EZB: Geldpolitik weiterhin sehr wachstumsfreundlich
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat bei seiner Sitzung am 20. Oktober 2016 die Notwendigkeit gesehen, Entschlossenheit zu demonstrieren, seine Geldpolitik weiterhin sehr wachstumsfreundlich zu gestalten.
Wie aus dem Sitzungsprotokoll der Beratungen am 20. Oktober hervor geht, wollte der Rat über eine Änderung technischer Parameter des Anleihekaufprogramms jedoch nicht entscheiden, ohne ein genaueres Bild von den Inflationsperspektiven zu haben.
"Die Mitglieder teilten insgesamt die Einschätzung, dass es notwendig ist, sich zu einer Aufrechterhaltung des sehr substanziellen Akkommodationsgrads der Geldpolitik zu bekennen, der notwendig ist, um die Annäherung der Inflation an den Zielbereich von mittelfristig knapp 2 Prozent sicherzustellen", heißt es im Protokoll.
Im Ergebnis dieser Beratungen hatte der EZB-Rat sowohl Leitzinsen als auch Wertpapierankaufprogramm und Forward Guidance unverändert gelassen. Demnach wollte die EZB weiterhin so lange Wertpapiere ankaufen, bis die Inflation nachhaltig in Richtung knapp 2 Prozent steigt. Die Zinsen sollen über die Dauer der Ankäufe hinaus auf dem jetzigen Niveau bleiben oder sogar weiter sinken.
Mersch: EZB kann Geldpolitik und Kommunikation nur behutsam ändern EZB-Direktor Yves Mersch ist der Meinung, dass die EZB an dieser Aussage zunächst nichts ändern wird. Bei einer Konferenz in Frankfurt sagte er am Donnerstag, die EZB dürfe notwendige Änderungen an Politik und Kommunikation weder verschleppen noch überstürzten. "Die Fragilität der Erholung gebietet ein sehr behutsames Vorgehen", sagte er.
Allerdings wird der EZB-Rat laut Mersch bei seiner Dezember-Sitzung auch darüber diskutieren, wie er die Markteilnehmer auf einen behutsamen Ausstieg aus seiner ultralockeren Geldpolitik vorbereiten könnte.
EZB-Präsident Mario Draghi hatte nach der Ratssitzung mit Blick auf Erwartungen, dass die EZB ihr Ankaufprogramm im Dezember verlängern wird, gesagt: "Das haben wir nicht diskutiert." Auch eine schrittweise Verringerung der Ankäufe (Tapering) sei nicht diskutiert worden.
Großen Raum hatten in den Beratungen laut Draghi Diskussionen über die Frage eingenommen, was getan werden könnte, wenn es zu einer Verknappung von Wertpapieren in einigen Ländern kommen sollte. "Bisher ist das aber kein Problem", hatte der EZB-Präsident versichert.
Die zuständigen Arbeitsgruppen prüften derzeit auftragsgemäß Optionen, die sicherstellten, dass das Ankaufprogramm künftig reibungslos fortgeführt werden könnte. Diese Arbeitsgruppen hätten dem Rat darüber Bericht erstattet, und dort seien diese Optionen ebenfalls diskutiert worden.
EZB-Rat: QE-Parameter je nach geldpolitischer Dringlichkeit anpassen Aus dem Protokoll geht hervor, dass der EZB-Rat das Ausmaß möglicher Parameter-Änderungen, von der geldpolitischen Dringlichkeit abhängig machen wollte. Im Protokoll heißt es dazu: "Die Fragen, wie eine reibungslose Abwicklung des Ankaufprogramms bis März 2017 oder darüber hinaus sichergestellt werden und wie die sehr substanzielle geldpolitische Unterstützung aufrecht erhalten werden kann (...), wurden als zusammen hängend betrachtet."
Sorgen, dass Anleihen bestimmter Eurozone-Länder durch die EZB-Ankäufe knapp werden könnten, sind wegen des seit der US-Wahl zu beobachtenden Anstiegs der Anleiherenditen vorerst verflogen. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hatte zudem darauf hingewiesen, dass der seit sechs Monaten anhaltende Anstieg der Inflationsraten automatisch niedrigere Realzinsen bewirke.
EZB-Rat sah Aufwärtsrisiken für Inflation Der EZB-Rat nahm das verändere Inflationsumfeld gleichfalls zu Kenntnis. Im Protokoll werden Energiepreise und Wechselkursentwicklungen als "Aufwärtsrisiken für die Inflation" aufgeführt.
Besorgt äußerte sich das Gremium allerdings über die schwache Lohndynamik, die nicht mit den Beschäftigungszugewinnen mithalte. Das könnte die Kerninflation belasten.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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