Euro am Sonntag-Exklusiv

Ökonomen-Barometer: Knifflige Steuerdiskussion

06.01.18 08:00 Uhr

Ökonomen-Barometer: Knifflige Steuerdiskussion | finanzen.net

Führende Volkswirte plädieren für niedrigere Unternehmensteuern. Denn der internationale Fiskalwettbewerb nimmt zu.

von Wolfgang Ehrensberger, €uro am Sonntag

Führende deutsche Volkswirte rechnen als Folge der Steuerreform in den USA auch hierzulande mit wachsendem Druck, dass die Unternehmensteuern gesenkt werden sollen. 55 Prozent der im Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag sowie vom Nachrichtensender n-tv befragten Ex­perten sprachen sich für eine Unternehmensteuerreform in Deutschland aus.



Etwa die Hälfte der Befürworter hält dabei eine enge Abstimmung mit den europäischen Partnern für nötig. Die andere Hälfte rät dazu, die Reform notfalls auch im Alleingang durchzuziehen. Immerhin 41 Prozent der Befragten haben sich allerdings auch klar gegen eine Senkung der Unternehmensteuern in Deutschland ausgesprochen.

Das Thema spielt auch in den Gesprächen zu einer Regierungsbildung in Berlin eine Schlüsselrolle. So diskutiert die CSU auf ihrer gerade laufenden Tagung im Kloster Seeon ein Thesenpapier, das von einem zunehmenden internationalen Steuerwettbewerb ausgeht und auf Steuersenkungen sowie verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten dringt. Die CSU geht damit weiterhin auf Konfrontation zum möglichen Koalitionspartner SPD.


USA geht voran
US-Präsident Donald Trump hatte zum Jahreswechsel die größte Steuerreform in den USA seit 30 Jahren in Kraft gesetzt. Damit verbunden ist vor allem eine Reduzierung der Unternehmensteuern von 35 auf 21 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die effektive Steuerbelastung von Unternehmen bei knapp 30 Prozent, in Frankreich bei 38 Prozent, in Japan bei 34 Prozent, in Großbritannien bei 21 Prozent und in der Schweiz bei 19 Prozent.

Vier von fünf der im Ökonomen-Barometer befragten Experten gehen davon aus, dass die US-Steuerreform den internationalen Steuerwettbewerb anheizen wird. Volker Nitsch (Uni Darmstadt) und Martin ­Kocher (LMU München) etwa erwarten eine solche Entwicklung, "insbesondere, wenn in Europa ein Steuerwettlauf einsetzt", so Kocher. Ulrich van Suntum (Uni Münster) fordert, die "unselige Gewerbesteuer" abzuschaffen, zumal sie kaum Nettoeinnahmen erbringe.


Dagegen spricht sich Frank Bulthaupt von der Hochschule der Sparkassen gegen Senkungen aus. "Die Körperschaftsteuer in Deutschland ist im internationalen Vergleich bereits sehr niedrig. Insofern ist keine Reaktion auf die amerikanischen Pläne zu erwarten", glaubt der Sparkassen-Ökonom.

Franz Peter Lang von der Uni Braunschweig weist darauf hin, dass Unternehmensteuern nur ein Standortfaktor von vielen seien und die USA nach wie vor erhebliche Defizite etwa bei der Qualifikation der Arbeitskräfte hätten. "Angesichts des von Trump angestrebten Abbaus von Bildungsausgaben werden sich diese Probleme auch nicht lösen lassen", sagt Lang.

Bildquellen: Luis Louro / Shutterstock.com