Aktien aus dem Reich der Mitte: Das sind die China-Kracher!
Der Indexanbieter MSCI will chinesische A-Aktien in wichtige Kursbarometer aufnehmen. Die Entscheidung ist ein Meilenstein für den Aktienmarkt in China.
Werte in diesem Artikel
von Christoph Platt, Euro am Sonntag
Dreimal war China gescheitert, beim vierten Anlauf klappte
es endlich: Chinesische A-Aktien werden in die bedeutenden Kursbarometer des Indexanbieters MSCI aufgenommen. Betroffen sind insbesondere der MSCI Emerging Markets für globale Schwellenländeraktien, der MSCI All Country World für globale Aktien generell und der MSCI Asia ex Japan für asiatische Titel.
"Die Einbeziehung der A-Aktien ist ein großer Schritt, mit dem die Rolle Chinas im Aktienuniversum Emerging Markets bedeutender wird", sagt James Syme, Fondsmanager für Schwellenländeraktien bei J O Hambro.
In China gibt es mehrere Aktienarten (siehe unten). Bislang waren nur die H-Aktien, die in Hongkong gehandelt werden, in die großen MSCI-Indizes integriert. Nun werden die A-Aktien, die an den Festlandbörsen in Shanghai und Shenzhen gelistet sind, ebenfalls aufgenommen.
Die Integration erfolgt langsam und sukzessive. Das Unternehmen MSCI hat sich entschieden, zunächst 222 A-Aktien in seine Indizes aufzunehmen. Dies soll in zwei Schritten im Juni 2018 sowie drei Monate später geschehen.
Festlandaktien werden geadelt
Die Ankündigung hat fürs Erste vor allem einen symbolischen Wert. MSCI adelt damit chinesische Festlandaktien und zollt den Bemühungen der Regierung Anerkennung, den chinesischen Aktienmarkt zu öffnen und internationalen Standards anzupassen. Die unmittelbaren Auswirkungen werden zunächst gering sein. Denn der Anteil chinesischer A-Aktien am MSCI Emerging Markets wird lediglich 0,73 Prozent betragen.
Fakt ist allerdings, dass zumindest passive Produkte, die den betroffenen Indizes folgen, chinesische A-Aktien werden kaufen müssen. Insgesamt dürfte dies aber nicht ausreichen, um stärkere Kursbewegungen auszulösen. Der Finanzdienstleister Thomson Reuters Lipper macht dies mit einem Rechenbeispiel deutlich. "Selbst wenn alle Fonds, die in globale Schwellenländer investieren, fünf Prozent ihres Vermögens in A-Aktien investieren, hätte diese Summe von 41,8 Milliarden US-Dollar einen relativ geringen Einfluss, wenn man sie in Relation zur Größe des Marktes für Festlandaktien setzt", sagt Detlef Glow, Chefanalyst für Europa bei Thomson Reuters Lipper. Dieser Markt habe ein Volumen von etwa sieben Billionen Dollar. De facto werde der Anteil chinesischer A-Aktien in den Portfolios ohnehin wohl weitaus geringer ausfallen.
Trotz der geringen kurzfristigen Auswirkungen ist die Einbindung chinesischer Festlandaktien in die Indizes von MSCI ein Meilenstein, dessen Folgen langfristig zu sehen sind. "Die Aufnahme bestärkt die chinesische Regierung in ihren Reformen des Finanzmarkts und wird dafür sorgen, dass sich ausländische Investoren stärker mit den Festlandaktien beschäftigen", so David Raper, Portfoliomanager bei Comgest für asiatische Aktien ohne Japan. Dadurch werden sich auch der Dialog mit den Unternehmen und das Berichtswesen verbessern, davon ist der Fondslenker überzeugt.
Kein blinder Enthusiasmus
So sehr die Aufnahme der A-Aktien durch MSCI in die richtige Richtung weist, so wenig ist blinder Enthusiasmus angebracht. Fast 70 Prozent der Unternehmen, die in einem Jahr in die Indizes aufgenommen werden, gehören dem Staat. Damit richten sie sich weniger nach den Kräften des Marktes und den Bedürfnissen der Aktionäre, als nach dem Wunsch der Regierung. "Eine große Zahl an Firmen, die in die Indizes integriert werden sollen, ist schwer einzuschätzen", mahnt Raper.
Auch dass viele der ausgewählten Unternehmen aus den Sektoren Finanzen und Immobilien stammen, bereitet Sorgen. Durch die Entscheidung von MSCI erhalten chinesische Aktien aus diesen Bereichen in den Indizes ein noch größeres Gewicht. "Insbesondere passive Investoren sind nun durch die Einbeziehung der A-Aktien hier noch stärker exponiert", sagt J-O-Hambro-Manager Syme. Gerade diese beiden Sektoren stehen wegen der schnell wachsenden Verschuldung in China und der Immobilienblase in den Großstädten unter kritischer Beobachtung.
Trotz aller Risiken bietet die Öffnung des Markts für Festlandaktien zahlreiche Chancen. "Viele Neueinsteiger werden positiv überrascht sein von der Qualität einiger dieser Unternehmen und der starken Performance ihrer Aktien", sagt Charlie Awdry, Experte für chinesische Aktien bei Janus Henderson.
Aussichtsreiche Themen
Doch es sind eben einige und längst nicht alle A-Aktien, die überzeugen. Als aussichtsreich gelten vor allem die Bereiche Konsum, Dienstleistungen, saubere Energien, Technologie und Internet. Aber auch in diesen Segmenten von Chinas New Economy wird nicht jedes Unternehmen das halten können, was sich Anleger von ihm versprechen. "Auf den wachsenden Konsum zu setzen, ist sicher ein guter thematischer Ansatz, doch der Begriff ist weit und man muss sehr selektiv vorgehen", sagt Raper.
Beim Blick auf die Chancen, die sich in China bieten, verweist der Comgest- Manager zudem auf die zunehmende Bedeutung geistigen Eigentums im Reich der Mitte. "China glänzt längst nicht mehr nur mit seiner preiswerten Produktion, sondern zunehmend auch mit besseren Produkten", sagt er.
Wichtig zu wissen:
Als A-Aktien werden Titel bezeichnet, die an den Festlandbörsen in Shanghai und Shenzhen in der chinesischen Währung Renminbi notiert sind.
Die B-Aktien werden ebenfalls in Shanghai
und Shenzhen gehandelt, allerdings in US-Dollar und Hongkong-Dollar.
Eine Auswahl chinesischer Unternehmen
ist als H-Aktien über
die Börse in Hongkong verfügbar.
Investor-Info
Comgest Gr. Greater China
Ausgewählte Qualitätstitel
Aus dem Universum aller chinesischen Aktien wählen David Raper und sein Team für den Comgest Growth Greater China die aussichtsreichsten aus. Zusätzlich dürfen Titel aus Taiwan aufgenommen werden. Raper kauft qualitativ hochwertige Unternehmen, bei denen sich ein stabiles Wachstum prognostizieren lässt. Die Sektoren IT und zyklische Konsumgüter dominieren.
db X-trackers CSI 300
Einstieg in den breiten Markt
Der ETF bildet die Entwicklung der 300 größten A-Aktien Chinas ab. Titel aus dem Finanzsektor überwiegen deutlich. Wer kostengünstig auf die zunehmende Bedeutung von A-Aktien setzen will, findet in dem ETF ein gutes Produkt. Wer selektiv Chancen in China nutzen möchte, fährt dagegen mit einem aktiv gemanagten Fonds besser.
Weitere News
Bildquellen: hxdbzxy / Shutterstock.com, pixfly / Shutterstock.com