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BHP-Chef Mackenzie: "Sehe enorme Chancen"

15.10.17 03:00 Uhr

BHP-Chef Mackenzie: "Sehe enorme Chancen" | finanzen.net

Seit 2013 steht Andrew Mackenzie an der Spitze des weltgrößten Bergbau-Konzerns. Ein Interview über Wachstumschancen, die Abhängigkeit von China und Gefahren des Protektionismus.

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von Sabine Gusbeth, €uro am Sonntag

Wie kaum ein anderes Unternehmen hängt der größte Bergbaukonzern der Welt am Tropf der globalen Wirtschaft. Das abgekühlte Wachstum in China und der Preisverfall bei Rohstoffen hatten BHP (früher BHP Billiton) im Geschäftsjahr 2015/16 tief in die ­roten Zahlen gestürzt. Konzernchef Andrew Mackenzie verordnete dem Konzern eine radikale Schrumpfkur. Er trennte sich von Geschäftsbereichen und baute Schulden ab. "Das trägt jetzt Früchte", betont er im Interview mit €uro am Sonntag.



Im vergangenen Geschäftsjahr, das im Juni endete, erzielte BHP einen Gewinn von umgerechnet 5,4 Milliarden Euro. Die Trendwende lässt sich auch an der Aktie ablesen: Seit dem Tief im Januar 2016 ist der Kurs an der Londoner Börse um über 150 Prozent gestiegen. Für einen Schub sorgte nicht nur die hohe ­Dividende, die gegenüber dem Vorjahr verdreifacht wurde, sondern auch die ­Ankündigung, dass sich BHP - auf Druck aktivistischer Investoren - vom US-Schieferölgeschäft trennt.

Doch Konzernchef Mackenzie lenkt nicht nur die Geschicke des größten Bergbauunternehmens der Welt. Seit 2016 ist er Ehrenpräsident der Deutsch-Australischen Handelskammer und setzt sich dafür ein, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern zu stärken. Gegenüber €uro am Sonntag verrät der 60-Jährige welche Verbindung er zu Deutschland hat, warum er ein glühender Verfechter des Freihandels ist und warum ihm die hohe Abhängigkeit seines Unternehmens von China keine Sorgen bereitet.


€uro am Sonntag: Herr Mackenzie, Sie sind Präsident der Deutsch-Australischen Handelskammer. Was verbindet Sie mit Deutschland?
Andrew Mackenzie: Von den geschäftlichen Beziehungen abgesehen, hat Deutschland einen besonderen Platz in meinem Herzen, weil es für ein paar Jahre meine Heimat war. Nach meiner Promotion habe ich von 1981 bis 1982 dank eines Stipendiums der Humboldt-Stiftung am Kernforschungszen­trum in Jülich geforscht. Seitdem habe ich sehr enge Verbindungen in die deutsche Wissenschaft und Industrie. Aber auch zu guten Freunden hier. Ich bin immer noch regelmäßig geschäftlich und auch privat in Deutschland.

Sie leiten seit 2013 BHP, den größten Bergbaukonzern der Welt. Welche Bedeutung hat Deutschland für Sie aus geschäftlicher Sicht?
Deutschland ist der größte europäische Markt für BHP und einer der wichtigsten Handelspartner Australiens. Die beiden Länder pflegen enge Wirtschaftsverbindungen, die auf gemeinsamen Überzeugungen bei Themen wie Freihandel und Investitionsfreiheit beruhen. Als Ehrenpräsident der Handelskammer will ich die Beziehung zwischen den beiden Ländern stärken.

Warum halten Sie das für wichtig?
Deutschland und Australien profitieren schon heute von ihren engen Beziehungen. Deutschland ist unter den wichtigsten Handelspartnern Australiens die Nummer 9, bei den Auslandsinvestitionen australischer Unternehmen sogar auf Platz 7. Das Handelsvolumen der beiden Länder betrug 2015/16 rund 20 Milliarden US-Dollar. Das zeigen die starken bilateralen Beziehungen, die sich über die Jahre entwickelt haben. Um diese weiter auszubauen und weitere ­Investitionen aus Deutschland nach Australien zu bringen, veranstaltet die Handelskammer gemeinsam mit der australischen Regierung Anfang November in Perth auch die Asien-Pazifik-­Regionalkonferenz.

Warum ist Australien für deutsche Investoren Ihrer Meinung nach interessant?
Australien bietet als Sprungbrett nach Asien für jedes global tätige Unternehmen enorme Möglichkeiten. Hinzu kommt, dass fast jeder Sektor, von der Ausbildung über die Landwirtschaft bis zu den Rohstoffen, im internationalen Wettbewerb ganz oben mitspielen kann. Unser Rohstoffreichtum ist seit Jahrhunderten ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Aus dieser Quelle nährt sich seit Jahrzehnten die Indus­trialisierung Asiens. Das wird auch so bleiben, weil die Nachfrage aus China, aber auch anderen aufstrebenden Volkswirtschaften der Region anhält. Deshalb ist Australien in den vergangenen 26 Jahren ununterbrochen ge­wachsen.

