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US-Börse nach dem Beben: Welche Tech-Aktien jetzt einen Blick wert sind

19.02.22 22:43 Uhr

US-Börse nach dem Beben: Welche Tech-Aktien jetzt einen Blick wert sind | finanzen.net

Die Quartalsberichte der Konzerne sorgen für extreme Kursausschläge. Das bietet hartgesottenen Anlegern Chancen. Eine Analyse.

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von Sven Parplies, Euro am Sonntag

Ein Absturz für die Geschichtsbücher: Mehr als 27 Prozent brach die Aktie des Internetriesen Meta Platforms nach Vorlage schwacher Geschäftszahlen ein. An nur einem Tag verpufften damit mehr als 250 Milliarden Dollar Börsenwert. Das ist ungefähr so, als hätten sich die DAX-Schwergewichte Siemens und Allianz komplett in Luft aufgelöst.

Die extreme Reaktion der Börse zeigt, wie angespannt die Stimmung ist. Nach dem Corona-Crash ging es an den Aktienmärkten zwei Jahre ohne größere Rücksetzer nach oben. Vor allen bei Unternehmen aus dem Technologiesektor waren die Kursgewinne imposant: Von März 2020 bis November 2021 legte der auf Wachstumswerte ausgerichtete amerikanische Aktienindex Nasdaq 100 in der Spitze 137 Prozent zu. Seitdem aber sind die Kurse auf dem Rückzug. Mehr als 15 Prozent ging es mit dem Index nach unten. Ein Viertel der Mitglieder hat sogar mehr als ein Viertel des Börsenwerts verloren.

Auslöser der Turbulenzen ist die anstehende Zinswende. Mindestens vier Mal dürfte die amerikanische Notenbank den Leitsatz in diesem Jahr anheben, das erste Mal wahrscheinlich im März. Einige Volkswirte rechnen angesichts der unerwartet hartnäckigen Inflation mit einer noch schärferen Wende. Damit geht die Zeit des ultrabilligen Geldes zu Ende, von der am Aktienmarkt vor allem jene Unternehmen profitiert haben, bei denen die Wall Street auf große Gewinnsteigerungen in der Zukunft setzt, die aber in der Gegenwart noch wenig oder sogar kein Geld verdienen. Also viele Unternehmen aus dem Technologiesektor.

Gnadenlose Reaktion

Schlechte Nachrichten aus den Unternehmen werden in diesem Umfeld hart bestraft: Die Aktien von Spotify, Paypal oder auch Netflix verloren an nur einem Tag mehr als 20 Prozent, nachdem das Management dort enttäuschende Quartalsergebnisse vorlegte. Alle drei Unternehmen hatten in der Pandemie einen massiven Umsatzzuwachs verzeichnet. Jetzt normalisiert sich das Geschäft.

Netflix beispielsweise konnte im ersten Quartals 2020, der ersten Phase der Pandemie, fast 16 Millionen neue Kunden begrüßen. Für den Start in das neue Jahr rechnet die Online-Videothek jetzt nur noch mit 2,5 Millionen Neukunden. Ein schwächeres Wachstum aber bedeutet in der Logik der Aktienmärkte meist auch niedrigere Kurse.

Etliche Top-Aktien der Börsenrally sind trotz fallender Notierungen noch immer ambitioniert bewertet: Die kanadische Softwarefirma Shopify etwa, die ihren Kunden beim Aufbau eines eigenen Internetshops hilft, verlor zuletzt rund die Hälfte ihres Börsenwerts - trotzdem wird die Aktie noch immer mit dem mehr als 100-Fachen der Unternehmensgewinne gehandelt.

Für den breiteren Tech-Markt sind die Relationen nicht ganz so extrem: Das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis des Nasdaq 100 ist in den Jahren 2012 bis 2020 laut Datenbank des Finanzdiensts Bloomberg von zwölf auf 20 gestiegen. Mit der Pandemie schoss die Kennziffer in der Spitze dann sogar bis auf 30 nach oben. Die Kurse sind also deutlich schneller gestiegen als die Prognosen für die Unternehmensgewinne. Mit der jüngsten Kurskorrektur ist das KGV des Nasdaq auf rund 25 geschrumpft, liegt damit aber noch immer rund ein Viertel über dem Durchschnitt der vorangegangenen Dekade.

