Bilanzgewinne: Auf große Nummern setzen
Sie sind wichtige Kurstreiber für Aktien. €uro am Sonntag hat analysiert, bei welchen deutschen Unternehmen Analysten für 2016 und 2017 besonders kräftige Gewinnsprünge erwarten.
Werte in diesem Artikel
von Sven Parplies, Euro am Sonntag
Da wird man schon ein bisschen neidisch: 76,8 Millionen hat ein Lottospieler aus dem Rheinland über die Osterfeiertage gewonnen. Doch die Chance auf einen Hauptgewinn ist mikroskopisch klein. Beim Eurojackpot liegt sie bei 1 : 95 Millionen, beim deutschen Lotto bei 1 : 140 Millionen. Sicher auf der Gewinnerseite steht der Veranstalter, da er einen Teil der Einsätze behält und Gebühren berechnet. Das macht Lotterieveranstalter zu lukrativen Investments.
Zeal Network, früher unter dem Namen Tipp24 notiert, bietet mit einer britischen Lizenz Glücksspiele an. Das deutsche Lotto gibt es bei Zeal als Spiegellotterie. Die Gewinnzahlen entsprechen denen der Originalziehung. Zeal aber ist für seine Kunden nicht Tippschein-Vermittler, sondern Veranstalter.
Dadurch behält die Firma den Spieleinsatz in der eigenen Kasse, muss aber auch Gewinne auszahlen. Im vergangenen Jahr drückte eine Jackpotausschüttung von 15 Millionen Euro das Ergebnis. Hinzu kam eine Abschreibung von 19 Millionen Euro auf den Wert einer Tochtergesellschaft. Das alles verringerte den Jahresgewinn von 63 auf 16 Cent je Aktie. Die Probleme dürften das operative Geschäft aber nicht belasten. Laut Datenbank der Redaktion erwarten Analysten bei Zeal für das laufende Jahr einen Gewinnanstieg auf 3,24 Euro je Aktie, für 2017 auf 3,82 Euro. Zeal ist damit unter den in Deutschland an der Börse notierten Firmen einer der Werte, denen Analysten besonders deutliche Gewinnsprünge zutrauen.
Auf Jackpot-Suche
Gewinnprognosen müssen natürlich mit Vorsicht betrachtet werden. Im Fall von Zeal ist die Basis durch die Sonderbelastungen des vergangenen Jahres extrem niedrig. Zudem sind Gewinnschätzungen oft bereits in den Aktienkursen verarbeitet. Die Gewinnentwicklung eines Unternehmens aber ist langfristig der wichtigste Kurstreiber einer Aktie. Darum ist es sinnvoll, Firmen mit extremen Prognosen genauer unter die Lupe zu nehmen. Konkret hat sich die Redaktion jeweils die stärksten Wachstumswerte aus den vier wichtigsten deutschen Aktienindizes - DAX, MDAX, SDAX und TecDAX - herausgesucht. Basis sind die Gewinnschätzungen der Analysten für die Jahre 2016 und 2017.Bei Zeal fällt die moderate Bewertung der Aktie auf. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2017 ist deutlich niedriger als der für jenes Jahr erwartete Gewinnanstieg. Zudem ist da noch die Dividendenrendite von mehr als sechs Prozent. Die Zeal-Aktie ist deshalb im offensiven Musterdepot von €uro am Sonntag vertreten.
Den größten Gewinnsprung im DAX erwarten Analysten bei Thyssenkrupp. Der Stahlkonzern hat eine schwere Zeit hinter sich. Aggressive Konkurrenz aus China und niedrige Weltmarktpreise belasten die Branche. Das Management stellt den Industrietitanen aus dem Ruhrgebiet breiter auf. Lukrative Nischen, etwa die Herstellung und Wartung von Fahrstühlen, verdrängen zunehmend das klassische Stahlgeschäft. Dadurch ist es gelungen, Thyssenkrupp in die Gewinnzone zurückzuführen. Das Risiko aber bleibt hoch. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres rutschte der Konzern zurück in die roten Zahlen. Die Aktie dürfte weiter stark schwanken.
