Siemens: Neuer Schwung im Energiegeschäft

von Stephan Bauer, Euro am Sonntag

Auf der Industriemesse in Hannover hatte Joe Kaeser vor Kurzem einen Golfschläger an Barack Obama überreicht. Eingraviert darauf der berühmte Wahlslogan des US-Präsidenten: "Yes, we can". Bei der Quartalsvorlage zeigte der Siemens-Chef, dass auch er es kann: Mit einem Sprung um 28 Prozent beim operativen Gewinn auf 2,1 Milliarden Euro schlug der DAX- Konzern die Erwartungen.

Die Konzentration auf das Kerngeschäft zahlt sich aus. Siemens profitiert von Großaufträgen im Bereich Energietechnik. Nach Ägypten liefern die Bayern Turbinen und Stromnetze, hier wurden im Quartal 3,1 Milliarden Euro verbucht. Eine Order über 1,2 Milliarden Euro für einen Offshore-Windpark in Schottland half mit, den Auftragseingang um sieben Prozent auf 22,3 Milliarden Euro zu heben. Der Umsatz kletterte um fünf Prozent auf 19 Milliarden Euro.

Siemens wächst also wieder. Gegenüber der Konkurrenz machen die Münchner Boden gut. "Bei Turbinen gewinnen wir eklatant Marktanteile", sagt Kaeser nicht ohne Stolz. Derzeit ist es eher der US-Rivale GE, der Probleme hat.

Inzwischen scheint das Unternehmen auch in der Lage, Groß­projekte ohne größere Pannen umzusetzen. Vor nicht allzu langer Zeit verhagelten regelmäßig Milliardenabschreibungen das Ergebnis - unvergessen etwa das Desaster mit Stromanbindungsplattformen in der Nordsee. Die professionelle Abwicklung hilft: Rechnet man die Verkaufserlöse aus dem Vorjahreszeitraum etwa für die Hörgerätesparte heraus, so stieg das Netto­ergebnis gegenüber dem Vorjahr spürbar auf 1,5 Milliarden Euro.

Kaeser und sein Finanzchef Ralf Thomas haben den Konzern operativ besser im Griff. Dennoch läuft längst nicht alles wie geschmiert. Die Nachfrage industrieller Kunden in China schwächelt, deshalb kommen die kurzzyklischen Geschäfte wie die Industrieautomatisierung nicht in Schwung. Umsatz und Auftragseingang der wichtigen Sparte "Digitale Fabrik" etwa stagnierten im jüngsten Quartal. Hier sieht der Konzernchef auch in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres keine durchgreifende Besserung.

Die Energietechnik steht unter Dampf, die Industriesparten noch nicht - und die Medizintechnik liefert zuverlässig gute Zahlen. Der Bereich trägt mit seiner Konjunkturunabhängigkeit einen guten Teil dazu bei, dass Kaeser die Jahresprognose bestätigen kann - trotz seiner Annahme, dass sich das weltwirtschaftliche Umfeld im zweiten Halbjahr des Geschäftsjahres weiter eintrüben wird.

Moderates Wachstum

Noch im November hatte der Chef eine wirtschaftliche Aufhellung als Voraussetzung für die Jahresziele genannt: Siemens will im Geschäftsjahr bis Ende September währungsbereinigt ein moderates Umsatzwachstum schaffen. Die industrielle Marge soll im Gesamtjahr zwischen zehn und elf Prozent liegen. Im jüngsten Quartal lag sie bei 10,9 Prozent - bereinigt um Zuschreibungen auf Altaufträge aus dem Iran, die nach Ende der Wirtschaftssanktionen wiederbelebt wurden, bei 10,3 Prozent. Kaeser geht zudem davon aus, einen Nettogewinn von mindestens 5,3 Milliarden Euro zu erreichen.