Euro am Sonntag

Investoren mit Ölleck: Die größten Staatsfonds der Welt

18.11.15 15:00 Uhr

Investoren mit Ölleck: Die größten Staatsfonds der Welt | finanzen.net

Der niedrige Ölpreis lässt die Einnahmen von Norwegen oder Saudi-Arabien einbrechen. Die Regierungen greifen nun auf die Ersparnisse zurück, die in ihren milliardenschweren Fonds lagern.

von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag

Freude und Frust: Für beides sorgt der niedrige Ölpreis. Freude bei den Autofahrern, die der Blick auf die Tankrechnung aktuell nicht ganz so schmerzt. Und Frust bei den Erdölproduzenten, deren Einnahmen drastisch zurückgegangen sind.



Seit Sommer vergangenen Jahres fiel der Preis für ein Fass Rohöl der Sorte Brent von mehr als 110 US-Dollar auf aktuell rund 47 Dollar - ein Einbruch um fast 60 Prozent. Nach Meinung von Experten spricht einiges dafür, dass dies kein kurzzeitiger Ausreißer nach unten ist, sondern dass der Preis für längere Zeit niedrig bleiben könnte.

Das hat unangenehme Konsequenzen. Zunächst für die Erdöl produzierenden Länder, doch in der Folge auch für die globalen Aktien- und Anleihemärkte. Denn um den Preisverfall bei Rohöl auszugleichen, scheuen immer weniger Länder davor zurück, ihre "staatlichen Sparschweine" anzuzapfen. Das sind milliardenschwere Investmentvehikel, die in Zeiten hoher Ölpreise gemästet wurden. Ob Oslo, Moskau oder Doha - überall dort existieren Staatsfonds, die sich aus Öleinnahmen speisen und dieses Geld weltweit ­anlegen.


Zusammengenommen verfügen Staatsfonds über ein Vermögen von 7,3 Billionen Dollar. Und ihre Beteiligungen reichen von Londoner Luxusimmobilien bis hin zu Großbanken. Allein der norwegische Staatsfonds, der größte seiner Art, besitzt Aktien von mehr als 9.000 Unternehmen. In seinem Portfolio liegen 1,3 Prozent aller weltweit gehandelten Anteilscheine.

Diese milliardenschweren Akteure auf den Märkten müssen sich nun einer neuen Rea­lität stellen. Allen voran der Staatsfonds von Saudi-Arabien. Denn die Regierung des Landes kämpft derzeit mit massiven ­Finanzproblemen. Rund 90 ­Prozent seiner Einnahmen erzielt der Wüstenstaat durch Ölexporte. Nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) müssen die Saudis 2015 mit einem Haushaltsdefizit von über 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts rechnen.


Für 2016 erwarten die IWF-­Ökonomen einen ähnlich hohen Wert. Erstmals seit 2009 schreibt das Königreich rote Zahlen. Um den Haushalt auszugleichen, bräuchte das Land einen Ölpreis von 106 Dollar pro Barrel, so die IWF-Kalkulation (siehe Investor-Info).

Um die Finanzlöcher zu stopfen, greifen die Saudis verstärkt auf ihre Fremdwährungsreserven und ihren Staatsfonds SAMA zu. Nach Schätzungen hat dieser seit Jahresanfang 1,3 Milliarden US-Dollar allein aus europäischen Aktien abgezogen. Und von internationalen Vermögensverwaltern, die im Auftrag von SAMA Geld anlegen, flossen bis zu 70 Milliarden Dollar ab.

Ähnlich angespannt ist die Lage in Russland. Moskau will in diesem und im nächsten Jahr vom Reservefonds, einem seiner zwei Ölfonds, rund 65 Milliarden Dollar abziehen, um gegen die Rezession anzusteuern.

Weniger dramatisch ist die ­Situation im Norden Europas. Doch auch im Ölförderland Norwegen sprudeln die Einnahmen nicht mehr wie gewohnt. Zugleich hat die Regierung für 2016 höhere Ausgaben geplant. Um die finanzieren zu können, will Oslo erstmals seit 20 Jahren auf die Gelder des Staatsfonds zugreifen. 440 Millionen Dollar will die Regierung abziehen, um das Haushaltsloch zu stopfen. Ein relativ kleiner Betrag, bedenkt man die Größe des Fonds von 825 Milliarden Dollar. Doch ein Tabubruch ist es allemal.

