TAG-Immobilien: "Keine Furcht vor Enteignung"
Martin Thiel: Der Finanzchef des Hamburger Wohn- und Gewerbeimmobilien-Unternehmens über das rotierende Fusionskarussel in der Branche und warum er trotz Flüchtlingszustrom keine Zwangseinquartierungen fürchtet.
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von Wolfgang Ehrensberger, Euro am Sonntag
Euro am Sonntag: Sie haben angekündigt, die loan-to-value-quote (Schulden zu Vermögenswert) bis Mitte 2016 auf 60 Prozent zu senken. Wie soll das gehen?
Martin Thiel: Derzeit liegen wir bei einer loan-to-value-quote von 65,7 Prozent. Bis Mitte 2016 wollen wir die Quote auf 60 Prozent reduzieren. Zum einen erwarten wir bei der laufenden Neubewertung aller unserer Immobilien zu Q3 einen sehr positiven Bewertungsgewinn. Darüberhinaus haben Inhaber einer Wandelanleihe in Q3 in Aktien getauscht. Drittens haben wir in Q3 teure Finanzverbindlichkeiten von 47 Millionen Euro zurückgezahlt. Derartige Maßnahmen werden wir weiter fortführen, so dass wir bis Mitte 2016 einen Verschuldungsgrad von 60 Prozent erreichen können.
Die Leerstandsquote soll bis Jahresende von neun auf acht Prozent gesenkt werden. Wo stehen Sie derzeit?
Nach unserem Geschäftsmodell engagieren wir uns in vielen Fällen in Portfolios mit hoher Leerstandsquote. Pro Jahr sind wir in der Lage, die Quote um rund 80 bis 100 Basispunkte zur reduzieren (2014: 8,9 auf 8,1 Prozent). Bis Ende 2014 kamen durch weitere Ankäufe neue Einheiten mit durchschnittlich höherem Leerstand dazu, sodaß unsere Leerstandsquote zu Jahresbeginn etwas höher bei 9 Prozent lag. Bis zum Halbjahr konnte der Leerstand durch effiziente Verwaltung der Bestände bereits wieder auf 8,6 Prozent abgebaut werden, so dass wir zuversichtlich sind, bis Jahresende eine Quote von 8,2 bis 8,0 zu erzielen.
Wie erreichen sie das?
An verschiedenen Standorten arbeiten wir gezielt mit wohltätigen Einrichtungen zusammen. In Salzgitter betreiben wir zum Beispiel ein sehr breites Engagement mit Wohlfahrtsverbänden, um kluge Konzepte für Senioren, Familien und Kinder zu entwickeln: Die Verbände stellen die personelle Ausstattung, wir unentgeltlich die Wohnungen. Hierbei geht es nur mittelbar um wirtschaftliche Ziele - im Fokus steht, das Wohnquartier insgesamt für Mieter attraktiver zu machen. Ein gutes Quartiersmanagement erhöht dann in Folge weitere Mieternachfrage.
Sie verdienen damit kein Geld?
Doch selbstverständlich. Wenn wir Freizeitangebote für Mieter einrichten, stellen wir Wohnungen aus unserem Leerstand zu Verfügung. Das kostet uns kein zusätzliches Geld. Sobald die Treffpunkte von einer Gemeinschaft angenommen sind, wird über kurz oder lang das ganze Areal z.B. für Familien mit Kindern oder Senioren interessant und es folgt eine höhere Vermietungsquote am Standort.
In Salzgitter und Bielefeld hat TAG Immobilien rund 50 beziehungsweise 100 Wohneinheiten an Kommunen vermietet, die darin Flüchtlinge unterbringen. Wie kam das zustande?
Die Flüchtlingsthematik stellt eine große Herausforderung dar. Insbesondere für Wohnimmobilienunternehmen bietet sie aber natürlich auch Chancen. Ziel für uns in der Vermietung ist auch hier eine nachhaltige Belegung der Bestände. Salzgitter ist dafür beispielhaft: wir gehen aktiv auf Kommunen zu und bieten passende Wohnungen an, die Mietverträge werden anschließend mit der Stadt zu regulären Konditionen direkt abgeschlossen. Die Integration der Flüchtlinge spielt hier eine wesentliche Rolle, soweit wie möglich sollten Blockbildungen vermieden werden, und in Mehrfamilienhäusern beispielsweise nur jeweils eine Flüchtlingsfamilie untergebracht werden. Ähnliche Projekte sind unter anderem in Chemnitz geplant.
In welchem Umfang wollen sie das ausbauen?
Insgesamt rechnen wir im zweiten Halbjahr mit der Vermietung von einigen Hundert Wohnungen an Flüchtlinge. Grundsätzliche Prämisse hierbei ist aber die Nachhaltigkeit und nicht der kurzfristige Vermietungserfolg. Das Thema Zuwanderung wird uns nicht nur 2015 beschäftigen, sondern auch in den Folgejahren.
Gab es auch umgekehrt Situationen, bei denen eine Kommune auf Sie zugekommen ist?
Solche Anfragen von Städten gibt es auch. Mit dem Thema Zwangseinquartierung oder Enteignung sind wir aber noch nicht in Berührung gekommen. Das fürchten wir auch nicht, weil wir selber konstruktiv vorgehen.
Wenn man den starken Zustrom von Flüchtlingen in Deutschland insgesamt sieht: Halten Sie überhaupt für möglich, dass genug adäquater Wohnraum geschaffen wird?
Insgesamt ist das wie schon gesagt eine Riesen-Herausforderung für die Wohnungsunternehmen. Wenn wir einige Hundert Wohnungen noch in diesem Jahr zur Verfügung stellen, so ist das unser Beitrag, den wir leisten können. Andere große Wohnungskonzerne werden vergleichbar agieren, so dass wir die problematische Situation zumindest abmildern können. Auch wenn wir generell derzeit in Deutschland sicher an einer Grenze der Aufnahmefähigkeit angelangt sind, sehen wir dieses Thema positiv. Durch die Leerstände in den Ankäufen der letzten Jahre können wir günstigen Wohnraum auch für Flüchtlinge zur Verfügung stellen.
Mit der geplanten feindlichen Übernahme von Deutsche Wohnen durch Vonovia beschleunigt sich der Konsolidierungsprozess unter den Wohnungsfirmen in Deutschland. Welche Rolle will TAG Immobilien dabei spielen?
TAG war selber ein großer Konsolidierer. Im Moment sehen wir uns in keiner aktiven Rolle, da Wohnunternehmen insgesamt sehr hoch bewertet sind. Wir fühlen uns in unserem eigenen Geschäftsmodell sehr wohl und sehen uns als attraktive Alternative zu ganz großen Wohnungsunternehmen. Wir können vordergründig zwar nicht durch Marktkapitalisierung punkten, aber durch attraktive Dividendenrendite, gute Portfoliostrategie usw. und sind deshalb ein attraktives Investment für Aktionäre.
Sehen Sie sich als potenzieller Übernahmekandidat?
Dem Thema muss sich jedes Unternehmen selber stellen, der Konzentrationsprozess wird weitergehen.
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Bildquellen: Franziska Glueck/TAG Immobilien AG, TAG Immobilien
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