US-Notenbank lässt Leitzins stabil - Bilanzabbau startet im Oktober
Die amerikanische Notenbank hält Kurs: Während sie ihren Leitzins zunächst nicht verändert, steuert sie auf eine weitere Zinsanhebung in diesem Jahr zu.
Im kommenden Jahr könnten dann drei weitere Folgen. Zudem leitet die Fed eine geldpolitische Zeitenwende ein, indem sie ab Oktober beginnt, ihre Maßnahmen zur Linderung der schweren Finanzkrise 2008 rückgängig zu machen. An den Finanzmärkten legten der Dollar und die Kapitalmarktzinsen stark zu.
Wie erwartet, hat die Fed ihren Leitzins nicht verändert. Die Fed Funds Rate liegt weiter in einer Spanne zwischen 1,00 und 1,25 Prozent, wie die Währungshüter am Mittwoch in Washington mitteilten. Volkswirte und Anleger an den Finanzmärkten hatten mit dieser Entscheidung gerechnet.
DOLLAR UND US-RENDITEN STEIGEN STARK
Zudem signalisiert die Fed wie bisher, ihren Zins in diesem Jahr ein weiteres Mal anzuheben. Analysten rechnen im Dezember damit. Für kommendes Jahr geht der geldpolitische Ausschuss FOMC von drei Zinsanhebungen aus. Auch dies entspricht der bisherigen Zinsprognose vom Juni.
Der amerikanische Dollar und die Renditen von US-Staatsanleihen stiegen deutlich an. Am Markt wurde dies mit dem Kurshalten der Fed erklärt: Bislang wurde an den Finanzmärkten nicht davon ausgegangen, dass die Federal Reserve eine weitere Zinsanhebung in diesem Jahr anpeilt. Bis Ende 2018 war gerade einmal eine Zinsanhebung voll eingepreist. Der steigende Dollar und die steigenden Renditen reflektieren eine zumindest teilweise Anpassung dieser Markterwartungen. Der Euro geriet im Gegenzug unter Druck und fiel um gut einen Cent auf knapp 1,19 Dollar.
BILANZABBAU BEGINNT
Darüber hinaus kündigte die Notenbank an, ab Oktober mit dem Abbau ihrer auf 4,5 Billionen US-Dollar angeschwollenen Bilanz zu beginnen. Die Bekanntgabe des Startzeitpunkts war von Beobachtern erwartet worden. Ein grober Plan, wie der Abbau erfolgen soll, war bereits im Juni veröffentlicht worden. Nach diesem Plan soll auch vorgegangen werden, wie die Fed am Mittwoch bestätigte.
Demnach beginnt der Abbau mit einem Betrag von 10 Milliarden Dollar je Monat. Er erhöht sich pro Quartal um 10 Milliarden Dollar, bis er nach rund einem Jahr 50 Milliarden Dollar erreicht hat und dort verbleibt. Das Vorgehen der Fed gilt als sehr vorsichtig. Die extrem hohe Bilanzsumme der Notenbank resultiert aus billionenschweren Wertpapierkäufen, mit denen die Fed während und nach der Finanzkrise seit 2008 die Wirtschaft stabilisiert hat.
YELLEN: SCHWACHE INFLATION IST EIN 'RÄTSEL'
Notenbankchefin Janet Yellen unterstrich vor der Presse, der Abbau der Fed-Bilanz werde graduell und vorhersehbar vonstatten gehen. Zugleich bekräftigte sie, dass die Fed den Prozess der Bilanznormalisierung auch wieder aussetzen könne, falls dies aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich werden sollte.
Angesprochen auf die anhaltend niedrige Inflation in den USA sagte Yellen, diese Entwicklung spiegele nicht die aktuell gute Wirtschaftslage wider. "Unsere Kenntnisse über die Kräfte, die hinter der Inflationsentwicklung stehen, sind unvollständig", räumte Yellen ein. Sie ging sogar so weit, die schwache Inflation als "Rätsel" zu bezeichnen.
Dass die Inflation immer noch unter dem Zwei-Prozent-Ziel der Notenbank liege, sei ein Grund zu Sorge. Sie bekräftigte zwar, dass der geldpolitische Ausschuss FOMC immer noch davon ausgehe, dass die Inflation bald ansteige. Sollte das jedoch nicht der Fall sein, sei eine geldpolitische Kursanpassung durchaus möglich. Es sei alles andere als einfach, die Gründe für die geringe Inflation zu benennen.
GRADUELLER STRAFFUNGSKURS
In ihrer Erklärung zum Zinsentscheid signalisiert die Fed weiterhin eine vorsichtige Verschärfung ihrer Zinspolitik. Man erwarte eine "graduelle" Anpassung der Geldpolitik, heißt es im Statement. Den Wirtschaftsausblick veränderte die Fed kaum.
Allerdings wurden die Prognosen zu Wachstum, Arbeitsmarkt und Inflation teils geändert. So wird für dieses Jahr ein etwas stärkeres Wirtschaftswachstum erwartet. Die Arbeitsmarktlage in den Jahren 2018 und 2019 wird etwas besser erwartet als bislang. Die Inflationsprognosen (Kernrate) für dieses und das nächste Jahr wurden gesenkt.
WIRBELSTÜRME ÄNDERN WACHSTUMSKURS NICHT
Die jüngsten Wirbelstürme hätten großen Schaden angerichtet, schreibt die Notenbank in ihrer Erklärung. Dies dürfte jedoch auf mittlere Sicht den Kurs der US-Wirtschaft nicht ändern. Die Verbraucherpreise sollten jedoch kurzfristig durch höhere Benzinpreise gestützt werden.
Unabhängig davon dürfte die Inflation zunächst etwas unter dem Inflationsziel von zwei Prozent bleiben, sich aber mittelfristig bei zwei Prozent stabilisieren. Die Wirtschaft sollte weiter moderat wachsen und die Bedingungen am Arbeitsmarkt sich weiter etwas verbessern.
EXPERTE: US-GELDPOLITIK SCHWER VORHERSEHBAR
Fed-Experte Harm Bandholz von der Großbank Unicredit hob hervor, dass die US-Geldpolitik künftig wesentlich schwerer vorhersehbar sei. Als Gründe nannte er die Möglichkeit eines neuerlichen Haushaltsstreits Ende 2017, die ungewissen Auswirkungen der Hurrikans sowie Personaländerungen in der Fed. Nach dem baldigen Ausscheiden von Fed-Vizechef Stanley Fischer seien nur drei von sieben Positionen im Fed-Direktorium besetzt - so wenige wie noch nie. Zudem sei die Zukunft von Fed-Chefin Yellen, deren Mandat im Frühjahr 2018 endet, unklar. Alles dies könne erhebliche Auswirkungen auf die US-Geldpolitik haben, so Bandholz.
Zuletzt hatte die Fed Mitte Juni den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Dies war die vierte Erhöhung seit der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Zwischen Ende 2008 und Ende 2015 hatte der Zinssatz an der Nulllinie gelegen./jsl/bgf/tos
WASHINGTON (dpa-AFX)
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