Heiße US-Aktien: Da stimmt nicht nur der Preis!
Billigketten mit Qualitätsware sind der Wachstums-Trend schlechthin bei US-Modehändlern. Die Aktien sind auch an der Wall Street begehrt.
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von Tim Schäfer, Euro am Sonntag
Zwischen den Häuserschluchten an der Südspitze Manhattans liegt der Schnäppchenladen T. J. Maxx. Nebenan eines der bekanntesten Gebäude der Welt: die New York Stock Exchange. Statt imposanter Säulenfassade führt eine Rolltreppe zu T. J. Maxx hinab in ein Kellergeschoss. Ein rot-weißes Schild witzelt: "Willkommen, Maxxinistas!" Hierher kommt, wer Kleidung mit viel Rabatt ergattern will. Insbesondere sind viele Frauen zwischen 30 und 60 Jahren auf der Jagd.
In den Gängen ist kaum Platz, die Klamotten hängen dicht an dicht. Wer lange genug sucht, der findet: Poloshirts von Ralph Lauren für 34,99 Dollar - sie kosten gewöhnlich 60 bis 85 Dollar. Einen großen Rucksack von Adidas, der sonst für 65 Dollar über die Theke geht, gibt’s hier für 39,99 Dollar - plus lebenslanger Garantie. Bettwäsche, Lebensmittel, Koffer und Küchenutensilien runden das Sortiment ab. Am Ausgang passt ein Wachmann auf, dass nichts geklaut wird. Angenehme Einkaufsatmosphäre? Flair? Fehlanzeige!
Hier geht es nur um eines: Qualität zum Billigpreis. Beim Verbraucher kommt das gut an. Es stört auch nicht, dass es sich bisweilen um Kleidung aus dem Vorjahr handelt, die nicht dem allerneuesten Trend entspricht. Rabatte kommen halt niemals aus der Mode.
Der Discounter T. J. Maxx gehört wie die Kette Marshall’s zu TJX, einem US-Einzelhandelskonzern, der weit stärker wächst als die Branche. TJX ist Marktführer bei den sogenannten Off-Price-Retailern, den Billigheimern im US-Einzelhandel. Der Umsatz von TJX kletterte zuletzt im Quartal um sechs Prozent, die Entwicklung weist nach oben. Während einige Konkurrenten ihre Erwartungen senkten, legte Chef Ernie Herrman die Messlatte für Umsatz und Gewinn im Gesamtjahr höher. "Wir sind zuversichtlich, dass wir unsere Kundenzahl und den Marktanteil ausbauen", freut sich Herrman. Das Imperium hat 3.600 Filialen, einige auch in Europa. In Deutschland kennt man die Läden unter dem Namen TK Maxx.
Rabatte, Rabatte, Rabatte
Qualität für vergleichsweise kleines Geld - das liegt in den USA spätestens seit der Finanzkrise im Trend. Konsumenten sind preisbewusster geworden. Zwei Drittel aller Amerikaner gehen inzwischen bei Discountern shoppen, hat eine Marktforschungsstudie ergeben. Und drei von vier Kleidungsstücken werden bei Billigheimern gekauft. Die drei führenden Anbieter - TJX, Ross Stores und Burlington Stores - sollten davon auch künftig gehörig profitieren, schätzen die Analysten der Ratingagentur Moody’s. Demnach wächst bei ihnen der Umsatz in den kommenden fünf Jahren im Schnitt um sechs bis acht Prozent. Die gesamte Branche bringt es dagegen bloß auf vier Prozent Umsatzplus.Bei TJX klingelt die Kasse. Die operative Marge liegt bei fast zwölf Prozent.Im Gegensatz dazu leiden traditionelle US-Kaufhausketten wie Macy’s, Nordstrom und Kohl’s. Ihr Umsatz schrumpft, die Gewinne brechen ein - auch weil ausländische Billigketten wie die schwedische H & M oder die spanische Inditex mit ihrer Tochter Zara im US-Markt wildern. Die Filialen der einstigen Platzhirsche liegen zudem meist vor den Toren der Großstädte auf der grünen Wiese. Doch die abgelegenen Einkaufszentren sind inzwischen aus der Mode geraten. Konsumenten gehen lieber in Stadtzentren oder in ihrer Nachbarschaft einkaufen. So sparen sie nicht nur Sprit, sondern auch Zeit.
