Euro am Sonntag

Ölpreis-Profiteure: Welche Aktien man jetzt haben muss

23.02.16 15:00 Uhr

Ölpreis-Profiteure: Welche Aktien man jetzt haben muss | finanzen.net

Treibstoff ist extrem billig. ­Airlines und Reedereien sparen dadurch viel Geld. Einige aber haben sich bei Preisabsicherungen verzockt und machen jetzt womöglich den nächsten Fehler.

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von Sven Parplies, Euro am Sonntag

Es ist die vermutlich größte Spritrechnung Deutschlands: 5,7 Milliarden Euro hat die Lufthansa nach eigener Hochrechnung im vergangenen Jahr für Kerosin ausgegeben. Das ist leicht zu erklären: Rund eine Million Mal im Jahr starten Schluckspechte mit dem Kranich-Logo der Lufthansa in den Himmel. Nur das Personal ist für den DAX-Konzern ein noch größerer Etatposten.



Ähnlich sieht es bei der internationalen Konkurrenz der Lufthansa aus. Flugbenzin macht laut Berechnung des Branchenverbands IATA 27 Prozent der operativen Kosten der Fluggesellschaften aus. Entsprechend groß ist jetzt die Freude über den Ölpreis-Crash: Der Rohstoff ist innerhalb von anderthalb Jahren um mehr als zwei Drittel gefallen und hat die Notierungen für Flugbenzin mit nach unten gezogen. Nach Hochrechnung der IATA werden die Airlines innerhalb von zwei Jahren über niedrigere Spritpreise 91 Milliarden Dollar sparen. Das zeigt sich schon jetzt deutlich in den Bilanzen der Konzerne: Im vergangenen Jahr haben die Fluggesellschaften laut Branchenverband 33 Milliarden Dollar Gewinn erwirtschaftet - so viel wie noch nie in diesem Jahrhundert.

Gefährliche Sicherheit

Die meisten Airlines könnten mit dem Rückenwind der Rohstoffmärkte sogar noch mehr Geld verdienen. Viele aber haben sich langfristig gegen Kursschwankungen der Treibstoffpreise abgesichert. Dadurch wirkt der Öl-Crash erst mit zeitlicher Verzögerung. Die Lufthansa beispielsweise sichert grundsätzlich bis zu 85 Prozent ihres Bedarfs für einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten ab. Das macht durchaus Sinn, da Fluggesellschaften selbst in guten Zeiten nur niedrige Margen einfliegen. Ohne Absicherung könnten sie bei steigenden Ölpreisen leicht in die Verlustzone abdriften. Die Sehnsucht nach Sicherheit aber kann teuer werden. Erst ab Ölpreisen von knapp 80 Dollar je Barrel aufwärts macht die Lufthansa aktuell aus ihren Sicherungsgeschäften Gewinn. Derzeit muss der Konzern für diese Deals draufzahlen, in den ersten neun Monaten 2015 ganze 679 Millionen Euro. Dennoch sank die Spritrechnung der Lufthansa im Vergleich zum Vorjahreszeitraum insgesamt um 13 Prozent.

Jede Airline setzt unterschiedlich stark auf Absicherungen. Generell schlagen Spritkosten bei Billigfliegern stärker durch, weil Personal- und Verwaltungskosten dort niedriger sind als bei bürokratisch aufgeblähten Konzernen wie Lufthansa und Air France. Die einzelnen Billigflieger gehen sehr un­terschiedlich mit dem Problem um: Ryanair hat laut Daten des Finanzdienstes Bloomberg 95 Prozent seiner Kerosinkosten für das erste Quartal 2016 vorzeitig festgezurrt, Easyjet 87 Prozent - Norwegian Air Shuttle dagegen nur 15 Prozent.


Für die Risikobereitschaft seines Managements belohnt wird American Airlines: Die weltgrößte Fluggesellschaft verzichtet bereits seit dem Jahr 2014 auf Sicherungsgeschäfte und kann jetzt uneingeschränkt von dem billigen Kerosin profitieren. Andere ziehen nach. Delta Air Lines hat seine Quote auf fünf Prozent reduziert, United auf 17 Prozent. Sollte der Ölpreis tatsächlich, wie von einigen Experten vorausgesagt, in Richtung 20 Dollar fallen, würden die großen US-Airlines also Kosten vermeiden. Dreht der Ölpreis jedoch nach oben, fehlt die Kostenbremse. Entsprechend aufmerksam dürfte die Luft­fahrt­industrie die Krisengespräche der Ölförderstaaten verfolgen.

Ähnlich stark wie bei den Airlines hängt der wirtschaftliche Erfolg der Kreuzfahrtgesellschaften am Ölpreis. Die stählernen Luxusliner müssen zwar nicht in den Himmel hinauf, verschlingen auf ihren Reisen über die Meere dennoch enorme Mengen Schweröl. Eines der Flaggschiffe der amerikanischen Reederei Royal Caribbean, die "Allure of the Seas", wiegt beispielsweise bei einer Länge von 362 Metern gut 100.000 Tonnen. Der Koloss ist damit in etwa 175 Mal so schwer wie ein startbereiter Riesenjet vom Typ Airbus A 380.


Unterm Strich ist der Spritpreishebel der Reedereien nicht ganz so groß wie bei den Fluggesellschaften: Bei Royal Caribbean und Carnival, die zusammen rund 70 Prozent der Passagiere der Kreuzfahrtindustrie auf sich vereinen, machte Treibstoff im vergangenen Jahr 15 Prozent der operativen Kosten aus. Auch das reicht, um spürbar von den niedrigen Treibstoffpreisen zu profitieren. Carnival drückte seine Spritrechnung in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2015 um fast 600 Millionen Dollar - und hebelte damit den operativen Konzerngewinn um 37 Prozent.