Relativ gut gehalten haben sich die meisten Schwergewichte der Tech-Welt. Der Google-Mutterkonzern Alphabet, Apple und Microsoft übertrafen mit ihren Quartalsergebnissen erneut die Analystenerwartung. Auch Amazon überraschte positiv. Die Aktie des Handelsriesen schoss nach Vorlage der Geschäftszahlen sogar zweistellig nach oben. Zwischenzeitlich stieg der Börsenwert von Amazon laut Bloomberg-Daten um 288 Milliarden Dollar - das wäre der nach Marktkapitalisierung größte jemals in der Statistik erfasste Tagesgewinn und das Gegenstück zum Meta-Absturz.

Die Gewinner im Tech-Sektor profitieren vor allem von zwei ungebrochenen Trends: Alphabet wächst insbesondere dank der dominierenden Stellung seiner Suchmaschine Google weiter stark durch die Platzierung von Onlinewerbung. Durch schnellere Internetverbindungen können zudem immer mehr Nutzer Werbevideos empfangen, was Alphabets Videoplattform Youtube entgegenkommt. Der Markt für digitale Werbung wird laut Daten des Statistikportals Statista bis zum Jahr 2024 um durchschnittlich mehr als zwölf Prozent wachsen.

Amazon und Microsoft profitieren derweil von der Nachfrage nach Cloud-Diensten. Unternehmen lagern ihre digitale Infrastruktur auf externe Server aus, um Kosten zu sparen und Flexibilität zu gewinnen. Amazon, der klare Marktführer in diesem Bereich, steigerte den Umsatz seiner Cloud-Sparte AWS im vergangenen Quartal um 40 Prozent. Microsoft, der schärfste Rivale in diesem Bereich, legte auf einem ähnlichen Niveau zu.

Das Wachstumspotenzial sollte noch immer groß sein: Das Geschäft mit Cloud-Dienstleistungen werde bis zum Jahr 2025 jährlich um rund 20 Prozent wachsen, kalkuliert die Analysefirma International Data Corporation.

Der negative Ausreißer unter den Techriesen ist Meta Platforms. Der vor allem für die Netzwerke Facebook und Instagram bekannte Konzern hat doppelt Probleme: Im Quartal sank erstmals die Zahl der täglich aktiven Nutzer. Offenbar macht sich die Konkurrenz durch TikTok bemerkbar. Die auf Kurzvideos spezialisierte Plattform ist vor allem bei den jüngeren und darum für Werbekunden wichtigen Nutzern beliebt. Verstärkt wird die Meta-Krise durch Apple: Der iPhone-Hersteller hat in seinem Betriebssystem Kunden die Möglichkeit eingeräumt, ihre persönlichen Daten besser zu schützen. Das erschwert es Datensammlern wie Facebook, gezielt Werbung zu platzieren.

Ärger gibt es auch mit der Europäischen Union: Im Streit um Datenschutzvorschriften droht Meta jetzt sogar, Facebook und Instagram zu schließen, was aber wohl nur als extreme Maßnahme infrage käme.

Der große Trend

Tech-Bullen haben trotz der Turbulenzen weiter gute Argumente auf ihrer Seite: Die Digitalisierung der Welt hat gerade erst begonnen. Etliche heute scheinbar teure Wachstumswerte werden den Optimismus darum durch starke Gewinnsteigerungen rechtfertigen, aber eben nicht alle.

Wie intensiv der Kampf zwischen Bullen und Bären im Zeichen der Zinswende ausgetragen wird, zeigt sich bei Snap: Die Aktien des Kurzvideo-Netzwerks wurde im Sog des Facebook-Absturzes um knapp 25 Prozent nach unten gerissen, schoss aber schon am nächsten Tag um fast 60 Prozent nach oben, weil Snap selbst gute Geschäftszahlen veröffentlichte.

Nach dem historisch schwachen Januar mit einem Minus von neun Prozent beim Nasdaq 100 sollten sich die Märkte jetzt zumindest beruhigen. Dafür spricht, dass die meisten wichtigen Tech-Konzerne ihre Quartalsergebnisse bereits vorgelegt haben. Von den nach Marktkapitalisierung zehn größten Indexmitgliedern steht nur noch Nvidia auf der Warteliste. Der Chipentwickler hat seinen Quartalsbericht für den 16. Februar angekündigt.

Der Kursrutsch im Technologiesektor dürfte für jene eine willkommene Gelegenheit sein, die nach Übernahmezielen Ausschau halten. Potenzielle Käufer sind wie immer die amerikanischen Tech-Riesen, die dank ihrer hohen Profitabilität extrem gut bei Kasse sind: Apple, Alphabet, Microsoft, Amazon und Meta haben laut Bloomberg-Daten zusammen knapp 650 Milliarden Dollar Cashreserven aufgetürmt. Ein erheblicher Teil davon dürfte in Aktienrückkäufe und auch Dividenden fließen, trotzdem bleiben große Reserven für mögliche Zukäufe.

