Euro am Sonntag

MorphoSys: Warum sich Geduld auszahlen dürfte

11.03.16 11:22 Uhr

MorphoSys: Warum sich Geduld auszahlen dürfte | finanzen.net

Nach starken Kursverlusten feiert die Börse die Münchner Biotechfirma für schwarze Zahlen und einen positiven ­Ausblick. Das Potenzial der Firma wird aber immer noch verkannt.

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von Julia Groß, Euro am Sonntag

Zeitweise über zehn Prozent lag die MorphoSys-Aktie nach Bekanntgabe der Zahlen im Plus. Anleger waren begeistert über die Rückkehr in die schwarzen Zahlen im Jahr 2015 und die Aussicht auf die Zulassung von zwei Medikamenten, die aus den Labors des Münchner Biotechunternehmens stammen.



In gewisser Weise beruht das Kursfeuerwerk damit aber auf Missverständnissen. Denn der Gewinn vor Steuern von 17,2 Millionen Euro ist, ebenso wie der Anstieg des Umsatzes von im Vorjahr 64 auf 106,2 Millionen Euro, allein die Folge von positiven Einmaleffekten nach der Beendigung einer Kooperation mit dem US-Konzern Celgene.

Und die beiden potenziellen Zulassungen bei den Partnern Novartis und Janssen wären zwar ein enormer Schub für MorphoSys’ Image, den riesigen Geldregen, den sich manche Investoren offenbar erwarten, bedeuten sie jedoch erst mal nicht.


Die Meilensteinzahlungen für die Einreichung und die Erteilung einer Zulassung liegen nach Angaben von Finanzvorstand Jens Holstein bei einem eher niedrigen einstelligen Millionenbetrag. Die Umsatzbeteiligung dürfte bei etwa fünf Prozent liegen. Angesichts der wenigen Patienten beim Novartis-­Medikament sind auch hier keine enormen Summen zu erwarten - aber es ist ein Anfang.

Viel wichtiger als schwarze Zahlen ist dagegen der Fortschritt in MorphoSys’ eigener Pipeline und die Fähigkeit des Unternehmens, diesen Fortschritt weiter zu finanzieren. In beiden Punkten schneidet das Unternehmen deutlich besser ab, als es die Entwicklung des Aktienkurses derzeit widerspiegelt.

25 Produkte im Rohr

Nachdem die Firma lange Jahre nur im Auftrag von großen Pharmakonzernen geforscht hat, verfügt sie heute über 25 ­eigene Produktkandidaten, die bereits an Patienten getestet werden. Das ist eine Menge und eine Diversifikation, die nur ­wenige andere Unternehmen dieser Größe bieten. Es ist rein statistisch betrachtet fast unmöglich, dass alle diese Kandidaten scheitern. Wenn auch nur ein halbes Dutzend davon auf den Markt kommt, übersteigt das Umsatzpotenzial den heutigen Börsenwert um ein Vielfaches.


MorphoSys verfügt über knapp 300 Millionen Euro Cash, Ende des Jahres werden es voraussichtlich noch 225 bis 235 Millionen sein. Zudem erzielt die Firma durch die Pharmapartnerschaften stabile Umsätze von jährlich rund 50 Millionen Euro. Es besteht deshalb zunächst kein Bedarf, den Kapitalmarkt anzuzapfen. Das ist eine komfortable Situation, die es erlaubt, die eigenen Projekte noch ein gutes Stück weiter voranzutreiben und damit eine viel höhere Wertschöpfung für das Unternehmen zu erzielen, als es durch Auftragsforschung möglich ist.

Allerdings: Bis sich diese Hoffnungen materialisieren, wird es noch dauern. Zudem sind Verzögerungen in diesem Geschäft an der Tagesordnung, Rückschläge wahrscheinlich. Die Stimmung für Biotechfirmen ist, auch wegen der Diskussion um Medikamentenpreise etwa im US-Wahlkampf, denkbar schlecht. Dazu kommt: Wenn MorphoSys-Anleger im Lauf des Jahres feststellen, dass die Firma wirklich wie angekündigt mit bis zu 68 Mil­lionen Euro den größten Verlust in der Firmengeschichte anhäuft, bekommen sie aller Erfahrung nach kalte Füße.

Wer sich nicht langfristig ­engagieren will und starke Schwankungen schlecht aushalten kann, sollte die Finger von der Aktie lassen. Wer diese Risiken nicht scheut, kann die Papiere aktuell jedoch zu Schnäppchenpreisen einsammeln.

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Bildquellen: MorphoSys, Erwin Wodicka/Fotolia

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