Die Deutsche Post ist der zweite Kandidat für einen kräftigen Gewinnsprung im DAX. Auch bei dem Logistikkonzern liegt die Hürde niedrig. Im vergangenen Jahr sind hohe Kosten durch die unerwartet holprige Modernisierung der IT-Systeme angefallen. Jetzt soll der Logistikriese eine deutliche Gewinnsteigerung liefern. Hoffnung machen der boomende Internethandel, von dem die Post als der in Deutschland führende Paketzusteller profitiert. Auch international ist der Konzern gut positioniert, vor allem im Expressgeschäft. Im laufenden Jahr dürfte die Deutsche Post also mit einem kräftigen Sprung das "Übergangsjahr 2015" vergessen machen.
Zwei komplett unterschiedliche Fälle finden sich unter den Top-Gewinnsteigerern MDAX. Das operative Geschäft beim Mannheimer Zuckerproduzenten Südzucker hängt stark von Ernteverlauf und staatlicher Regulierung ab. Das Bankhaus Lampe kalkuliert, dass ungünstige Wetterverhältnisse in den wichtigen Produktionsländern Brasilien und Indien die Marktpreise nach oben treiben. Damit dürfte sich der Gewinn von Südzucker nach dem Tiefpunkt des Geschäftsjahres 2014/15 weiter erholen.
Die Kölner Werbefirma Ströer ist vor allem durch Werbewände und Videobildschirme an Bahnhöfen und Bushaltestellen bekannt. Wichtigster Wachstumstreiber ist inzwischen aber das Werbegeschäft im Internet. Der Umsatz der Digitalsparte stieg im vergangenen Jahr um fast 50 Prozent. Analysten trauen dem Unternehmen deutliche Gewinnsteigerungen zu. Das Werbegeschäft ist jedoch stark von der jeweiligen Wirtschaftslage abhängig.
Rasant und riskant
Unter den Technologiewerten befinden sich traditionell viele Unternehmen, bei denen Analysten starkes Wachstum erwarten. Der permanente Innovationsdruck der Branche birgt aber auch Gefahren. So dämpfte in dieser Woche der auf die Chipbranche spezialisierte Anlagenbauer Süss Microtec mit einem vorsichtigen Geschäftsausblick die Hoffnung auf kräftige Gewinnsteigerungen. Die Konsensschätzungen der Analysten sind derzeit noch verlockend, könnten in den kommenden Tagen aber sinken.Wie bei Süss hat auch die Aktie von SMA Solar eine bewegte Vergangenheit. Nach zwei Jahren mit Verlusten in der Bilanz scheint die Trendwende jetzt zu gelingen. Analysten erwarten, dass sich der Gewinn der auf die Herstellung von Wechselrichtern für Solaranlagen spezialisierten Firma bis zum Jahr 2007 nahezu vervierfacht.
Durch eine stetige Gewinnentwicklung fällt der Automobilzulieferer Stabilus aus dem SDAX auf. Die Firma aus Koblenz ist vor allem für ein Produkt bekannt: Powerise. Dahinter verbirgt sich ein elektromechanischer Antrieb, der in Heckklappen von Autos eingebaut wird und es dem Besitzer ermöglicht, den Kofferraum automatisch zu öffnen.
Nachdem die Technologie zunächst nur in teureren Modellen eingebaut wurde, bestücken die Autohersteller zunehmend auch Mittelklassemodelle. Mit zunehmenden Stückzahlen kann Stabilus die Kosten drücken und die Marge verbessern. Das erklärt die guten Gewinnaussichten und macht Stabilus neben Zeal zu einem der Top-Wachstumswerte im SDAX. Das Gewinnpotenzial ist zwar nicht so hoch wie beim Lotto - die Wahrscheinlichkeit, mit Wachstumswerten wie Stabilus Geld zu verdienen, ist aber deutlich größer als bei einem Sechser auf dem Tippzettel.
Die größten Gewinnsprünge von 160 deutschen Aktien (pdf)
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19.11.2024 | thyssenkrupp Neutral | JP Morgan Chase & Co. | |
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