Videospiele: Heißer Herbst für die Branche - und für Anleger!
Der US-Spieleentwickler Epic Games hat mit dem Shooter "Fortnite" die gesamte Branche aufgemischt. Im Herbst wollen die Platzhirsche zurückschlagen. Die Konkurrenz kurbelt die Geschäfte an.
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von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag
Battle Royale - 100 Spieler treten gegeneinander an, und nur einer oder ein Team kann gewinnen. Der neue Spielmodus im Computerspiel "Fortnite" der nicht börsennotierten US-Firma Epic Games schreckt die Großen der Branche auf. Ein Jahr nach dem Debüt hat "Fortnite" weltweit 140 Millionen Spieler in seinen Bann gezogen. Täglich sollen sich geschätzt 27 Millionen online bekämpfen. Bobby Kotick, Chef des US-Spieleentwicklers Activision Blizzard, sieht den Erfolg des Aufsteigers aus Raleigh in North Carolina als Herausforderung: "Wenn jemand mit Innovation erfolgreich ist, lernen wir sehr schnell dazu", feuert der Vorstand Richtung Konkurrenz.
Heißer Herbst
Wie groß der Lerneffekt des Konzerns aus dem kalifornischen Santa Monica ist, zeigt sich am 12. Oktober. Dann stellt Activision Blizzard die neue Version seines Shooting-Bestsellers "Call of Duty" vor. Das Spiel, von dem es jährlich eine neue Version gibt, ist in der Regel die Nummer 1 im Verkauf. Diesmal wird es auch den Battle-Royale-Modus geben. Zwar hat auch Epic seinen Bestseller vor wenigen Tagen in neuer Version aufgepeppt. Dennoch erwarten Experten, dass "Call of Duty" in dieser Saison wieder die Verkaufslisten anführen wird. Auf 21,5 Millionen schätzt die US-Bank Piper Jefferies die Zahl der von Oktober bis Ende des Jahres verkauften Kopien.
Die Schlacht der Shooter im Herbst wird richtig heiß, wenn auch der Entwickler Take-Two Interactive seinen Bestseller "Red Dead Redemption" erneuert, Version 2 kommt ebenfalls mit Battle-Royale-Modus. Das Computerspiel wird als Western mit Szenen in hochauflösender Spielfilmqualität inszeniert. Im Geschäftsjahr bis Ende März sollen 15,5 Millionen Kopien an den Spieler gebracht werden.
Wie stark einige der Schwergewichte in der Branche durch die Innovationen von "Fortnite" unter Druck stehen, zeigt sich beim US-Spielegiganten Electronic Arts. Der Konzern aus Redwood City in Kalifornien, bekannt auch durch die Fußballsimulation "FIFA", hat das Debüt der nächsten Version des Kampfspiels "Battlefield" verschoben.
Konkurrent Activision Blizzard sieht der Premiere seines martialischen "Call of Duty" dagegen gelassen entgegen. Auf Amazons Twitch, dem populären Streamingdienst für Computerspiele und Turniere, landete die Betaversion bereits auf Platz 2.
Die Story von "Fortnite" ist im Prinzip simpel: Bei dem Überlebensspiel landen bis zu 100 Online-Gamer per Gleitschirm in der gleichen digitalen Spielewelt. Ausgerüstet mit Spitzhacke, bauen sie aus Holz, Stein und Metall Häuser zu ihrem Schutz, zugleich rücken sie mit erbeuteten Waffen ihren Gegenspielern auf den virtuellen Leib.
Das Spiel ist im Gegensatz zu den realistischen Shootern der Konkurrenz unblutig - und zudem kostenlos. Spieler können ihre Ausrüstung und ihre Fähigkeiten aber innerhalb des Spiels durch Käufe aufpolieren. Analysten der US-Bank Goldman Sachs haben die In-Game-Käufe hochgerechnet. Über alle Plattformen - mobil, PC und Konsolen - hinweg dürfte "Fortnite" 3,6 Milliarden Dollar Jahresumsatz schaffen. "Das ist weit mehr, als bei anderen Bestsellern während des Spielens bisher eingenommen wurde", sagt Christopher Merwin, Experte bei Goldman Sachs.
Neue Spielergeneration
"Fortnite" begeistert dabei eine besonders attraktive Zielgruppe: Rund
80 Prozent der Teilnehmer sind nicht älter als 35 Jahre, die meisten wohl jünger als 20. Kostenlose Versionen machten "Fortnite" vom Start weg so populär, dass die Aktienkurse etablierter Entwickler wie Activision Blizzard, Take-Two Interactive und Electronic Arts 2017 zeitweise unter Druck gerieten. Bis sich in der Branche die Einschätzung durchsetzte, dass es dem Aufsteiger gelungen war, einen zusätzlichen Markt zu erschließen: junge Menschen, die mit Streamingdiensten, Smartphones und Tablets aufwachsen.
Diese Generation verändert die Computerspielebranche. Das zeigt sich auch am Erfolg der Spieleturniere, der sogenannten E-Sport-Events. Nach Schätzungen des Marktforschers NewZoo haben 2017 weltweit 143 Millionen Menschen E-Sport-Veranstaltungen verfolgt - zu Hause am Computer oder live bei Events in großen Hallen, die wie bei Popkonzerten mit Videoleinwänden inszeniert werden.
Das Geschäft mit E-Sports wächst rasant. Die Experten von NewZoo erwarten, dass sich die Zahl der Zuschauer binnen vier Jahren auf 276 Millionen weltweit verdoppelt. Potenzial ist vorhanden. Von global 2,2 Milliarden aktiven Gamern sind erst fünf Prozent auch E-Sportler oder Fans des Trends. Selbst in Asien, wo die Turniere bei Spielern und Anhängern besonders populär sind, liegt der Anteil noch nicht höher.