Sie haben vorher die Bedeutung des Freihandels betont. Weltweit aber wächst der Widerstand gegen Freihandelsabkommen in jüngster Zeit. Macht Ihnen das Sorgen?
Freihandel ist die Lebensader der globalen Wirtschaft. Für Australien wie Deutschland ist er ganz entscheidend, denn die Wirtschaft beider Länder gedeiht durch den Import und Export von Gütern und Dienstleistungen.

Trotzdem nehmen die protektionistischen Tendenzen zu.
Ich bin, wie gesagt, ein glühender Verfechter des Freihandels. Durch den Abbau von Handelsbarrieren wird seit Jahrzehnten der Wohlstand vergrößert. Deutschland und Australien sind auf­geblüht, weil sie die Chancen ergriffen haben, die freier und offener Handel in einer globalisierten Wirtschaft bietet. Gerade wegen der zunehmenden protektionistischen Rhetorik in einigen Teilen der Welt ist es entscheidend, dass wir gemeinsam für den Freihandel eintreten - Australien in der südlichen Hemisphäre und Deutschland im Norden. Ich bin deshalb sehr froh, dass die beiden Länder ein umfassendes Freihandels­abkommen zwischen Australien und der Europäischen Union vorantreiben.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Gefahren für den freien Handel?
Geopolitische Unsicherheiten und Instabilität in der globalen Wirtschaft verbunden mit protektionistischen Tendenzen in einigen Ländern. Wir sollten diese Diskussionen aber nicht nur den Politikern überlassen. Die Wirtschaft muss ihre Stimme erheben. Angesichts der drohenden Unsicherheit haben wir die Pflicht, Argumente für sinnvolle Reformen zu liefern.

Inwiefern schaden diese Unsicherheiten einem international tätigen Unternehmen wie BHP?
Unsicherheiten untergraben zwangsläufig Vertrauen. Das wiederum bremst Investitionen, verhindert Wachstum und hat Auswirkungen auf alle. Aber lassen Sie uns jetzt nicht die positiven Seiten vergessen. Die EU kommt mit Freihandelsabkommen voran, etwa mit wichtigen asiatischen Ländern wie Japan und Singapur. Deutschlands Unterstützung der EU-Freihandelsziele gibt Anlass zu Optimismus. Und Japan übernimmt eine führende Rolle beim künftigen trans­atlantischen Freihandelsabkommen TPP, was wir sehr begrüßen.

BHP hat, wie ganz Australien, stark vom Wachstum Chinas profitiert. Glauben Sie, Ihr Unternehmen ist zu abhängig von China?
Nein. Ich denke, wir sind sehr gut positioniert. China ist der größte Konsument unserer Rohstoffe und macht etwa die Hälfte unseres Umsatzes aus. China ist weltweit der größte Produzent von Gütern, der größte Exporteur und zweitgrößte Importeur. Da ist es nur richtig, dass BHP seine engen und langjährigen Handelsverbindungen aufrechterhält und ausbaut.

Sie sehen keine Risiken in dieser ­hohen Abhängigkeit?
Die Entwicklung und das Wachstum Chinas sind viel stärker mit dem Wohlergehen der globalen Wirtschaft verknüpft als manche ­glauben. Die Bedrohung durch wachsenden Protektionismus und zunehmende Handelsrestriktionen stellen die globale Wirtschaft vor ernsthafte Risiken. China ist davon nicht ausgenommen. Aber wir glauben, dass in China die Chancen die Risiken überwiegen. Allein für die Projekte um die Belt-and-Road-Initiative (BRI), in Deutschland heißt sie, glaube ich, "Neue Seidenstraße", werden bis zu 150 Millionen Tonnen Stahl gebraucht. 1,3 Billionen US-Dollar sollen im Rahmen der Initiative investiert werden. Aus unserer Sicht hat dieser Investitionsplan das ­Potenzial, die Wirtschaft in einem historischen Ausmaß zu stärken, von dem noch Generationen profitieren werden.

