Euro am Sonntag-Aktien-Tipps

Es hängt an den Chinesen! Diese Luxus-Aktien sind einfach hip

01.08.18 15:00 Uhr

Es hängt an den Chinesen! Diese Luxus-Aktien sind einfach hip | finanzen.net

Europäische Marken wie Gucci, Hermès, Dior sind angesagt bei Chinas Jugend. Das treibt die Umsätze. Doch auch die Risiken nehmen zu.

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von Birgit Haas, Euro am Sonntag

Als Tao Liang 22 Jahre alt war, saß er beim berühmtesten Event der Mode­szene, der Pariser Fashionweek, zum ersten Mal ganz vorn. "Der Chef von Fendi brachte mich persönlich in die vorderste Reihe", erzählt der heute 25-jährige Chinese. Seither sitzt er immer dort. Tao Liang ist Modeblogger und als "Mr Bags" berühmt. Mit seinen Einträgen in den sozialen Netzwerken Weibo und WeChat erreicht er Millionen. Damit ist er ein Key-Opinion-Leader, kurz KOL. Er hat so großen Einfluss auf den Modegeschmack junger Chinesen, dass die Luxusunternehmen ihn umschwärmen wie früher die Models Kate Moss oder Claudia Schiffer oder die Chefredakteure von Magazinen wie "Vogue".



Givenchy - wie Fendi zum französischen Luxuskonzern LVMH gehörend - hat im vergangenen Jahr auf der WeChat-Präsenz von "Mr Bags" und der seines mindestens ebenso erfolgreichen KOL-Kollegen Ye Si alias "Gogoboi" Handtaschen in limitierter Auflage verkauft. Es war ein Testlauf für den Online­store, den Givenchy nach Louis Vuitton, Gucci, Prada und Burberry auf WeChat wenig später eröffnet hat. Binnen Minuten waren Angebote im Wert mehrerer Hunderttausend Euro verkauft. "Meine Follower haben eine erstaunliche Kaufkraft - sie kaufen viele Luxusartikel und die Marken wollen sie verkaufen. Ich bin die Brücke", erklärt "Mr Bags" seinen Erfolg.

Dank der gestiegenen Kaufkraft der aufstrebenden chine­sischen Mittelschicht konnten sich die europäischen Luxusmarken im vergangenen Jahr erholen. Die Macht der Konsumenten im Reich der Mitte ist so gewaltig, dass LVMH, Kering, Hermès und Co lieber einem KOL 100.000 US-Dollar für eine Onlinekampagne zahlen, als das Geld in Anzeigen in einem Modeblatt zu investieren.


Laut einer Studie der US-Unternehmensberatung Bain & Company setzt sich das Wachstum fort: 2018 soll demnach die Luxusbranche in China währungsbereinigt um bis zu 22 Prozent wachsen. Für Europa und die amerikanischen Länder erwarten die Berater lediglich ein Wachstum zwischen jeweils vier und fünf Prozent.

Luxus muss cool werden

Während die Kundschaft in Europa und den USA eher älter und gut situiert ist, muss sich die Industrie laut dem Frühjahrs- Update der Bain-Studie nun an einem jüngeren Publikum orientieren. Bei den Kindern der neuen aufstrebenden Mittelschicht im asiatischen Wachstumsland sind die teuren europäischen Marken hip. "Bei der Kaufentscheidung spielen soziale Medien eine wichtige Rolle", schreiben die Autorinnen Claudia D’Arpizio und Federica Levato.



Während früher die Eröffnung eines Onlineshops in den Stra­tegieabteilungen der Luxus­konzerne mit der Verramschung der eigenen Identität gleichgesetzt worden war, geht es heute nicht mehr ohne - vor allem eben auf WeChat. Doch der Generationen­wechsel hat noch weitere Konsequenzen: "Die Konzerne müssen zwar weiterhin qualitativ exzellent sein", sagt Javier Seara von der Unternehmensberatung Boston Group Consulting. "Aber sie müssen zusätzlich cool sein und Spaß machen."

