Coronajahr 2020 fast vorüber - kommt die Jahresendrally?
Das Jahr 2020 stand ganz im Zeichen der globalen Corona-Pandemie und wird ohne Frage in die Geschichte eingehen. Viele Aufs und Abs haben das Jahr charakterisiert, doch die Fortschritte in der Entwicklung eines Impfstoffs haben die Anleger zuletzt wieder hoffen lassen. Geht es zum Jahresende am Aktienmarkt nochmal kräftig aufwärts?
Werte in diesem Artikel
• 2020 - Im Zeichen von Corona und der US-Präsidentschaftswahl
• Impfstoff-Hoffnungen treiben die Börse an
• Analysten Jahresendrally gegenüber mehrheitlich optimistisch gestimmt
2020 dürfte wohl auch in der Zukunft noch vielen Menschen sehr gut in Erinnerung bleiben. Fast ein Jahr ist nun vergangen, seit das Coronavirus erstmals in der chinesischen Handelsstadt Wuhan auftauchte und die ersten Menschen in der Volksrepublik infizierte. Viel ist seither passiert. Mittlerweile hat sich das Virus über die ganze Welt verbreitet und Regierungen weltweit zu einschneidenden Kontaktbeschränkungen und einem teilweisen Herunterfahren der Wirtschaft gezwungen. Auch wenn die erste Welle an Corona-Neuinfektionen im Frühling mithilfe von strengen Maßnahmen überstanden werden konnte, ist die zweite Welle, die im Herbst begann, noch in vollem Gange.
Auch an den Aktienmärkten hat die Corona-Pandemie deutliche Spuren hinterlassen. So kam es dort im März zu einem historischen Einbruch, bei dem innerhalb von nur wenigen Tagen Milliarden Euro an Börsenwert vernichtet wurden. Doch so rasant es an den Märkten zeitweise abwärts ging, so stetig war auch die Erholung, die darauf folgte. Dabei war die Entwicklung geprägt von großer Volatilität, die sich insbesondere an Meldungen zu Corona und einem möglichen Impfstoff orientierte.
Impfstoffhoffnungen treiben Börsen höher
Und hier gab es insbesondere in der zweiten Jahreshälfte einige Meldungen, die Hoffnungen auf eine Rückkehr zur Normalität schürten. So vermeldeten verschiedene Pharma-Unternehmen wie beispielsweise BioNTech / Pfizer, Moderna und AstraZeneca mittlerweile positive Studiendaten zu ihren jeweiligen Impfstoffkandidaten. Die Nachrichten wiederum ließen Anleger in Jubel ausbrechen und kräftig zugreifen. So vermeldeten einige Indizes, wie der US-Leitindex Dow Jones, anschließend neue Höchststände.
Neben Corona darf aber auch ein weiteres Thema nicht vergessen werden, das dieses Jahr in aller Munde war: die US-Präsidentschaftswahl. Das enge Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen US-Präsident Trump und Herausforderer Joe Biden hat ebenfalls seinen Teil zu den großen Schwankungen an den Aktienmärkten beigetragen, nicht zuletzt aufgrund der Ungewissheit, ob Trump im Falle einer Niederlage diese überhaupt anerkennen würde. Mittlerweile haben sich hier die Wogen jedoch geglättet. So gab sich der noch-Präsident Trump kürzlich geschlagen und machte den Weg für eine geregelte Amtsübergabe an den gewählten Präsidenten Biden frei. Ebenfalls eine Entwicklung, die zu großer Erleichterung an den Börsen führte und sie weiter nach oben trug.
Kommt die Jahresendrally?
Obgleich die Corona-Pandemie also noch nicht ausgestanden ist, ist davon an den Aktienmärkten zumindest, wenn es nach dem Punktestand der wichtigsten Indizes geht, nicht mehr viel zu merken. Doch verhält es sich mit der Entwicklung bis zum Jahresende? Kann es überhaupt noch weiter nach oben gehen, oder macht die Corona-Krise der Jahresendrally einmal mehr einen Strich durch die Rechnung?
Der Konsens der Analysten und Börsenkenner ist hier mehrheitlich positiv gestimmt. Mit gutem Grund, schaut man sich die Entwicklung im letzten Jahresviertel der letzten Jahrzehnte an. So habe laut Vermögensverwalter Markus C. Zschaber in rund 80 Prozent der Fälle das Jahresendquartal zwischen 1988 und 2018 eine positive Rendite erbracht, wie er in einer Kolumne nachrechnet. Dabei kann aber nicht pauschal von einem guten Jahresende an den Aktienmärkten ausgegangen werden, wie die nicht allzu ferne Vergangenheit nur zu deutlich zeigte. So waren die internationalen Börsen Ende Dezember 2018 wider Erwarten noch einmal richtig nach unten gekracht. Es kann also nicht per se von einer Rally ausgegangen werden, die Parameter müssen schon stimmen.
