Nestlé: Fitnesstrainer für die Schweizer
Ulf Schneider wird Chef des Ernährungsriesen Nestlé. Der 50-jährige Manager macht damit einen Karrieresprung. Auch die Aktionäre des Traditionskonzerns zählen zu den Gewinnern.
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von Stephan Bauer, Euro am Sonntag
Für Ulf Schneider ist es ein Riesensprung: Ab 2017 soll der bisherige Chef des Gesundheitskonzerns Fresenius ein weitaus größeres Unternehmen lenken: Nestlé, den weltgrößten Nahrungsmittelkonzern aus der Schweiz mit dreimal so viel Umsatz. Die Nachricht vom Wechsel kam vor wenigen Tagen völlig überraschend. Schneider hat seine Tätigkeit für Fresenius bereits Ende Juni beendet.
Für die Fresenius-Aktionäre war das ein kleiner Schock, die Aktie geriet kurzfristig unter Druck. Verständlich, schließlich hat Schneider den Börsenwert seit seinem Amtsantritt 2003 mehr als verzehnfacht. Anleger freuten sich in 13 Jahren im Schnitt über eine Rendite von über 20 Prozent pro Jahr - der DAX schaffte nicht mal die Hälfte. Diese beeindruckende Überrendite dürfte ein starkes Argument für den Verwaltungsrat in Vevey gewesen sein, den Absolventen der Elite-Unis St. Gallen und Harvard als Nachfolger von Paul Bulcke zu bestellen.
Vor allem mit fünf Akquisitionen im Milliardenbereich hat Schneider die Firma, die aus einer Apotheke in Frankfurt hervorgegangen war, in einen Weltkonzern verwandelt. Beeindruckend die Kaltschnäuzigkeit, die der inzwischen 50-Jährige bei seinen Deals an den Tag legte. Mitte 2008, kurz vor dem Lehman-Crash, kaufte Schneider den Generikahersteller APP und integrierte die Amerikaner in tobender Wirtschaftskrise geräuschlos. Die Tochter Kabi legt dank APP regelmäßig beeindruckende Wachstumsraten vor.
Kurs gen Gesundheit
In Vevey stellt man sich die Zukunft des Nahrungsmittelriesen wohl so ähnlich vor. Schneider soll für Wachstum sorgen. Daran hat es den Schweizern zuletzt gemangelt: Mit gut vier Prozent Umsatzzuwachs verfehlte Nestlé soeben im vierten Jahr in Folge das selbst gesteckte Ziel von fünf bis sechs Prozent Wachstum. Die Lösung sieht der Konzern im Gesundheitsgeschäft, Schneiders Domäne. In den vergangenen Jahren haben die Schweizer hier bereits das Fundament gelegt und sind bis in Bereiche von Stoffwechselerkrankungen und Alzheimer vorgestoßen. Mit dem Neuen an der Spitze dürfte sich das Unternehmen Schritt für Schritt zum forschungsgetriebenen Ernährungs- und Gesundheitskonzern weiterentwickeln.Die eine Seite des Auftrags ist damit klar: Ausbau der Gesundheitsaktivitäten. Dabei dürfte es dem künftigen Verwaltungsratschef Paul Bulcke weniger darum gehen, ins Pharmageschäft einzusteigen. Zu seiner Vision gehört die personalisierte Ernährung auf Basis genetischer Muster von Konsumenten, ein Forschungszentrum wurde bereits eröffnet. Auch ein Joint Venture mit L’Oréal zu wissenschaftsbasierten Hautpflegeprodukten weist in diese Richtung.
Spannend wird die Frage, wie Schneider das Kerngeschäft Ernährung aufstellt, das von Renditeperlen wie der Kaffeemarke Nespresso bis hin zu weniger ertragreichen Geschäften wie Maggi-Tütensuppen reicht. Die Aufgabe könnte auch darin bestehen, sich von Teilbereichen zu trennen - oder sie auf Effizienz zu trimmen. Das würde auch Restrukturierungsprogramme und entsprechende Kosten nicht ausschließen. Dafür, dass es hier nicht zu wild wird, dürfte allerdings Ex-Chef Bulcke als Aufseher sorgen.
Das sind alles in allem ziemlich gute Perspektiven. Schneiders Arbeit spricht dafür, dass er Nestlé zu größerer Fitness verhilft. Die Übergangsphase allerdings könnte ein paar Ruckler mit sich bringen. Dass es nicht zu heftig wird, dafür steht die Solidität der Schweizer.
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Bildquellen: Nestlé S.A., Taina Sohlman / Shutterstock.com
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