Auch die Geschäfte von Ross Stores liegen zum Großteil in Wohngebieten. Die Kalifornier sind mit 1.317 Filialen längst nicht so groß wie TJX. Das Geschäftskonzept ähnelt dem des Billigvorreiters: Vorstandschefin Barbara Rentler kauft Restware direkt von Markenherstellern. Alles, was beim Fabrikanten liegen bleibt, nimmt Ross zum Spottpreis ab. Auf 8.000 Zulieferer kann das Unternehmen zurückgreifen. Die Ware wird mit bis zu 60 Prozent Rabatt so schnell wie möglich verhökert. Auch die Stores von Ross sind schlicht. Der typische Kunde ist eine berufstätige Mutter, die für die Familie einkaufen geht, vornehmlich aus unteren bis mittleren Einkommensschichten. Die Auswahl ist zwar begrenzt, doch es wird stetig aufgefüllt. Und beinahe jedes Mal sind neue Schätze zu entdecken. Deshalb kommen die Kunden wieder und wieder.
An der Börse ist Ross Stores ein Star. Die Aktie hat seit Juni 1986 um 19.000 Prozent zugelegt. Ross ist ebenso wie TJX schuldenfrei. Selbst eine schwere Rezession dürften beide verkraften.
Ross-Chefin Rentler ist dennoch vorsichtig. Der Konzern expandiert langsam, ohne große Risiken einzugehen. Im Juni und Juli eröffnete Ross 31 neue Läden. 28 kamen im ersten Quartal hinzu. Den Aktienkurs hält die Chefin auf Trab, indem sie Rückkäufe tätigt. Im ersten Quartal kaufte Ross Aktien im Wert von 207 Millionen Dollar zurück.
Macy’s und Co wachen auf
Inzwischen reagieren die Etablierten auf die Billigkonkurrenz. Das Kaufhaus Macy’s eröffnete den Ableger Backstage, eine Kette mit niedrigeren Preisen, die junge Amerikaner ansprechen soll. Sechs Filialen gibt es schon. "Backstage hatte ein gutes Quartal", sagte Finanzchefin Karen Hoguet unlängst. "Wir hoffen, diese Läden bringen neue und alte Kunden. Bislang haben sich beide Ziele erfüllt, aber es ist noch zu früh, um von einem Erfolg zu sprechen." Den braucht das Kaufhaus aber dringend: Erst kürzlich kündigte Macy’s die Streichung Tausender Arbeitsplätze an sowie die Schließung von 100 regulären Filialen.Der Kaufhauskonzern Nordstrom ist in Sachen Discounter schon weiter. Er betreibt bereits 200 Billigläden namens Nordstrom Rack. Fünf Millionen Kunden besuchten sie 2015. Die Sparte trägt ein Viertel zum Gesamtumsatz bei - noch immer zu wenig, um vom Spartrend im vollen Umfang zu profitieren.
Zurück zum New Yorker T. J.-Maxx-Laden: Gerade hat eine Kundin eine Bluse anprobiert. Sie passt. Nach ein paar Minuten Bedenkzeit geht die Mitvierzigerin zur Kasse. TJX scheint wieder ein gutes Geschäft gemacht zu haben.
Investor-Info
Ross Stores
Fantasie mit Filialen
Hohe Rabatte für die Kunden - und dennoch sind die Läden eine Goldgrube für das Unternehmen. Die operative Marge liegt bei mehr als 13 Prozent. Der Umsatz dürfte 2016 bei knapp zwölf Milliarden Dollar landen. Eine Milliarde Dollar liegen in der Kasse. Ross hat gut 1.300 Filialen, das Netz kann langfristig noch stark wachsen. Geschätztes Gewinnplus für 2016: über zehn Prozent. Seit Börsengang 1986 wären mit der Aktie aus 10 000 Euro über 1,9 Millionen Euro geworden. Die Redaktion sieht weiteres Kurspotenzial.
TJX Companies
Aggressive Aktienkäufe
Mit geschätzt über 30 Milliarden Dollar Umsatz im laufenden Jahr ist der US-Einzelhändler fast dreimal so groß wie der Wettbewerber Ross Stores. Analysten trauen TJX in den kommenden Jahren ein Umsatzplus von sieben Prozent jährlich zu. Weil Vorstandschef Ernie Herrman aggressiv Aktien zurückkauft und von Skaleneffekten profitiert, dürfte der Gewinn schneller zulegen. Die Dividende ist solide, die Aktie haltenswert.
Macy’s
Flaute mit Ambiente
Die einstige Ikone des amerikanischen Einzelhandels ist angeschlagen. Die Kundschaft, die Macy’s mit hohen Preisen und edlem Ambiente über Jahre anzog, schwindet. Internetkonkurrenz und vor allem die Off-Price-Retailer graben dem etablierten Konzern das Wasser ab. Die Margen kollabieren. Mit über sieben Milliarden Dollar sind die Finanzschulden hoch. Dafür gehören aber zum Konzern wertvolle Immobilien in zentraler Lage von New York, San Francisco und Chicago. Fundamental nicht überzeugend. Meiden.Ausgewählte Hebelprodukte auf adidas
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