Euro am Sonntag-Aktien-Tipps

Kosmetik-Aktien: Wer bildhübsche Gewinne macht

05.09.17 03:00 Uhr

Kosmetik-Aktien: Wer bildhübsche Gewinne macht | finanzen.net

Das Geschäft mit der Schönheit verlagert sich ins Internet. Die Gewinnmargen sind vor allem beim Online-Vertrieb hoch. Doch nicht alle Unternehmen verstehen die Digitalisierung.

von Birgit Haas, Euro am Sonntag

Beruf: Influencerin. Irene Kim macht erfolgreich Werbung für Mode mit Fotos auf ihrem Instagram-Account im Netz. Von den Selfies, welche die Koreanerin schick gestylt in Markenkleidung zeigen, lassen sich knapp eine Million Menschen regelmäßig inspirieren. Kims große Fangemeinde bewog die Kosmetikfirma Estée Lauder jetzt dazu, die 29-Jährige auch gleich als Schönheitsbotschafterin zu verpflichten.



So funktioniert Werbung in der Kosmetikindustrie heute. Ohne Internet geht nichts - die begehrte junge Zielgruppe ist eben am besten online zu erreichen. Im Verkauf via Internet schlummern für die Konzerne zudem hohe Margen. Estée Lauder hat das früh erkannt. Das US-Unternehmen investiert nicht nur in Werbe-Ikonen wie Kim, sondern auch in Onlineshops.

Too Faced und Becca heißen zwei Ende 2016 akquirierte Make-up-Händler, hinzu kommt die Duftmarke By Kilian. Fabrizio Freda ist damit zufrieden: "Die jüngsten Zukäufe liefern überraschend hohe Umsätze und machen etwa 3,5 Prozent des Wachstums aus", sagte der Vorstandschef bei der jüngsten Präsentation seiner Quartalszahlen.
Auch Analysten finden die Ergebnisse der New Yorker bildhübsch. Estée Lauder habe sich erstaunlich schnell an die Digitalisierung angepasst, heißt es etwa bei der Investmentbank JP Morgan.


Der Fokus auf Internetshops treibt nicht nur die Gewinnmarge - die Umstellung soll überdies das Sinken der Umsätze im stationären Handel aufhalten. Positiv wirken sich seit Kurzem auch Sparmaßnahmen im Vertrieb aus. Darüber hinaus macht sich die neue Konsumlust der Chinesen positiv bemerkbar. Im Anfang Juni angelaufenen Geschäftsjahr sollten diese Trends voll zum Tragen kommen, heißt es bei JP Morgan. Die Analysten trauen dem US-Konzern allein acht Prozent organisches Wachstum im Geschäftsjahr zu.

Make-up für Selfies

Das ist mehr, als die Zunft weltweit zulegt. Mit einem branchenweiten Zuwachs von fünf Prozent rechnen etwa Finanzanalysten des US-Informationsdienstes Bloomberg. Ein Wachstumstreiber ist der Boom beim Make-up, im Fachjargon als "Dekorationskosmetik" bezeichnet. Millionenfach stellen vor allem Jüngere Fotos ins Netz - und wollen darauf möglichst gut aussehen. Gefragt sind überdies luxuriöse Marken sowie die sogenannte aktive Pflege, die teils nur in der Apotheke oder im Fachhandel zu kaufen ist. Mit Marken wie La Mer und Clinique ist Estée Lauder hier gut aufgestellt. Überdies partizipiert der Konzern auch vom Trend zur Naturkosmetik, etwa mit der Marke Aveda. Allein in diesem Segment hat sich das Volumen in zehn Jahren fast verdoppelt.



Nicht bei allen Branchenvertretern sieht es so gut aus. Der deutsche Pflegeriese Beiersdorf etwa ist längst nicht so stark im Bereich Kosmetik diversifiziert. Die Kernmarke Nivea zählt zwar zu den bekanntesten Labels der Welt, doch die Abhängigkeit der Hamburger von der Körperpflegeserie ist hoch: Rund 60 Prozent steuert Nivea zum Gesamtumsatz bei. Im Jahr 2013 steigerte Beiersdorf den Absatz hier noch um knapp sieben Prozent. Doch das Wachstum flacht ab, 2017 werden es wohl bloß zwei Prozent. "Wir sind überrascht von den beträchtlichen Anteilsverlusten bei Gesichtspflege und über die schwache Entwicklung bei Körperpflege", warnt UBS-Analystin Pinar Ergun.

Investitionen in junge Internetunternehmen? Fehlanzeige. Die Barreserven des Konzerns belaufen sich zwar auf stattliche drei Milliarden Euro, doch der Großaktionär, der Tchibo-Eigner Herz, setzt vor allem auf organisches Wachstum. Im direkten Vergleich etwa zu Estée Lauder wirkt die Strategie altbacken - da hilft auch der 2015 erfolgte Einstieg ins Geschäft mit Nassrasierern nicht. Dass Beiersdorf im ersten Halbjahr dennoch Umsatz und Gewinn steigern konnte, ist dem Erfolg der Klebebändermarke Tesa zu verdanken.

Gemischte Gefühle bei L’Oréal

Auch Branchengigant L’Oréal trieb Investoren zuletzt Sorgenfalten auf die Stirn. Der französische Konzern wuchs im ersten Halbjahr zwar um fünf Prozent, erklärtes Ziel von Chef Jean-Paul Agon sind jedoch Marktanteilgewinne. Das Problem: Im Massenmarkt ist wenig zu holen, in Nordamerika oder Europa wächst die Nachfrage hier kaum. Mit Marken wie Garnier oder Maybelline liegt hier aber der Schwerpunkt.

Agon bläst zum Angriff. Mit der neuen Marke Mont Blanc Saint Germain will er das erfolgreiche Luxussegment (Vichy, Roche-Posay) ausbauen. Der Onlineumsatz stieg ebenfalls nach einer Digitaloffensive zuletzt um 30 Prozent - dank angeheuerter Influencer.

Investor-Info

Estée lauder
Gepflegter Auftritt

Seit Ende vergangenen Jahres arbeitet sich der Kurs der Estée-Lauder-Aktie in Re-kordhöhen vor. Die Bewertung ist zwar recht anspruchsvoll, doch die Markenstrategie, das Onlinekonzept und Sparmaßnahmen dürften sich in diesem Jahr positiv auf Bilanz und Gewinne auswirken und mittelfristige Anleger überzeugen. Estée Lauder hebt zudem die Dividende kontinuierlich an.

L’Oréal
Aufgehübschte Bilanz

Schwächelndes Wachstum und ein umstrittener Verkauf der Marke The Body Shop haben L’Oréal-Anleger zuletzt verschreckt. Die Kritik lautete, dass der französische Konzern damit die Bilanz verschönert habe. Doch L’Oréal operiert profitabel, die neue Digitaloffensive dürfte das Geschäft weiter treiben. Zudem profitieren Anleger von steigenden Dividenden und Aktienrückkäufen.

Beiersdorf
Innovation abgeschminkt

Stagnation und Wettbewerb im Segment Körperpflege fordern Nivea-Hersteller Beiersdorf heraus. Den Hamburgern mangelt es an Produktinnovationen sowie an einer Onlinestrategie. Zudem kämpft der Konzern mit den Nachwirkungen eines Hackerangriffs. Noch wächst Beiersdorf - doch im Branchenvergleich hinken die Deutschen hinterher. Anleger warten hier ab.

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Bildquellen: LuckyImages / Shutterstock.com, Carsten Reisinger / Shutterstock.com

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