Fünf Fragen zum QE1-Programm der EZB
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) berät am Mittwochabend darüber, wie das allgemein erwartete Staatsanleihekaufprogramm der EZB aussehen könnte.
Am Donnerstag um 14.30 Uhr wird EZB-Präsident Mario Draghi vor die Presse treten und mitteilen, was er zu bieten hat. Folgende fünf Fragen der Investoren sollte er beantworten können.
1. Wann geht es los?
Einige strittige Punkte, die mit dem Ankauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren zusammenhängen, wird der EZB-Rat möglicherweise bis Donnerstag nicht klären können. Ist das so, dann fasst der Rat wohl lediglich einen Grundsatzbeschluss zur Größenordnung und liefert die Details zu den interessanteren Fragen erst mit der Ratssitzung Anfang März nach. In diesem Fall würden auch die Ankäufe erst später beginnen und nicht sofort, wie viele Marktteilnehmer hoffen.
2. In welchem Tempo kauft die EZB welches Volumen auf?
Die Marktauswirkungen einer quantitativen Lockerung (QE) werden um so größer sein, je kraftvoller die Zentralbank auftritt. EZB-Direktor Benoit Coeure hat es gesagt: Um Wirkung zu zeigen, muss QE groß ausfallen. Ökonomen meinen: Möglichst größer als die Erwartung der Finanzmarktteilnehmer. 500 bis 600 Milliarden scheinen da das Mindeste zu sein, zumal die Märkte schon viel eingepreist haben. Die zweite notwendige Zutat eines kraftvollen Auftritts ist die Zeitspanne, innerhalb derer die EZB das Zielvolumen ankauft - je kürzer desto besser. Würden die Käufe 20 Prozent der ausstehenden Eurozone-Staatsanleihen umfassen, käme man auf ein Volumen von rund 1,4 Billionen Euro oder in Ziffern: 1.400.000.000.000 Euro.
3. Was kauft die EZB?
Es ist klar, dass Staatsanleihen den größten Teil eines QE-Programms stellen müssen. Denn von anderen Papieren (Unternehmensanleihen, Anleihen überstaatlicher Institutionen) sind nicht genügend im Umlauf. Gleichwohl erwarten viele Beobachter, dass die EZB auch diese anderen Papiere in ihr Programm einbeziehen wird. Aus Sicht der Marktteilnehmer ist natürlich auch interessant, welche Laufzeiten die EZB kauft und Papiere welche Länder.
4. Wer kauft wessen Staatsanleihen und bei wem liegt die Haftung?
Da die EZB - im Gegensatz zur Federal Reserve mit den US-Treasurys - keine "zentrale" Eurozone-Staatsanleihe kaufen kann, muss sie sich mit den Anleihen der einzelnen Mitgliedsländer behelfen. Eine Möglichkeit wäre, dass die EZB Staatsanleihen nach ihrem Kapitalschlüssel kaufen lässt. Dann wären 27 Prozent der anzukaufenden Papiere Bundesanleihen.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat die Idee lanciert, dass die EZB anstatt sämtlicher Anleihen nur solche mit höchster Bonität kaufen könnte, um ihr Risiko zu minimieren. Dann müsste sie allerdings weitaus größere Mengen erwerben, um den gleichen Effekt an den Märkten zu erzielen.
Weidmanns zweiter Vorschlag ist ungleich brisanter: Die nationalen Zentralbanken kaufen nach EZB-Kapitalschlüssel, aber nur die Papiere des eigenen Souveräns und das nicht im Namen der EZB, sondern auf eigene Rechnung. Damit würde zumindest vorläufig eine Umverteilung fiskalischer Risiken über die EZB-Bilanz vermieden. Möglich ist auch eine Mischung aus beidem: Im Namen der EZB kaufen die Zentralbanken die höchstwertigen Papiere, im eigenen die weniger guten.
Eine weitere Möglichkeit: Die nationalen Zentralbanken erhalten einfach die Erlaubnis, bis zu 20 oder 25 Prozent der ausstehenden Staatsanleihen ihres jeweiligen Landes zu kaufen. Möglicherweise würde die Bundesbank dann weniger kaufen, was angesichts der schon sehr niedrigen Bundesanleiherenditen nahe läge.
Dass bei einem solchen Vorgehen der Eindruck einer Renationalisierung der Geldpolitik entstehen könnte, was den Grundgedanken einer einheitlichen Währung konterkariert, scheint den meisten Banken und ihren Volkswirten ein vertretbares Risiko zu sein.
5. Was kommt nach QE1?
Hoffentlich nichts. Würden die Zentralbanken tatsächlich 20 Prozent der ausstehenden Staatspapiere in ihren Besitz bringen dürfen, dann bräuchte die EZB bei wöchentlichen Ankäufen von 20 Milliarden Euro gut ein Jahr und vier Monate, um die angepeilten 1,4 Billionen Euro zu erreichen. In dieser Zeit - also bis etwa Sommer 2016 - sollte sich eine spürbare Besserung des Inflationsausblicks zeigen und kein QE2 nötig machen.
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