Zalando: Modenschau im Internet

von Florian Westermann, Euro am Sonntag

Schrei vor Glück! Oder schick’s zurück - mit diesem Slogan rollte der Internet-Modehändler Zalando im Jahr 2010 den deutschen Markt auf. Obwohl die Berliner längst weniger aggressiv werben, ist das alte Motto beim Klick auf den Bestell­knopf noch immer im Hinterkopf vorhanden.

Einen Glücksschrei stießen jüngst auch die Aktionäre des MDAX-Konzerns aus. Nach überraschend starken Geschäftszahlen schoss die Aktie aus dem Stand um über 20 Prozent in die Höhe. Trotz des enormen Konkurrenzdrucks etwa durch den amerikanischen Internetriesen Amazon steigerte Zalando den bereinigten Betriebsgewinn nach vorläufigen Zahlen im zweiten Quartal auf 68 bis 88 Millionen Euro. Analysten hatten im Schnitt lediglich mit knapp 50 Millionen Euro gerechnet, nachdem im Vorjahreszeitraum 30 Millionen Euro erzielt wurden. Die Erlöse stiegen um rund ein Viertel auf bis zu 924 Millionen Euro. "Wir haben unser ehrgeiziges Wachstumsziel erreicht und unsere Profitabilität erheblich gesteigert", kommentierte der für die Finanzen zuständige Vorstand Rubin Ritter die Ergebnisse. Trotz anhaltender Investitionen in das künftige Wachstum habe der Konzern die Kosten besser in den Griff bekommen.

Nach der starken Entwicklung im zweiten Quartal hoben die drei Zalando-Chefs Ritter, Robert Gentz und David Schneider die Prognose für das Gesamtjahr an. Die bereinigte operative Gewinnmarge soll demnach 4,0 bis 5,5 Prozent betragen - das ist ein Prozentpunkt mehr als bisher in Aussicht gestellt. Die Erlöse sollen unverändert um bis zu 25 Prozent steigen.

Für die Zalando-Aktie waren die Zahlen ein wichtiger Befreiungsschlag. Die Angst der Investoren vor dem übermächtig erscheinenden und auf Angriff gepolten Konkurrenten Amazon, der mit aller Macht in das schnell wachsende Modegeschäft drängt, lastet seit Monaten auf dem Aktienkurs. Amazon verfügt quasi über unbegrenzte finanzielle Mittel und will dem europäischen Marktführer im Modesegment das Geschäft streitig machen.

Angesichts der hohen Wachstumsraten ist der Vorstoß von Amazon-Chef Jeff Bezos verständlich. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland Schuhe und Klamotten im Wert von über zwölf Milliarden Euro über das Internet ­verkauft. Im Jahr 2020 sollen es ­bereits knapp 20 Milliarden Euro sein, prognostizieren Marktforscher.

Um Zalando vom Thron zu stoßen, stampft Bezos neue Logistikzentren für einen schnelleren Versand aus dem Boden und heuert in Europa Tausende neue Mitarbeiter an - viele davon im Bereich Fashion. Ritter, Gentz und Schneider greifen ihrerseits den unliebsamen US-Mitbewerber an. In den kommenden Jahren wollen die drei Jungmanager weitere Logistikstandorte eröffnen und mit Kooperationen mit Ladengeschäften auch in die Innenstädte drängen.

Sollte Zalando seine Stellung erfolgreich behaupten, könnte Bezos aber auch andere Kaliber auffahren. Der US-Schuhversender Zappos, den die Zalando-Gründer einst kopierten, wurde bereits 2009 für eine knappe Milliarde Dollar von Amazon geschluckt.