Als Bergbaukonzern hat BHP stark unter dem Fall der Rohstoffpreise gelitten. Wann sehen Sie eine nachhaltige Erholung?
Ich werde jetzt kein konkretes Datum oder einen Zeitraum für eine "nachhaltige Erholung" nennen. Aber nach einer Phase der niedrigen Preise wird heute eine ganze Reihe von Rohstoffen, die wichtig für uns sind, wieder über den langjährigen Voraussagen gehandelt. ­Unser langfristiger Ausblick bleibt positiv. Eine wachsende Weltbevölkerung und zunehmende Lebensstandards werden die Nachfrage nach Energie, Metallen und Düngern auf Jahrzehnte hinaus an­kurbeln, Industrialisierung und Urbanisierung kommen dazu. Ich bin zuversichtlich, dass wir bei Rohstoffen richtig aufgestellt sind, um unseren Aktionären eine gute Rendite zu liefern über die Zyklen hinweg.

Sie haben sich 2015 von einigen ­Geschäftsbereichen getrennt und fokussieren sich seitdem stärker auf Rohstoffe wie Rohöl, Kali, Kupfer, Kohle und Eisenerz. Warum?
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, den Cashflow zu maximieren, die Kapitaldisziplin aufrechtzuerhalten und den Wert für unsere Aktionäre zu steigern. Daher haben wir das Geschäftsmodell vereinfacht und konzentrieren uns auf die zwölf weltweit wichtigsten Rohstoffe. Dadurch können wir unser Kapital gezielter einsetzen und unsere Bilanz stärken.

Können Sie das genauer beziffern?
Insgesamt haben wir durch die Re­strukturierung die Produktivität um zwölf Milliarden US-Dollar gesteigert. Das trägt jetzt Früchte. Im vergangenen Geschäftsjahr haben wir über 12,5 Milliarden US-Dollar freien Cashflow generiert - das ist der zweithöchste Wert, den wir je hatten. Wir konnten unsere Schulden um zehn Milliarden Dollar reduzieren und haben 4,4 Milliarden Dollar an unsere Aktionäre ausgeschüttet. Mit dieser Strategie und Finanz­disziplin wollen wir bis 2019 die Produktivität um weitere zwei Milliarden Dollar steigern, die Schulden mittelfristig auf zehn bis 15 Milliarden Dollar senken und unsere Kapitalerträge bis 2022 deutlich steigern.

Nach einem Verlust 2016 aufgrund der Restrukturierung hat BHP 2017 wieder Gewinne geschrieben. Was prognostizieren Sie für 2018?
Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine konkreten Vorhersagen machen, weil wir keinen Einfluss auf die Entwicklung der Rohstoffpreise haben. Aber wir sind stark in unser Geschäftsjahr 2018 gestartet. Wir streben ein Volumenwachstum von sieben Prozent an und wollen die Produktivität weiter steigern. Zudem erwarten wir einen anhaltend starken freien Cashflow, zusätzliche Kostensenkungen, eine durchschnittliche Rendite auf unsere Entwicklungsausgaben von 20 Prozent und einen weiteren Zuwachs bei den Kapitalerträgen, gemessen an den Rohstoffpreisen des vergangenen Geschäftsjahres.

Wo sehen Sie für Ihr Unternehmen die größten Chancen?
Wir sehen über unser gesamtes Portfolio hinweg enorme Chancen. Zum Beispiel im Bereich Technologie, wo unser Team sehr schnell hochwertige kapitaleffiziente Programme entwickelt hat, um Ressourcen zu heben und Kosten weiter zu senken. Wir haben in unserem Rohölexplorationsprogramm einige sehr positive Entdeckungen gemacht, die sich als wirtschaftlich signifikante Funde erweisen könnten. Außerdem haben wir gerade eine große Investition in unsere Kupfermine in Chile und eine neue Eisenerzmine in Pilbara in Australien genehmigt.

Vita
Weltenwandler
Andrew Mackenzie wuchs in Schottland auf. Er studierte Geologie und promovierte in Chemie. Danach forschte er unter anderem am Forschungszentrum in Jülich. 1983 wechselte er in die Wirtschaft zum Ölkonzern BP. 2004 heuerte er beim Bergbaukonzern Rio Tinto an. Vier Jahre später ging er zum Wettbewerber BHP. Seit 2013 steht er an der Spitze des größten Bergbaukonzerns der Welt.

Unternehmen
Rohstoffriese
BHP (früherer Name: BHP Billiton) ist der wertvollste Minenbetreiber der Welt. Im Geschäftsjahr 2017, das am 30. Juni endete, erzielte das australisch-britische Unternehmen einen Umsatz von umgerechnet rund 28 Milliarden Euro und einen Gewinn von 5,4 Milliarden Euro. Im Jahr zuvor schrieb der Konzern wegen hoher Re­strukturierungskosten fast sechs Milliarden Euro Verlust. Die Aktie ist angesichts des Turn­arounds und der gestiegenen Rohstoffpreise attraktiv bewertet.

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Bildquellen: BHP Billiton, BHP

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