Einer der Jahresend-Bullen ist Fundstrat-Stratege Tom Lee. Seiner Einschätzung werde sich die Aufwärtsbewegung der letzten Wochen fortsetzen und in einer Rally bis Jahresende münden. Dementsprechend erhöhte er jüngst auch sein Jahresendziel für den marktbreiten US-Index S&P 500 auf 3.800 Punkten. In einem Bericht, der MarketsInsider vorliegt, führt der Experte gleich mehrere Gründe für seinen Optimismus an. So sei positiv zu werten, dass mit der "COVID-19-Impfung und Therapeutik das ‚Worst-Case-Szenario‘ vom Tisch ist". Daneben sei zu begrüßen, dass sich die Entscheidungsträger gegen einen erneuten Lockdown und lediglich für gezielte Kontaktbeschränkungen entschieden hätten, sodass die wirtschaftliche Erholung nicht zunichte gemacht werde. Für eine Rally spreche weiterhin die "massive explosive Wirtschaftserholung in China" sowie das in den USA anstehende neue Konjunkturpaket.
Auch laut Zschaber stehen die Zeichen für eine Weihnachtsrally nicht schlecht. Was jedoch für einen Dämpfer sorgen könnte, sei die derzeitige Lage von Mittelstand-Unternehmen. Viele davon seien durch die Corona-Krise hart getroffen worden und nur durch "Staatshilfen oder ausgesetzten Regelungen des Insolvenzrechts am Leben gehalten" worden. Das drückt natürlich auf die Stimmung und dürfte der Kaufkraft, die traditionell zum Weihnachtsgeschäft zunimmt, Abbruch tun. Auch altbekannte Unsicherheitsfaktoren wie der Brexit oder der US-chinesische Handelsstreit bleiben weiter bestehen, dennoch dürften die positiven Impfstoffmeldungen sowie die gesicherte friedliche Machtübergabe in den USA die Börsen noch etwas weiter nach oben tragen. Im neuen Jahr dürften es jedoch erneute Hilfen seitens der Zentralbanken und Regierungen sein, die für Kaufimpulse sorgen könnten.
Für Anton Riedl von der Wirtschaftswoche sprechen zwei Tatsachen dafür, dass sich für den deutschen Leitindex eine Jahresendrally abzeichnet. So habe der DAX zum einen in den letzten Wochen bereits massiv an Wert zugelegt und diese Gewinne auch halten können. Zum anderen sei hervorzuheben, dass auch die Einzelwerte des Börsenbarometers diese positive Entwicklung mitgetragen hätten. Somit sei der Leitindex gut aufgestellt, um auch künftige Unsicherheiten gut abzufangen. Er kann sich vorstellen, dass der DAX bis zum Jahresende bis auf 13.800 Punkte klettert.
Auch Miller Tabak-Chefstratege Matt Maley sieht für das Jahresende steigende Kurse voraus, wie er in einem Bericht an Kunden verlautete, der MarketWatch vorliegt. Er glaubt dies einerseits, weil in der Vergangenheit die Aktienmärkte in einem US-Wahljahr meist zum Jahresende noch einmal zugelegt hätten, zum anderen würde die US-Notenbank für kräftig Liquidität sorgen. Allerdings sollten Anleger hier, wenn sie an der Rally partizipieren wollen, innerhalb des Tech-Sektors etwas umschichten und die großen FAANG-Titel (Facebook, Apple, Amazon, Netflix, Google) in ihren Depots untergewichten. Hintergrund ist die starke Aufwärtsbewegung, die diese Aktien bereits - insbesondere im Lauf der US-Präsidentschaftswahl - hinter sich gebracht haben: "Es steht außer Frage, dass es eine starke Rally war, aber noch eine ganze Reihe anderer Tech-Stocks haben ebenfalls schöne Gewinne gesehen. Tatsächlich haben viele dieser ,anderen‘ Tech-Aktien neue Rekorde aufgestellt, während nur ein FAANG-Titel (Alphabet) das Gleiche geschafft hat".
Doch längst nicht alle Marktexperten sind dem Jahresende gegenüber so optimistisch eingestellt wie die oben genannten Strategen. So warnte Morgan Stanley-Analyst Mike Wilson erst vor Kurzem, dass dem S&P 500 noch eine letzte Korrektur vor Ablauf dieses Jahres bevorstehen könnte. Was den Börsenkenner zu dieser bärischen Einschätzung veranlasst? Zu viele Investoren seien aktuell bullish eingestellt, insbesondere was das Jahr 2021 angehe. Dagegen scheinen "Kursbewegungen erschöpfend und der Markt reif für eine weitere Korrektur". Daneben sei ein weiterer kurzfristiger Risikofaktor für den Aktienmarkt, dass US-Finanzminister Steven Mnuchin erst kürzlich entschied, einige milliardenschwere Corona-Hilfsprogramme gegen den Willen der US-Notenbank Fed auslaufen zu lassen. Gleichzeitig hatte der Minister die Fed angewiesen, 455 Milliarden US-Dollar an den Kongress zurückzugeben, die eigentlich zur Absicherung der schwächelnden Wirtschaft gedacht waren. Dieser Schritt würde Wilson zufolge einer Verknappung von Liquidität gleichkommen, wo diese derzeit am meisten gebraucht würde. Auf lange Sicht ist der Morgan Stanley-Experte jedoch ebenfalls bullish eingestellt und sieht den S&P 500 bis Ende 2021 bei 3.900 Punkten.
Redaktion finanzen.net
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