Entlastungen dann rückwirkend ab Januar und Februar greifen sollen. Das verlautete aus Regierungskreisen. Ab März sollen dann die Gas- und Wärmepreisbremse sowie die Strompreisebremse bis Ende März 2024 gelten. Die Kosten für den Basisbedarf von 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs sollen gedeckelt werden.
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Die rückwirkenden Entlastungsbeträge bei Gas, Wärme und Strom für Januar und Februar werden laut Regierungsschätzung rund 5 Milliarden Euro zusätzlich kosten. Wegen der komplizierten Anwendung der Gas- und Strompreisbremsen sei eine Umsetzung der Entlastungen bereits zum 1. Januar nicht möglich, hieß es von Regierungsbeamten, die nicht namentlich genannt werden wollten. Die Kosten für die vom Bund bereits beschlossene Übernahme der einmaligen Abschlagzahlung für die gesamte Gas- und Wärmerechnung des Monats Dezember belaufen sich auf 9 Milliarden Euro.
Die Gas- und Strompreisbremsen, deren Grundzüge bereits zwischen Bundesregierung und den Ministerpräsidenten vereinbart wurden, sind in Gesetzesentwürfen festgehalten und sollen in dieser Woche in einem Umlaufverfahren vom Bundeskabinett beschlossen werden. Der Bundestag soll sich anschließend ab kommender Woche damit befassen. Am 16. Dezember soll das Gesetzespaket dann dem Bundesrat vorgelegt werden.
"Der Staat kann nicht jede Preissteigerung vermeiden, aber er geht entschlossen vor und wendet große Kraft auf, um in der Breite Druck von privaten Haushalten, sozialen Einrichtungen, Kulturbetrieben und der Wirtschaft zu nehmen. Damit sollen Bürgerinnen und Bürger unterstützt und Arbeitsplätze gesichert werden", hieß es aus Regierungskreisen. "Die Preisbremsen werden so gestaltet, dass sich Energiesparen lohnt."
Die Gesetzesentwürfe basieren auf drei Grundregeln: Die Entlastung hängt davon ab, wie viel man im vergangenen Jahr verbraucht hat, wie viel man in diesem Jahr verbraucht und wie hoch der Preis im Vertrag mit den Energieunternehmen ist.
Gaspreisbremse deckelt Basisverbrauch
Die Gas- und Wärmepreisbremse gilt für Haushalte und kleinere Unternehmen sowie Pflege, Forschungs- und Bildungseinrichtungen mit einem Jahresverbrauch von bis zu 1,5 Millionen Kilowattstunden. Hier soll der Gaspreis von März 2023 bis April 2024 auf 12 Cent brutto pro Kilowattstunde begrenzt werden, für 80 Prozent des Jahresverbrauchs vom Vorjahr. Bei Fernwärmekunden werden 80 Prozent des Verbrauchs bei 9,5 Cent brutto gedeckelt. Die gleiche Entlastung sollen rückwirkend für die Monate Januar und Februar gelten. Abschlagszahlungen für Mieter sollen demnach ab März angepasst werden.
Damit sind laut Bundesregierung private Haushalte und kleine und mittlere Unternehmen für das gesamte Jahr 2023 und bis ins Frühjahr 2024 hinein vor zu starken Preisanstiegen geschützt.
Für Industriekunden mit einem Verbrauch von mehr als 1,5 Millionen Kilowattstunden im Jahr wird der Gaspreis für 70 Prozent ihrs Vorjahresverbrauchs ab Januar 2023 auf 7 Cent netto gedeckelt. Wärmekunden erhalten 70 Prozent ihres Verbrauchs, der dem September-Abschlag 2022 zugrunde liegt, zu einem garantierten Arbeitspreis von 7,5 Cent pro Kilowattstunde.
Härtefallregeln geplant
Bei der Strompreisbremse für private Verbraucher sowie kleine und mittlere Unternehmen mit einem Stromverbrauch von bis zu 30.000 Kilowattstunden pro Jahr wird der Strompreis bei 40 Cent pro Kilowattstunde brutto begrenzt. Dies gilt für den Basisbedarf von 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs. Für Industriekunden liegt die Grenze bei 13 Cent zuzüglich Steuern, Abgaben und Umlagen für 70 Prozent des bisherigen Verbrauchs.
Geplant sind außerdem Härtefallregelungen für Haushalte, Unternehmen und Einrichtungen, die durch die steigenden Energiepreise in besonderer Weise betroffen sind, zum Beispiel für Mieter, Wohnungsunternehmen, soziale Träger, Kultur und Forschung. Erhalten einzelne Unternehmen insgesamt hohe Förderbeträge, müssen beihilferechtliche Vorgaben eingehalten werden.
