Euro am Sonntag-Meinung

Die große Rotation: Welche Branchen jetzt interessant sind

08.01.17 03:00 Uhr

Die große Rotation: Welche Branchen jetzt interessant sind | finanzen.net

In den vergangenen Wochen wurden die Kapitalmärkte kräftig durchgewirbelt. Lesen Sie hier, welche Anlageklassen von der großen Rotation profitieren.

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von Max Holzer, Gastautor von Euro am Sonntag

Das vom designierten US-Präsidenten Donald Trump in Aussicht gestellte Konjunkturpaket lässt Marktteilnehmer hoffen, es würde schon 2017 erste positive Auswirkungen auf die Wirtschaft der Vereinigten Staaten haben, wovon US-Unternehmen profitieren.



Seit der Präsidentschaftswahl haben die Aktienkurse eine deutliche Rally hingelegt - der US-Aktienindex S & P 500 markierte im Dezember den höchsten Stand aller Zeiten. Auf Branchenebene verstärkt Trumps Sieg zudem einen Effekt, den wir bereits seit Sommer sehen: Konjunktursensitive Sektoren, die vom künftigen Stimuluspaket profitieren könnten, wie Finanz- und Bauwerte, legten weiter zu, defensive Sektoren, etwa Basiskonsumgüter und Versorger, verloren. Auch das positive konjunkturelle Umfeld unterstützt diese Entwicklungen. Nach einem Plus von 2,9 Prozent 2016 rechnet die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für 2017 und 2018 mit einem Wachstum der Weltwirtschaft von mehr als drei Prozent.

Zudem erwarten die Marktteilnehmer, dass Trumps Konjunkturprogramm die Teuerungsrate steigen lassen könnte. Investoren erwarten also eine Reflationierung an den Märkten. Gleichzeitig legten die Renditen von US-Staatsanleihen deutlich zu. Zehnjährige US-Papiere notieren derzeit bei 2,4 Prozent - vor der Wahl waren es noch 1,8 Prozent. Auch an anderen Orten der Welt, zum Beispiel in Schwellenländern und in der Eurozone, wurden die Renditen mitgezogen.


Darüber hinaus lässt die etwas restriktivere Geldpolitik der Fed die Renditen von US-Staatsanleihen ansteigen und den Dollar fester werden. Die amerikanische Zentralbank hatte auf ihrer Dezember-Sitzung einen weiteren Schritt auf dem Zinserhöhungspfad getätigt. Gepaart mit einer eher nach innen gerichteten amerikanischen Wirtschaft, die Trump anstrebt, ist dies eine echte Belastung für die Schwellenländer. Denn während es in den USA eine regelrechte Party an den Märkten gab, fiel die Feier in den aufstrebenden Volkswirtschaften aus. Die Investoren ziehen aufgrund der gestiegenen Renditeniveaus die Gelder in Richtung USA ab. Außerdem leiden Schwellenländer, die in US-Dollar verschuldet sind, unter der stärkeren US-Währung. Sowohl Aktien als auch Rentenpapiere dieser Länder gehören aktuell zu den Verlierern.

Neben Trump und der Fed beeinflusste aber auch die OPEC-Einigung im November die Märkte stark. Die beschlossene Produktionskürzung beflügelt den Ölpreis, der aktuell rund 50 Prozent höher als zu Jahresanfang notiert. Auch Aktien von Energieunternehmen profitieren von dieser Entscheidung. Dahingegen zählen im Rohstoffbereich Edelmetalle zu den Verlierern. Sie sind vor allem in Zeiten großer Ungewissheit als "sicherer Hafen" gefragt - aufgrund der Euphorie im Zuge der US-Wahl sowie dem konjunkturell positiven Umfeld werteten sie ab.

Europäische Zentralbank
sorgt für Planungssicherheit

Letztlich hat auch die Europäische Zentralbank (EZB) im Dezember die Richtungsänderung am Rentenmarkt bestätigt. Mit ihrem "expansiven Tapering" hat sie klug agiert. Durch die Verlängerung des Ankaufprogramms und durch die gleichzeitige Verringerung des monatlichen Kaufvolumens hat sie für eine gewisse Planungssicherheit gesorgt. So wird hier im nächsten halben Jahr keine weitere Diskussion die Märkte beunruhigen. Die europäischen Aktienindizes reagierten mit Kursanstiegen. Gleichzeitig haben die Währungshüter darauf hingewiesen, dass ein Tapering kommen wird - aber auf sanfte Art. Das heißt, dass perspektivisch die Unterstützung für Staatsanleihen aus der Eurozone zurückgehen wird, was tendenziell für eine moderate Fortsetzung des Renditeanstiegs spricht.


Die Märkte vollzogen in den vergangenen Wochen eine große Rotation. Diese neue Ausrichtung sollte noch eine Weile Bestand haben - nicht zuletzt aufgrund des positiven Wirtschaftsausblicks. Doch es bleiben auch Unsicherheiten: etwa wie Trump seine Wirtschaftspolitik tatsächlich gestaltet. Und: Ob sich die OPEC-Staaten an ihre Abmachung halten werden, ist auch keine klare Sache.

Kurzvita

Max Holzer, Leiter der
Asset Allocation bei Union Investment

Holzer studierte Wirtschaftsinformatik und leitet seit 2004 das Portfoliomanagement Asset Allocation bei Union Investment. Zuvor war er leitend in verschiedenen Positionen im Portfoliomanagement der Dresdner Bank/Allianz Investmentgruppe tätig.
Union Investment ist die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken und mit aktuell rund 275 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen einer der größten deutschen Vermögensverwalter für private und institutionelle Anleger.

Bildquellen: Carsten Lerp/Union Asset Management Holding AG, TunedIn by Westend61 / Shutterstock.com

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