Euro am Sonntag-Analyse

Öl-Aktien: Wo es wieder ordentlich sprudelt

26.05.16 19:52 Uhr

Öl-Aktien: Wo es wieder ordentlich sprudelt | finanzen.net

Was Autofahrer ärgert, bessert die Lage einer ganzen Branche: Der Ölpreis erholt sich und mit ihm die Aktienkurse vieler Energiekonzerne. Bei welchen Anleger jetzt einsteigen sollten.

von Florian Westermann, Euro am Sonntag

Auf Autofahrer kommen harte Zeiten zu - zumindest, wenn der Ölpreis weiter steigt. Seit Mitte Januar zog die Notierung für Brent-Öl, der Referenzsorte in Europa, um 80 Prozent auf 48 Dollar je Barrel - also ein 159-Liter-Fass - an. Damit steigen dann auch die Benzinpreise: Schon jetzt kostet der Liter Super an der Tankstelle gut zehn Prozent mehr als im Januar.

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Für Länder wie Saudi-Arabien oder Russland, die einen Großteil ihrer Staatseinnahmen aus dem Ölgeschäft beziehen, ist der Anstieg eine Erholung. Auch die Aktien von Ölunternehmen sind wieder begehrt. Noch um die Jahreswende herrschte Ausverkaufsstimmung. Horrorszenarien von Ölpreisen unter zehn Dollar machten die Runde. Die Notierung der Nordsee-Sorte Brent fiel unter 28 Dollar je Barrel - der tiefste Stand seit mehr als zwölf Jahren.

Der Grund des Preisverfalls lag im riesigen Überangebot: Länder wie Saudi-Arabien, Russland und die USA förderten das schwarze Gold um die Wette, jeder wollte den Rivalen Marktanteile abjagen. Überdies hat der Iran seine Produktion nach dem Ende der Wirtschaftssanktionen wieder hochgefahren.
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Die Folgen für die Branche sind hart: Weltweit gingen bislang über 200.000 Jobs verloren. Die Schockwellen waren auch an den Finanzmärkten zu spüren. An den Börsen wurden böse Erinnerungen an das Jahr 2008 wach: Damals brach der Ölpreis als Vorbote der darauf folgenden Weltwirtschaftskrise dramatisch ein.

Doch inzwischen ebbt die ­Ölschwemme ab. Die US-In­vestment­bank Goldman Sachs schätzt sogar, dass es im Mai wegen der starken Nachfrage bei gleichzeitig sinkender Produktion einen Nachfrageüberhang gibt. Die Erholung am Ölmarkt setzt damit schneller ein als ­vielfach erwartet. Kurzfristig profitiert der Ölpreis zudem von den verheerenden Waldbränden, die in der kanadischen Provinz Alberta einen großen Teil der dortigen Ölsandförderung lahmlegen.

Boden erreicht

Die Internationale Energie­behörde (IEA) sieht den Boden auch auf lange Sicht erreicht. Die Experten gehen davon aus, dass die weltweite Ölproduktion 2016 rückläufig ist. Zugleich wächst die Nachfrage weiter. Ein Grund: der steigende Benzinverbrauch in bevölkerungsreichen Staaten wie Indien und China.
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Die Finanzmärkte nehmen fundamentale Entwicklungen meist vorweg - so auch in diesem Fall. Die Aktienkurse der Ölkonzerne drehten zum Zeitpunkt des größten Pessimismus wieder nach oben. Während das Gros der Anleger Papiere abstieß, bewies Milliardär und Investmentikone Warren Buffett Kaltschnäuzigkeit und pumpte eine Viertelmilliarde Dollar in den Raffinerie- und Tankstellenbetreiber Phillips 66.

Viele Investmentprofis sehen die Branche wieder mit anderen Augen, mahnen aber noch zur Vorsicht. "Die Kursgewinne finden vor dem Hintergrund steigender Ölpreise statt. Wenn der Sektor die positive Entwicklung fortsetzen soll, muss der Ölpreis über die nächsten zwölf bis 18 Monate einen stabilen, aber steigenden Trend hinlegen", sagt Kasper From Larsen, Branchen­spezialist für den Energiesektor bei Danske Invest.

Gewinnsprung erwartet

Trotz der wieder besseren Aussichten bleiben vor allem Investments in Firmen aus der zweiten und dritten Reihe riskant. Zu größeren Insolvenzen im Sektor kam es zwar nicht, aber viele kleinere Unternehmen rutschten in die roten ­Zahlen - teils mit dramatischen Folgen für den Aktienkurs. So verlor die Aktie des einst hoch bejubelten Öl- und Gasförderers Chesa­peake Energy binnen zwölf Monaten in der Spitze 90 Prozent. Nicht besser erging es den Aktionären von Seadrill, einem führenden Anbieter von Bohrtürmen und -schiffen, die die Norweger an Ölriesen wie ExxonMobil oder BP vermieten.

Der Preisverfall traf auch Supertanker: Im laufenden Jahr dürften die fünf größten börsengelisteten Ölkonzerne der Welt - ExxonMobil, Petrochina, Chevron, Royal Dutch Shell und BP - im Schnitt ihren Nettogewinn halbieren. Doch zuletzt wurden die Prognosen wieder angehoben. Für 2017 rechnen Experten damit, dass die Top-5-Konzerne ihren Gewinn gegenüber 2016 im Schnitt verdreifachen.