Neue E-Sport-Ligen
Dieses Potenzial wollen Konzerne wie Tencent und Activision Blizzard nutzen, um E-Sport für Sponsoren, Teams und Fans professionell zu vermarkten. Die Vorlage dafür sind Amerikas Profiligen für Football, Basketball oder Eishockey.
So hat Activision Blizzard für sein Spiel "Overwatch", bei dem zwei Teams mit jeweils sechs Spielern in einer Fantasywelt gegeneinander kämpfen, eine gleichnamige Liga entwickelt. Zu Jahresbeginn ging "Overwatch" mit zwölf Teams an den Start. Mittelfristig sollen es 30 Mannschaften werden. Der chinesische Technologiekonzern und Spieleentwickler Tencent peilt über seine US-Tochter Riot Games Ähnliches mit der "League of Legends"-Liga in Amerika und Europa an.
Analog zu herkömmlichen Sportveranstaltungen bauen die Spieleentwickler als Besitzer der E-Sport-Ligen die Vermarktung über Tickets, Sponsoren und Übertragungsrechte auf. Amazons Streamingdienst Twitch blätterte für das Recht, "Overwatch"-Spiele zwei Jahre lang zu übertragen, stolze 90 Millionen Dollar auf den Tisch. "Der Wilde Westen im E-Sport-Business wird nach und nach ein professioneller Markt", erklärt Goldman-Sachs-Analyst Merwin.
Gut für die Spieleentwickler, die einen wesentlichen Anteil der Einnahmen aus der Vermarktung einstreichen. Die Teams in den US-Ligen werden wie im Sport an Investoren verkauft: 10.000 Dollar für ein "League of Legends"Team, 20.000 Dollar für eines bei "Overwatch". Die Entwicklung der Ligen steht erst am Anfang. Mit professioneller Organisation und Vermarktung könnten die Einnahmen von derzeit 700 Millionen in vier Jahren auf drei Milliarden Dollar vervielfacht werden, schätzt Goldman Sachs.
Schalke 04 als Pionier
Auch in Deutschland wächst die Popularität von E-Sport. Ein Schwerpunkt ist virtueller Fußball, der US-Hersteller Electronic Arts organisiert etwa den FIFA eWorld Cup. Bundesligist Schalke 04 gehört zu den Pionieren im Markt. Ein Team der Gelsenkirchner mit dem norwegischen Profi Vatevik "Nukeduck" Holm an Bord spielte sich überraschend in die europäischen Playoffs.
Antreiber ist Schalkes E-Sport-Chef Tim Reichert. "Wir werden nicht jeden 50-Jährigen im Stadion für den E-Sport begeistern können. Aber wir merken, dass junge Fans neben dem Fußball auch das verfolgen, was wir in ‚League of Legends‘ leisten", sagt der 38-jährige Ex-Profifußballer. Reichert ist ein Wegbereiter des Trends in Deutschland. Für Schalkes FIFA-E-Sport-Team holte er jüngst den 19-jährigen Profi Philipp "Eisvogel" Schermer. Im Finale der "FIFA 18"-WM im August landete dieser als bester Deutscher unter den Top 4 auf Sonys Playstation.
Hohe Preisgelder, vereinzelt bereits im siebenstelligen Eurobereich, sowie die wachsende Zahl der Fans auf Streamingkanälen wie Twitch beschleunigen das Business. Der "Fortnite"-Entwickler Epic Games hat den Trend erkannt und zeigt auch hier großen Ehrgeiz: Für seine Turniere 2018 und 2019 stellt er 100 Millionen Dollar Preisgeld bereit - ein Rekord in der Branche.
Investor-Info
Activision Blizzard
Starker Absatz
Die positive Resonanz auf die Beta-Version des Bestsellers "Call of Duty" spricht für ein lukratives Geschäft im wichtigen Weihnachtsquartal. Zudem werden die Spiele häufiger kostenpflichtig aus dem Internet geladen. Das verbessert die Marge. Dazu tragen auch In-Game-Käufe, das Bezahlen während des Spielens, bei. Die E-Sport-Liga Overwatch soll bereits profitabel sein. Für 2018 und 2019 erwarten Analysten jährliche Gewinnzuwächse von gut 14 Prozent. Aussichtsreich.
Take-Two Interactive
Starke Profite
Ähnlich wie bei Activision Blizzard wird auch Take-Two Interactive mit "Red Dead Redemption 2" eine erfolgreiche Antwort auf den Herausforderer "Fortnite "zugetraut. Auch die Onlineversion von "Grand Theft Auto", das nach Einschätzung von Analysten profitabelste Videospiel in der Branche, läuft vielversprechend. Der von Analysten erwartete Gewinnzuwachs von 34 Prozent für das laufende Jahr könnte übertroffen werden.
Tencent
Schwacher Kurs
Der breit aufgestellte Technologiekonzern ist sowohl in China als auch in den USA stark im Geschäft mit Computerspielen engagiert. Dazu gehört auch eine Beteiligung an dem nicht börsennotierten "Fortnite"-Entwickler Epic Games. Wegen Bedenken Pekings war es bisher jedoch nicht möglich, das Spiel auch in China zu vermarkten. Ärger mit den Aufsichtsbehörden des Landes brachte die Aktienkurse von Spieleentwicklern aus China zuletzt unter Druck. Die Aussichten bleiben gut. Anleger sollten die Kursschwäche nutzen.
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Bildquellen: Koch Media GmbH/Deep Silver, Activision Blizzard Deutschland GmbH
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