Firmenjäger legen los

Microsoft ist bereits aktiv geworden und sicherte sich in einem spektakulären Deal für 69 Milliarden Dollar den Spielehersteller Activision Blizzard, um sich für die Zukunft im Metaverse zu rüsten. Die Activision-Aktie hatte zuvor rund 40 Prozent an Wert verloren. Dort, wo die großen Tech-Konzerne aufgrund kartellrechtlicher Beschränkungen nicht zugreifen dürfen, springen andere Käufer ein. Finanzinvestoren sicherten im Januar zu einem Bewertungsniveau von 16,5 Milliarden Dollar Citrix Systems, einen Spezialisten für Unternehmenssoftware.

Das nächste Ziel der Firmenjäger könnte Peloton Interactive sein. Die Aktie der Fitnessfirma, die neben Trainings-Bikes auch Online-Fitnesskurse anbietet, war in der Pandemie massiv gestiegen, dann aber abgestürzt. Jetzt werden Amazon und auch der Sportartikelkonzern Nike als Interessenten für eine Übernahme ins Gespräch gebracht. Turbulente Zeiten bedeuten immer auch außergewöhnliche Chancen.


INVESTOR-INFO

Alphabet

Neue Impulse

Durch Google und Youtube profitiert Alphabet vom weiter wachsenden Online-Werbemarkt. Das Konglomerat expandiert in neue Geschäftsfelder: Das Cloud-Geschäft wächst stark, ist aber noch relativ klein. Langfristig Potenzial haben auch Dienstleistungen zum autonomen Fahren. Nach dem steilen Kursanstieg soll die Aktien im Verhältnis von 20:1 gesplittet werden. Das könnte Alphabet den Weg in den Aktienindex Dow Jones ebnen. Rücksetzer bleiben Kaufgelegenheiten.

Amazon

Starker Hebel

Amazon ist nicht nur der weltgrößte Onlinehändler, sondern auch ein Tech-Konzern. Wichtigster Kurstreiber ist die Cloud-Sparte AWS, die 2021 fast drei Viertel des operativen Konzerngewinns einfuhr. Im Onlinegeschäft belasten steigende Kosten für Löhne und Logistik. Amazon hat aber dank seiner Größe und Marktstellung einen starken Hebel, um die Profitabilität auch im Onlinehandel zu verbessern. Ein Basisinvestment.

Netflix

Moderate Bewertung

In der Pandemie haben viele Menschen zum Zeitvertreib ein Netflix-Abo abgeschlossen. Inzwischen flacht die Dynamik ab. Für das erste Quartal kalkuliert das Management mit 2,5 Millionen Neukunden, das wären 1,5 Millionen weniger als zum Auftakt des Vorjahres. Netflix aber bleibt Marktführer unter den Streamingdiensten mit zuletzt 222 Millionen Kunden. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Aktie ist im historischen Vergleich moderat.

Reversal-Produkt

Bereit für die Wende

Der neue Börse Online Reversal Index bildet die Kursentwicklung von zehn in der Tabelle rechts aufgelisteten Unternehmen ab. Es handelt sich um Aktien, die zum Kurshoch mindestens 60 Prozent verloren und Aufholpotenzial haben. Mit dem Zertifikat auf den Index sind Anleger an der Wertentwicklung beteiligt. Im Vergleich zu einem Investment in einen Einzelwert ist das Risiko auf mehrere Titel verteilt. Um eine ausgewogene Gewichtung der Mitglieder zu gewähren, wird das Portfolio zweimal im Jahr angepasst.











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Bildquellen: Roberto Machado Noa/LightRocket via Getty Images, andersphoto / Shutterstock.com, Finanzen Verlag

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16.12.2024Amazon BuyUBS AG
16.12.2024Amazon BuyJefferies & Company Inc.
05.12.2024Amazon KaufenDZ BANK
20.11.2024Amazon OverweightJP Morgan Chase & Co.
01.11.2024Amazon KaufenDZ BANK
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16.12.2024Amazon BuyUBS AG
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26.09.2018Amazon HoldMorningstar
30.07.2018Amazon neutralJMP Securities LLC
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02.05.2018Amazon HoldMorningstar
02.02.2018Amazon neutralJMP Securities LLC
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11.04.2017Whole Foods Market SellStandpoint Research
23.03.2017Whole Foods Market SellUBS AG
14.08.2015Whole Foods Market SellPivotal Research Group
04.02.2009Amazon.com sellStanford Financial Group, Inc.
26.11.2008Amazon.com ErsteinschätzungStanford Financial Group, Inc.

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