Führungsspitze im Blick

EVOTEC-Aktie -32 Prozent nach vorsichtigem Ausblick: Neuer Chef gefunden - Verlust eingedämmt

24.04.24 17:53 Uhr

EVOTEC-Aktie bricht dramatisch ein: EVOTEC reduziert Verlust und findet neuen Chef | finanzen.net

Nach dem überraschenden Abgang des EVOTEC-Chefs Werner Lanthaler hat das Unternehmen eine dauerhafte Lösung für die Führungsspitze gefunden.

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Christian Wojczewski werde zum 1. Juli die Position des Vorstandsvorsitzenden von Mario Polywka übernehmen, teilte das Unternehmen am Dienstagabend mit. Dieser hatte das Amt nach dem Abgang von Lanthaler am 3. Januar übergangsweise übernommen.

Der Neue an der Spitze ist der Mitteilung zufolge studierter Chemiker mit über 20 Jahren Erfahrung in unterschiedlichen Führungspositionen, zuletzt als Chef von Mediq und bei Linde Healthcare. Mit ihm gewinne EVOTEC einen erfahrenen Vorstandsvorsitzenden aus der Healthcare-Branche mit außerordentlichen Erfolgen in der Transformation von Unternehmen. Die Wahl sei einstimmig erfolgt und das Ergebnis eines im Januar 2024 begonnen umfassenden Auswahlverfahrens.

EVOTEC mit weniger Verlust - Ausrichtung auf profitables Wachstum

Hohe Kosten haben EVOTEC im vergangenen Jahr bei einem steigenden Umsatz erneut rote Zahlen beschert. Das Unternehmen kündigte an, sich künftig stärker auf profitables Wachstum auszurichten. Dabei seien auch Anpassungen in der Größe und den Standorten geplant. Diese sollen sich künftig mit mehr als 40 Millionen Euro jährlich positiv auf das operative Ergebnis (Ebitda) auswirken. 2024 sollen der Umsatz und das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) im zweistelligen Prozentbereich zulegen, teilte der Konzern am Dienstag anlässlich der Vorlage seiner Geschäftszahlen für 2023 mit. Dabei wollen die Hanseaten ihre Ausgaben für hauseigene Forschungs- und Entwicklungsprojekte kappen. Diese sollen in diesem Jahr im mittleren einstelligen bis niedrigen zweistelligen Prozentbereich sinken.

EVOTEC sprach in seiner Mitteilung zur Wochenmitte von einem "herausfordernden Umfeld" und einer "sich verändernden Marktnachfrage". Hierauf wolle der Konzern durch die Optimierung seiner Geschäfte reagieren. Auch die bisherige Berichtsstruktur wird dazu gestrafft und überarbeitet: Künftig will EVOTEC seine Zahlen getrennt nach der US-Tochter Just EVOTEC Biologics und dem Segment "Shared R&D" ausweisen, das die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten mit Partnern umfasst.

Im vergangenen Jahr hatte EVOTEC mit den gravierenden Folgen eines Hackerangriffs zu kämpfen und musste im Sommer seine Jahresziele kappen. Der Umsatz stieg 2023 auf 781 Millionen Euro von 751 Millionen im Vorjahr. das um Einmaleffekte der Cyberattacke bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) sank jedoch auf 66,4 Millionen Euro nach 101,7 Millionen Euro im Vorjahr. Damit fiel das Ergebnis noch schlechter aus als von Analysten befürchtet. Im Zusammenhang mit der Erholung von der Cyberattacke fielen Einmaleffekte von 15,9 Millionen Euro an. Unter dem Strich lag der Verlust bei 84 Millionen Euro nach einem Fehlbetrag von 176 Millionen im Vorjahreszeitraum.

Im laufenden Jahr rechnet EVOTEC mit einem Wachstum des Umsatzes und des EBITDA im zweistelligen Prozentbereich. Eine konkrete Prognose soll mit dem neuen CEO entwickelt werden. Eine aktualisierte Prognose - auch für den mittelfristigen Planungshorizont - soll es mit den Halbjahreszahlen 2024 geben. "Unser zentrales Ziel für 2024 ist es, unsere starke Bilanz zu schützen und das Unternehmen wieder auf profitables Wachstum auszurichten", sagte Interims-CEO Mario Polywka.