Billionenschwere Abflüsse

Nach Berechnungen der Schweizer Bank UBS werden die von Zentralbanken und Staatsfonds gehaltenen Vermögenswerte bis Ende des Jahres um 1,2 Billionen Dollar oder fast sieben Prozent schrumpfen. "Das ist eine Trendwende", so Massimiliano Castelli von UBS Asset Management gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg. "Bis­lang haben Staatsfonds und ­Zentralbanken Vermögenswerte aufgekauft. In den nächsten Quartalen werden wir weitere Abflüsse erleben."

Eine solche Entwicklung betrifft auch den deutschen Markt. Denn mittlerweile werden mehr als die Hälfte der von den DAX-Konzernen aus­gegebenen Aktien von ausländischen Investoren gehalten. Neben dem US-Vermögensverwalter BlackRock, der an nahezu ­allen DAX-Unternehmen beteiligt ist, sind auch Staatsfonds hierzulande in großem Umfang investiert (siehe Investor-Info).

Verabschieden sich diese riesigen Investoren nun aus Aktien und Anleihen, könnte das einzelne Wertpapiere unter Druck bringen. Das zeigte der Verkauf eines zehnprozentigen Aktienpakets am Baukonzern Hochtief durch den Staatsfonds von Katar vor einem Monat. Um mehr als sechs Prozent gab die Aktie nach Bekanntwerden des Deals nach.

Vor diesem Hintergrund beruhigt es zu wissen, dass vor allem Norwegens Staatsfonds breit in Deutschland investiert ist. Ende 2014 hielt er Anteile an 219 Unternehmen, darunter viele Nebenwerte. Dass sich die Norweger in großem Stil von ­ Beteiligungen in Deutschland trennen, ist ziemlich unwahrscheinlich. Denn der Staatsfonds zählt zu den sehr langfristig ausgerichteten Anlegern.

Zwar will Lenker Yngve Slyngstad künftig stärker in Schwellenländer investieren. Doch die neuen Positionen sollen mithilfe der laufenden Erträge des Fonds - aktuell rund 24 Milliarden Dollar pro Jahr - aufgebaut werden. "Künftig werden wir die Dividenden von europäischen Unternehmen eben nicht in den europäischen Markt reinvestieren, sondern in andere Aktienmärkte der Welt", verkündete Slyngstad.

Investor-Info

Niedriger Ölpreis
Das geht an die Reserven

In einer aktuellen Analyse über die Volkswirtschaften in Nahost und Nordafrika stellt der Internationale Währungsfonds fest: Verharren die Ölpreise auf dem derzeit niedrigen Niveau, wird Saudi-Arabien seine finanziellen Reserven in ungefähr fünf Jahren aufgezehrt haben. Das Land bräuchte einen Ölpreis von über 100 Dollar, um seine derzeitigen Ausgaben zu decken (Break-even-Ölpreis). Besser sieht es für die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait und Katar aus. Diese Länder haben ausreichend finanzielle Reserven, um eine Durststrecke von mehr als zwei Jahrzehnten zu überstehen.

Beteiligungen in Deutschland
Autos, Immobilien und mehr

Staatsfonds sind in Deutschland an zahlreichen Unternehmen beteiligt, im DAX an fast allen. Häufig sind die Anteile klein. Ein großes Aktienpaket hält der Staatsfonds von Katar aber an VW. Und bei Daimler ist die Kuwait Investment Authority größter Einzelaktionär. Grundsätzlich sind Staatsfonds Investoren, die ihre Anteile über lange Zeit halten. Und im Fall von Katar und Kuwait auch nicht unter übermäßigem Druck durch die niedrigen ­Ölpreise stehen. Dennoch trennten sich die Kataris unlängst von ihrer Beteiligung am Baukonzern Hochtief, was die Aktie zeitweilig unter Druck brachte.

Unternehmen Staatsfonds Anteil
Volkswagen Katar 17,0 %
Vonovia Norwegen 7,8 %
Dt. Wohnen Norwegen 6,9 %
Daimler Kuwait 6,8 %
Linde Norwegen 6,7 %
Adva Optical Norwegen 3,8 %
CAT Oil Norwegen 3,8 %
Drägerwerk Norwegen 3,7 %
Osram Norwegen 3,5 %
BASF Norwegen 3,5 %
Quelle: Bloomberg

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