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Wirecard-Aktie +15 Prozent: Reges Interesse an Unternehmensteilen der insolventen Wirecard - Bundesbank will Reform der Wirtschaftsprüfung

27.07.20 17:54 Uhr

Wirecard-Aktie +15 Prozent: Reges Interesse an Unternehmensteilen der insolventen Wirecard  - Bundesbank will Reform der Wirtschaftsprüfung | finanzen.net

Im vorläufigen Insolvenzverfahren über das Vermögen der Wirecard AG gibt es trotz der schwierigen Ausgangslage und der zu Verfahrensbeginn fehlenden Liquidität Fortschritte.

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So sei zwischenzeitlich die Liquidität bis auf weiteres gesichert, teilte der vorläufige Insolvenzverwalter Michael Jaffé mit. Die eingeleiteten Investorenprozesse kämen gut voran.

Dies gelte insbesondere für die Wirecard North America Inc. Hier hätten rund 60 Interessenten Vertraulichkeitsvereinbarungen unterzeichnet. Es fanden in den letzten Tagen bereits zahlreiche Management-Präsentationen statt, zudem konnten sich die Bieter in virtuellen Datenräumen informieren.

In den nächsten Wochen soll die finale Phase des Verwertungsprozesses beginnen, in der die Bieter konkrete Erwerbsangebote abgeben können. "Das Feedback aus den Management-Präsentationen ist sehr positiv. Die Interessenten zeigen erhebliches Interesse am Erwerb des eigenständig und unabhängig am Markt agierenden Unternehmens", sagte Jaffé.

Daneben laufe das Kerngeschäft weiter und werde ebenfalls Investoren zum Erwerb angeboten. Dieses Geschäft habe sich trotz der Turbulenzen stabilisiert. Hier hätten 77 Interessenten Vertraulichkeitsvereinbarungen unterzeichnet. Daneben sollen zahlreiche Verwertungsprozesse für die weiteren weltweiten Beteiligungen eingeleitet werden, die unabhängig vom Kerngeschäft veräußert werden können.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat sich in die Aufarbeitung des Wirecard-Skandals eingeschaltet und eine Reform der Wirtschaftsprüfung gefordert. "Wirecard ist ein Skandal, und dem müssen wir künftig wirksamer vorbauen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es werde darum gehen, "Regeln und Verfahren vor allem bei Wirtschafts- und Bilanzprüfung mehr Biss zu geben".

Ehrliche Bilanzen seien für jedes Unternehmen wichtig, betonte Weidmann. "Beispielsweise sollten das Verfahren der Bilanzprüfung und die Aufgaben, Möglichkeiten und Haftung der Wirtschaftsprüfer überdacht werden. So müssen sie etwa in der Lage sein, internationale Verflechtungen des Geschäfts besser zu durchleuchten."

Bei Wirecard habe es offenbar Betrug in ganz erheblichem Umfang gegeben, stellte der Notenbankchef fest. "Kriminelles Verhalten lässt sich leider nie völlig ausschließen. Aus meiner Sicht ist entscheidend, Betrugsfälle früh aufzudecken, auch damit sie nicht solche Ausmaße annehmen können."

Wirecard hatte Ende Juni Insolvenz angemeldet, nachdem der DAX-Konzern mutmaßliche Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden einräumen musste.

Regierung betont Einigkeit bei Lehren aus Wirecard-Skandal

Die Bundesregierung hat am Montag Einigkeit im Umgang mit dem mutmaßlichen Bilanzbetrug des Zahlungsdienstleisters Wirecard demonstriert. Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte, es sei wichtig, dass "Schaden vom Finanzmarkt Deutschland abgewendet" und eine "wirksame Kontrolle sichergestellt" werde.

"Da gibt es ein gemeinsames Verständnis darüber in der Bundesregierung, dass wir da zügig und gründlich aufklären müssen, was passiert ist, wie es dazu kommen konnte und eben welche Konsequenzen wir aus dem Skandal ziehen müssen", erklärte Demmer am Montag auf der Regierungspressekonferenz. Entsprechende von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgestellte Maßnahmen würden jetzt innerhalb der Bundesregierung abgestimmt.

Das Bundeswirtschaftsministerium betonte, dass es Minister Peter Altmaier (CDU) "sehr wichtig" sei, dass hier die Vorfälle aufgeklärt und dass auch dort, wo sich Nachbesserungsbedarf zeige, zügig die Änderungen in Angriff genommen würden. "Es geht hier um den Finanzstandort Deutschland. Und deshalb ist das uns ein großes Anliegen sowie der gesamten Bundesregierung auch", sagte Ministeriumssprecherin Annika Einhorn.

Maßnahmen gegen Bilanzmanipulation und für starke Aufsicht

Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums bekräftigte frühere Aussagen des Finanzministers, nach denen auf Bilanzen Verlass sein müsse. Deshalb arbeite die Bundesregierung an einem Aktionsplan, um Bilanzbetrügereien einen Riegel vorzuschieben. "Wir brauchen deutlich schärfere Regelungen bei der Wirtschaftsprüfung und Bilanzkontrolle, bei Aufsicht und Zahlungsdienstleistung. Deshalb greifen wir durch", zitierte Ministeriumssprecher Dennis Kolberg den Minister. Ziel sei eine weitreichende Reform mit "klaren Maßnahmen gegen Bilanzmanipulationen und für eine starke Aufsicht".

Insgesamt herrsche innerhalb der Bundesregierung "große Einigkeit im Ziel", betonte Kolberg. Die Ergebnisse der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung werde man dann in einer Pressekonferenz vorstellen.

Das Finanzministerium hat einen 16 Maßnahmen umfassende Aktionsplan erarbeitet, in den Dow Jones Newswires vergangenen Freitag Einblick hatte. Danach soll die Finanzaufsicht Bafin hoheitliche Befugnisse gegenüber Kapitalmarktunternehmen erhalten. Gedacht ist außerdem an ein Sonderprüfungsrecht gegenüber allen kapitalmarktorientierten Unternehmen einschließlich Auskunftsrechte gegen Dritte, an die Möglichkeit forensischer Prüfungen sowie an das Recht, die Öffentlichkeit früher als bisher über ihr Vorgehen bei der Bilanzkontrolle zu informieren.

Außerdem soll es kein zweistufiges System der Bilanzprüfung mehr geben und Bilanzprüfer alle zehn Jahre ausgetauscht werden.

Für die Wirecard-Aktie ging es am Montag kräftig nach oben: Das Papier gewann auf XETRA zeitweise rund 38 Prozent und stieg damit in der Spitze auf 2,19 Euro. Zum Handelsende betrug das Plus noch 15,50 Prozent auf 1,84 Euro.

FRANKFURT (Dow Jones)

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Bildquellen: Pavel Kapysh / Shutterstock.com

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