FDP-Energiepolitiker warnt bei Gaspreisbremse vor Missbrauch
Der FDP-Energiepolitiker Michael Kruse hat bei der geplanten Gaspreisbremse vor einem Missbrauch gewarnt. Kruse sagte am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: "Wir werden noch in dieser Woche in die Beratungen der Gaspreisbremse einsteigen. Als Freie Demokraten wollen wir besonders darauf achten, dass Entlastungen schnell erfolgen und die richtigen Akteure erreichen." Damit die Gaspreisbremse nicht zum Bumerang werde, müssten Wettbewerbsanreize im Markt erhalten bleiben. "Zudem darf es keinen Missbrauch geben, etwa indem Anbieter ihre Preise präventiv auf den Preis des Deckels hochziehen", sagte Kruse. Derartige missbräuchliche Wettbewerbspraktiken müssten durch den Gesetzentwurf verhindert werden.
Bei der Gaspreisbremse soll ein bestimmtes Kontingent staatlich subventioniert werden. Die Bundesregierung plant, dass private Haushalte und kleine und mittlere Unternehmen rückwirkend auch für Januar und Februar 2023 entlastet werden sollen, wie es aus Regierungskreisen hieß. Klar war bislang eine Entlastung ab März 2023 bis zum Frühjahr 2024.
Abschöpfungsplan bei Strompreisbremse gefährdet wohl Ökostrominvestitionen
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) hat den Gesetzentwurf zur Strompreisbremse als "Abschöpfungs-Irrweg" kritisiert. BEE-Präsidentin Simone Peter sagte, die von der Bundesregierung geplante Einführung einer Strompreisbremse inklusive Gewinnabschöpfung drohe bei Energieerzeugern das Investitionsklima bei den erneuerbaren Energien auf lange Zeit zu beschädigen und riskiere die Einhaltung der Klimaziele. Milliardeninvestitionen seien gefährdet, die jetzt gegen die Versorgungs- und Kostenkrise investiert werden müssten. Dies werde Energiewende erneut ausbremsen, was ein fatales Signal an Standort und Klima sei, wie Peter warnte.
"Deutschland steigt aus den fossilen Energien aus und zieht gleichzeitig den erneuerbaren Zukunftsträgern den Boden unter den Füßen weg. Die Bundesregierung riskiert hier mutwillig und ohne Not die bisher erzielten Fortschritte bei der Energiewende", so Peter. Der Gesetzentwurf benachteilige die erneuerbaren Energien gegenüber fossilen Quellen wie Steinkohle oder Erdgas, sei investitionsfeindlich und nicht rechtssicher. Mit einer Klagewelle aus der gesamten Branche sei zu rechnen.
Der Entwurf ziele weiter auf die Abschöpfung von Gewinnen statt von Erlösen ab. Es sei unbegreiflich, warum Deutschland an einem Sonderweg festhalte, statt dem Vorschlag der EU und dem Beispiel anderer EU-Staaten wie Österreich, Spanien oder Belgien zu folgen, so der BEE.
Außerdem drohe viele Biogasanlagenbetreiber jetzt das Aus, weil Bioenergie nicht vollständig zur Ausnahme erklärte wurde, monierte der BEE.
Mieterbund dringt auf Abschlags-Anpassung ab März
Der Deutsche Mieterbund dringt bei der geplanten Gaspreisbremse darauf, die Entlastungen bereits ab März auch auf Mietverhältnisse anzuwenden. Es sei völlig offen, ob sich die Abschläge der Mieter ab März 2023 auch reduzieren und ob die Entlastungswirkung 2023 in Mietverhältnissen überhaupt ankomme, sagte die Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes, Melanie Weber-Moritz, laut einer Mitteilung am Dienstag in Berlin. "Mieterinnen und Mieter dürfen auf keinen Fall gesetzlich benachteiligt werden", forderte sie. Alles andere als eine Gleichstellung gegenüber anderen Verbrauchergruppen sei inakzeptabel.
Am Dienstag war bekannt geworden, dass die Bundesregierung bei der geplanten Gas- und Strompreisbremse private Haushalte sowie kleinere Firmen rückwirkend bereits ab Januar entlasten will. Damit soll eine "finanzielle Entlastungslücke" zu den Bremsen geschlossen werden, die von März an bis April 2024 wirken sollen. Ob Vermieter diese Regelungen unverzüglich umsetzen müssen, ist laut Mieterbund noch offen.
In einem ersten Entwurf zur Gaspreisbremse sei die Weitergabe der geplanten Entlastungen bei Mietverhältnissen noch eindeutig und zielführend geregelt gewesen, so Weber-Moritz. Demnach hatte der Vermieter unverzüglich die Betriebskostenvorauszahlungen seiner Mieter anzupassen. Dieser Paragraph sei im jüngsten Gesetzentwurf mit Verweis auf die fortlaufende Ressortabstimmung nicht mehr enthalten. "Mieterinnen und Mieter werden damit zum Spielball der unterschiedlichen politischen Lager der Ampel gemacht." Eine unverzügliche Anpassung der Abschläge durch den Vermieter sei jedoch zentral für Wirkung und Reichweite der Gas- und Wärmepreisbremse.
BERLIN (Dow Jones / dpa-AFX)
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