Für Anleger ist es ratsam, auf Ölfirmen zu setzen, die auch in Zeiten niedriger Ölpreise Gewinne einfahren. Das sind in der Regel die sogenannten integrierten Ölunternehmen, zu denen BP, Shell und die beiden US-Riesen ExxonMobil und Chev­ron zählen. Die vier sind von der Erschließung der Quellen und der Förderung bis zur Produktion von ölbasierten Produkten wie Benzin tätig und damit weniger abhängig vom Ölpreis als reine Förderer.

Zuletzt fuhren die Unternehmen ihre Investitionen zurück und bauten Arbeitsplätze ab - und federten so die Einbußen im Geschäft teilweise ab. Allein bei BP, Shell und Chevron - Exxon setzt die Axt nicht beim Personal an - fallen 25 000 Jobs dem Rotstift zum Opfer. Auch Gewinne im Raffinerie- und Tankstellengeschäft machen die Flaute bei der Förderung in diesen Fällen teils wett.

Das erklärt die stabile Aktienkursentwicklung der Energieriesen. Während die BP-Aktie nach dem Untergang der Ölbohrinsel Deepwater Horizon vor sechs Jahren unter Schwankungen seitwärts läuft, notieren ExxonMobil und Chevron trotz der jüngsten Baisse nicht weit unter ihren Höchstständen.

Chevron hat zudem die Arbeiten an wichtigen Ölprojekten abgeschlossen. Deshalb rechnen die Experten mit einem deutlichen Anstieg des Cashflow in den kommenden Quartalen. "Das Unternehmen muss in den nächsten fünf Jahren nicht so viel investieren, sodass es einen Teil seiner Schulden tilgen und eine attraktive Dividende ausschütten kann", sagt Danske- Analyst From Larsen.

Dividenden locken

Viele Anleger locken die hohen Ausschüttungen und Divi­denden­renditen. Trotz deutlicher Gewinneinbußen hält Chevron-Chef John Watson an der rekordhohen Dividende fest. Das hat Tradition. Seit 1926 zahlen die Kalifornier durchgängig Dividende und seit 28 Jahren erhöht Chevron die Zahlung. Mit einer der stärksten Bilanzen unter den großen Ölfirmen im Rücken dürfte Watson mit dieser Tradition nicht brechen.

Shell-Chef Ben van Beurden nutzte die Gunst der Stunde und griff beim britischen Gaskonzern BG Group zu. Über 50 Milliarden Dollar ließen sich die Niederländer den Kauf kosten. Durch diese Übernahme dürfte Shell sogar gestärkt aus der Krise hervorgehen. Shell profitiert künftig nicht nur von Synergien mit BG, sondern auch vom wachsenden Markt mit Flüssiggas. An der lupenreinen Dividendengeschichte der Niederländer dürfte sich deshalb nichts ändern.

Auch bei der Nummer 1, ExxonMobil, sehen Analysten alles andere als schwarz. Die Texaner erlitten im ersten Quartal - wie viele in der Branche - zwar einen Ergebniseinbruch, die Talsohle dürfte aber erreicht sein. Analysten rechnen wieder mit steigenden Gewinnen. Die Dividende wird auch Exxon-Boss Rex Tillerson deshalb wohl nicht antasten.

Investor-Info

ExxonMobil
Die Nummer 1
Im laufenden Jahr dürfte der weltgrößte börsennotierte Ölkonzern gut zehn Milliarden Dollar verdienen - im Vergleich zu 2015 wäre das ein Rückgang um ein Drittel. Analysten rechnen aber nicht damit, dass die Dividende in Gefahr ist. Aktuell beträgt die Dividendenrendite gut drei Prozent. Zudem ist nächstes Jahr wieder mit einem Gewinnsprung auf 17 Milliarden Dollar zu rechnen. Der Konzern ist ein Basisinvestment im Ölsektor und ein zuverlässiger Dividendenzahler.

Royal Dutch Shell
Dividendenkönig
Kein anderer großer Ölkonzern bietet eine vergleichbar hohe Dividendenrendite wie die Niederländer. Aktuell beläuft sich die Rendite auf über sieben Prozent. Um das Niveau zu halten, bietet der Konzern seinen Aktionären statt einer Barzahlung wahlweise eigene Aktien mit einem Rabatt an. Das lohnt sich für Langfristanleger. Anleger müssen allerdings berücksichtigen, das die depotführende Bank in diesem Fall eventuell eine Gebühr erhebt.

Chevron
Vor Gewinnschub
Bei Chevron rechnen Analysten im laufenden Jahr mit einem kräftigen Gewinneinbruch von über 60 Prozent. 2017 dürfte sich das Ergebnis dann jedoch fast vervierfachen. Trotz des Gewinnrückgangs rechnen Analysten nicht mit einer Dividendenkürzung. Der Konzern verfügt trotz der niedrigen Ölpreise über eine äußerst solide Bilanz. Aussichtsreich.

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Bildquellen: iurii / Shutterstock.com, gopixa / Shutterstock.com

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08.01.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) BuyJefferies & Company Inc.
08.01.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) OutperformRBC Capital Markets
08.01.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) BuyJefferies & Company Inc.
02.01.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) BuyJefferies & Company Inc.
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08.01.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) BuyUBS AG
08.01.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) BuyJefferies & Company Inc.
08.01.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) OutperformRBC Capital Markets
08.01.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) BuyJefferies & Company Inc.
02.01.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) BuyJefferies & Company Inc.
DatumRatingAnalyst
26.08.2020Shell (Royal Dutch Shell) (A) UnderweightBarclays Capital
29.11.2017Shell B SellCitigroup Corp.
29.11.2017Shell (Royal Dutch Shell) (A) SellCitigroup Corp.
29.11.2017Shell B SellCitigroup Corp.
30.01.2015Royal Dutch Shell Grou b SellS&P Capital IQ

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