Den Aktien der Fluggesellschaften und Reedereien hat der Ölpreis-Crash Auftrieb gegeben. Seit November allerdings hat sich der Wind gedreht: Die Kurse reagieren nicht mehr auf sinkende Rohstoffpreise, sondern fallen mit dem Aktienmarkt. Mögliche Erklärung: Die Börsianer ­gehen davon aus, dass der Ölpreis seinen Boden erreicht hat und der Kostenvorteil angemessen in den Kursen verarbeitet ist. Hinzu kommt die Angst vor einer globalen Rezession: Sollte sich die Lage der Weltwirtschaft verschlechtern, würden weniger Menschen Tickets für Flugreisen und Kreuzfahrturlaube buchen. Der aktuell niedrige Ölpreis wäre demnach eine Warnung, dass die Weltwirtschaft an Flughöhe verliert.

Entspannte Lage in den USA

Langfristig die besten Chancen für Aktionäre versprechen - unabhängig von den Ausschlägen des Ölpreises -jene Unternehmen mit dem besten Geschäftsmodell. In Europa sind das die Billigflieger Ryanair und Easyjet. Diese werden Kostenvorteile durch den niedrigen Ölpreise nutzen, um über günstige Tickets den Druck auf ehemalige Staats-Airlines wie Lufthansa und Air France zu erhöhen, bei denen Reformversuche regelmäßig von streikfreudigen Gewerkschaften blockiert werden.

Entspannter ist der Wettbewerb in den USA. Nach einer Serie von Fusionen kämpfen dort weniger Anbieter um die Kunden. Das verhindert harte Preiskämpfe, die in früheren Jahrzehnten ­ etliche amerikanische Airlines in den Ruin getrieben haben. Die Investmentbank JP Morgan hat zwei Favoriten auf dem US-Markt: Die offensive Variante ist Delta Air Lines. Dort erwarten Analysten für 2016 unter anderem durch Ölpreiseffekte einen Gewinnsprung um fast 50 Prozent. Relativ defensiv ist das Geschäftsmodell des Billigfliegers Southwest, der sich mit niedrigen Kosten und aggressiver Preispolitik in Krisenzeiten besser behaupten sollte als die Konkurrenz. Neben den US-Airlines spüren auch die Passagiere die entspannte Lage: American und United bieten ­ihnen nach Jahren der Enthaltsamkeit inzwischen wieder kostenlose Snacks an.

Investor-Info

Ryanair
Europas beste Airline

Europas größter Billigflieger ist der Liebling der Börse. Schlanke Strukturen und hartes Kostenmanagement geben Konzernchef ­Michael O’Leary die Möglichkeit, mit billigen Ticketpreisen die Konkurrenz unter Druck zu setzen. Im vergangenen Quartal verdoppelte Ryanair den Gewinn. Analysten erwarten für die beiden kommenden Geschäftsjahre Gewinnsteigerungen von 22 beziehungsweise 18 Prozent. Die jüngste Kursschwäche der Aktie bietet eine Kaufgelegenheit.

Lufthansa
Zu viele Probleme

Auf dem Papier ist die Aktie der deutschen Airline mit einem klar einstelligen Kurs-­Gewinn-Verhältnis (KGV) sehr günstig. Das Problem: Die Lufthansa ist chronisch unzuverlässig. Allein seit dem Jahr 2009 ist die ­Dividende drei Mal ausgefallen. Komplexe Strukturen, hohe Kosten und streikfreudige Piloten bleiben Risikofaktoren. Die Aktie eignet sich deshalb nur für kurzfristige Spekulationen, nicht als Langfristinvestment. Die Präsentation ihrer Jahresergebnisse für 2015 hat die Lufthansa für den 17. März angekündigt.

Royal Caribbean
Starker Dollar bremst

Die Angst vor einer Wirtschaftskrise, aber auch schlechtere Geschäftszahlen haben die Aktie des Kreuzfahrtschiffbetreibers unter Druck gesetzt. Probleme bereitet Royal ­Caribbean vor allem der starke Dollar. Angesichts der wachsenden Beliebtheit von Kreuzfahrten bleiben die Rahmenbedingungen aber gut. Analysten erwarten für die Jahre 2016 und 2017 Gewinnsteigerungen von 26 respektive 16 Prozent. Gemessen daran ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis niedrig.

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Bildquellen: cherezoff / Shutterstock.com, Visual3Dfocus / Shutterstock.com

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16.12.2024Lufthansa Market-PerformBernstein Research
16.12.2024Lufthansa HoldJefferies & Company Inc.
11.12.2024Lufthansa HaltenDZ BANK
11.12.2024Lufthansa Market-PerformBernstein Research
11.12.2024Lufthansa UnderweightJP Morgan Chase & Co.
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29.10.2024Lufthansa BuyUBS AG
29.10.2024Lufthansa OverweightBarclays Capital
07.10.2024Lufthansa BuyUBS AG
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16.12.2024Lufthansa Market-PerformBernstein Research
16.12.2024Lufthansa HoldJefferies & Company Inc.
11.12.2024Lufthansa HaltenDZ BANK
11.12.2024Lufthansa Market-PerformBernstein Research
11.12.2024Lufthansa NeutralGoldman Sachs Group Inc.
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