EVOTEC hat am Vorabend mit Christian Wojczewski einen neuen CEO präsentiert, der sein Amt am 1. Juli antritt.

Der Wechsel an der Unternehmensspitze war nötig geworden, nachdem der langjährige Konzernlenker Lanthaler Anfang 2024 überraschend das Handtuch geworfen hatte. Das hatte am Markt panikartige Aktienverkäufe ausgelöst, von denen sich das Papier bislang nicht erholt hat. Seit Jahresbeginn beläuft sich der Kursverlust inzwischen auf mehr als 40 Prozent.

Lanthaler hatte offiziell seinen Schritt mit einem "extrem herausfordernden und sowohl körperlich als auch insgesamt erschöpfenden Jahr 2023" erklärt, doch am Markt wurden bald auch andere Gründe vermutet. So hatte der Manager Aktiengeschäfte aus den Jahren 2021 und 2022 erst mit erheblicher zeitlicher Verspätung nachgemeldet, was Presseberichten zufolge auch die Finanzmarktaufsicht Bafin wegen eines möglichen Verstoßes gegen Meldepflichten auf den Plan rief. Zudem waren einige der millionenschweren Geschäfte den Daten zufolge rund um wichtige Unternehmenstermine getätigt worden, was am Markt zu Spekulationen über möglichen Insiderhandel führte.

Ein Bafin-Sprecher wollte sich auf Anfrage von dpa-AFX am Dienstag nicht zu etwaigen Untersuchungen äußern, er verwies in diesem Zusammenhang auf Verschwiegenheitspflichten der Behörde. Auch ein EVOTEC-Sprecher lehnte einen Kommentar ab.

EVOTEC-Aktie mit Kursrutsch - Ausblick enttäuscht

Herbe Enttäuschung über den Geschäftsausblick: Der Aktienkurs des Biotech-Unternehmens EVOTEC ist am Mittwoch zeitweise um rund ein Drittel eingebrochen. Die Aktien fielen auf den tiefsten Stand seit 2017. Letztendlich belief sich das Minus bei einem Kurs von 9,64 Euro noch auf 32,02 Prozent.

Der für 2023 ausgewiesene Gewinn des Wirkstoffforschers enttäuschte, der Ausblick auf 2024 sorgte für Ernüchterung. EVOTEC hatte in der jüngeren Vergangenheit unter anderem mit hohen Kosten durch den Ausbau seiner Produktion zu kämpfen. Im Frühjahr 2023 sorgte dann noch ein Hackerangriff für Blessuren.

Der Ausblick des Pharmawirkstoffforschers sei deutlich vorsichtiger geworden, kommentierte Experte Charles Weston von der kanadischen Bank RBC. Umsatz und operatives Ergebnis dürften deutlich unter den Markterwartungen landen. Zudem stehe hinter dem mittelfristigen Ausblick ein Fragezeichen.

Der neue Vorstandschef Christian Wojczewski sei ein positiver Aspekt, aber die Unsicherheit mit Blick auf die Gewinnentwicklung in den Jahren 2024 und 2025 überschatte dies, gab sich auch Analyst Benjamin Jackson vom Investmenthaus Jefferies zurückhaltend. Die Marktschätzungen seien bislang deutlich zu optimistisch gewesen.

Der langjährige Chef Werner Lanthaler hatte Anfang 2024 überraschend seinen Hut genommen. Dem nach einem Kurseinbruch 2022 im Jahr 2023 etwas erholten Aktienkurs hatte das einen weiteren Schlag versetzt. Inklusive der Verluste am Mittwoch summiert sich das Minus allein 2024 auf mehr als 50 Prozent.

Christian Wojczewski soll den Konzern wieder in ruhigeres Fahrwasser führen. Die Bestellung des Managers, der zuletzt Chef bei Mediq und Linde Healthcare war, zum EVOTEC-Chef hatte das Unternehmen erst am Dienstagabend verkündet. Der studierte Chemiker tritt den Job am 1. Juli an.

HAMBURG/FRANKFURT (dpa-AFX/Dow Jones)

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Bildquellen: REMY GABALDA/AFP/Getty Images

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