Deshalb haben die Unternehmen zuletzt eine ganze Riege von Altdesignern ersetzt. Der neue Kreativdirektor von Louis Vuitton, Virgil Abloh, ist nicht nur Modedesigner, sondern auch DJ und Architekt. Dior Homme (LVMH) gestaltet nun Kim Jones, seines Zeichens Experte für Street Wear. Seine mit Dior-Labeln übersäten Chucks gelten als Renner der Saison. Die Briten von Burberry konnten trotz laufender Sanierung dank des Einsatzes des Ex-Versace- und -Givenchy-Stardesigners Riccardo Tisci die Erlöse um drei Prozent steigern.

In China lag das Umsatzplus - genauso wie bei den französischen Konzernen Hermès, Kering und LVMH - im zweistelligen Bereich. Die Abhängigkeit vom Markt der aufstrebenden Nation ist enorm. "Ein Handelskrieg wäre schlecht für alle. Ich würde vorziehen, dass es keinen gibt", sagte Hermès-Chef Axel Dumas bei der Präsentation der Zahlen aus dem zweiten Quartal am vorvergangenen Freitag in Paris. Der Umsatz, mit 1,46 Milliarden Euro nahe am Rekord­niveau vom vergangenen Jahr, sei ein Beleg, dass die Nachfrage nach Luxusgütern noch intakt sei, so Dumas.

Wette auf Handelseinigung

Aber das chinesische Wirtschaftswachstum verlangsamt sich, die Sorgen nehmen zu. Die Regierung debattiert haushaltspolitische Maßnahmen und hat Steuersenkungen für Unternehmen beschlossen. Der chinesische Yuan hat gegenüber dem US-Dollar abgewertet. Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZ Bank, geht davon aus, dass die Tendenz zur Schwäche bleiben wird. Das bedeutet, dass die Preise für importierte Waren - auch Luxuswaren aus Europa - steigen könnten.

"Bislang kann Chinas Konjunktur den drohenden Belastungen des US-chinesischen Handelskonflikts gut trotzen", sagt Bielmeier. Zündet US-Präsident Donald Trump aber die nächste Eskalationsphase und erhebt Zölle auf chinesische Waren im Wert von 250 Milliarden Euro, dann sei das "kein vernachlässigbares Risiko für das Wirtschaftswachstum des Landes mehr" so Bielmeier.

Anleger, die auf Luxusaktien setzen, gehen also eine Wette darauf ein, dass sich China mit den USA im Handelsstreit einigt. Und trotz Schnelllebigkeit des Netzes die KOLS weiter auf europäische Labels setzen.

Invetor-Info

LVMH
Breit aufgestellt

Trotz der aktuellen Nähe der LVMH-Aktie zu ihrem Allzeithoch bei knapp 314 Euro und der nicht mehr ganz günstigen Bewertung bleibt der französische Luxuskonzern eine Empfehlung. Dank diversifizierter Produkt­palette und geografischer Aufstellung ist die Abhängigkeit von Chinas Konjunktur nicht so groß wie die der Konkurrenz. Analysten rechnen mit einem kontinuierlichen Umsatzwachstum von zehn Prozent jährlich bis Ende 2020. Damit bleibt die Aktie auch für defensive Anleger attraktiv.

Kering
Neu ausgerichtet

Um 27 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro ist der Umsatz von Kering im zweiten Quartal ins­gesamt gestiegen. Kering konnte die Puma- Veräußerung wegstecken. Die Nachfrage in China blieb stabil. Die Marge der Top-Marke Gucci ist hoch wie nie, der Umsatz wuchs um 40 Prozent. Weil das unter dem Vorquartalswachstum lag, straften Börsianer die Aktie ab. Vorsichtige warten erst mal ab.

Hermès
Kontinuierlich gut

Als die Konkurrenz 2016 mit einer Krise kämpfte, schrieb der französische Modekonzern ein Umsatzplus von sieben Prozent. Auch danach blieb der Hersteller der kostspieligen Birkin-Taschen auf Wachstumskurs. Dass die Aktie im Mai ein neues Rekordhoch erklomm, ist auch einem umfangreichen Aktienrückkaufprogramm zu verdanken. Anleger steigen nach der Korrektur vergünstigt ein.



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