Brillenindustrie: Sieht schon verlockend aus
Ob Sehhilfe oder Sonnenschutz - die meisten Brillen werden in Italien hergestellt. Gerade entsteht dort ein milliardenschwerer Branchenriese.
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von Micaela Taroni, Euro am Sonntag
Ob Chanel, Gucci oder Prada: Kein großes Modelabel verzichtet auf das Geschäft mit Sonnenbrillen oder Brillengestellen. Und die modischen Accessoires mit den Labels der glamourösen Modehäuser sind auf Erfolgskurs wie noch nie. Weltmeister in Sachen Qualitätsbrillen ist Italien, und die Industrie exportiert eifrig. Ein Großteil der edlen Brillen wird in einem kleinen Gebiet im Nordosten des Landes produziert, in der Region Veneto. Hier haben Kolosse der internationalen Brillenproduktion wie Luxottica, Safilo, De Rigo und Marcolin ihr Hauptquartier. Die Branche, die aus circa 900 Unternehmen besteht und 17.000 Menschen beschäftigt, hat 2017 einen Umsatz von fast vier Milliarden Euro erzielt. 90 Prozent der Produktion wird exportiert.
Unbestrittener Marktführer ist die an der Mailänder Börse und an der Wall Street notierte Luxottica-Gruppe, die dieser Tage das grüne Licht der Brüsseler Wettbewerbshüter für ihre milliardenschwere Fusion mit dem französischen Linsenhersteller Essilor erhalten hat. Das Volumen des Zusammenschlusses des italienischen Herstellers von Brillengestellen - beispielsweise der Marken Ray Ban, Armani oder Oakley - mit Essilor, dem Weltmarktführer bei Gläsern, beträgt 46 Milliarden Euro. Die Marktmacht macht’s, darauf können wohl auch Anleger hoffen.
Mit ihrer Fusion rüsten sich Luxottica und Essilor für eine zunehmende Nachfrage auf einem Markt, der wegen der alternden Bevölkerung rund um den Globus und des Nachholbedarfs in Asien und Lateinamerika weiter wachsen wird.
Firmengründer Leonardo Del Vecchio, dem 62 Prozent der Luxottica-Anteile gehören, wird seine Beteiligung komplett in das künftige Unternehmen einbringen. Mit einem Umsatz von über 15 Milliarden Euro, einem operativen Ergebnis (Ebitda) von annähernd 3,5 Milliarden Euro, 140.000 Beschäftigten und einer Präsenz in 150 Ländern wird das entstehende Unternehmen mit erheblichen Synergieeffekten rechnen können.
Der ambitionierte Luxottica-Chef, der das Unternehmen 1961 in einem kleinen Dorf am Fuß der Dolomiten mit 14 Mitarbeitern gegründet hatte, gibt sich nach der milliardenschweren Fusion noch nicht zufrieden. Vor wenigen Tagen kaufte er den japanischen Brillenhersteller Fukui Megane, Spezialist in der Produktion von Gold- und Titanbrillen mit einem Umsatz von 17 Millionen Euro. Damit will sich Luxottica, das im vergangenen Jahr erstmals einen Rekordgewinn von einer Milliarde Euro erreichte, den Einstieg in die japanische Brillenproduktion sichern.
Das Lizenzdilemma
Vor Jahresfrist hatten Börsianer noch auf einen anderen Fusionspartner von Essilor spekuliert: Luxotticas Konkurrenten Safilo, der Brillen der Marken Watch, Jimmy Choo, Dior, Max Mara oder Givenchy produziert. Das an der Mailänder Börse notierte Unternehmen mit Sitz in Padua setzt verstärkt auf den asiatischen Markt und hat dieser Tage ein exklusives Partnerschaftsabkommen mit Luxasia für den Vertrieb seiner Brillen in Taiwan bekannt gegeben.
Im Gegensatz zu Luxottica hat Safilo allerdings mit Problemen zu kämpfen, die sich negativ auf den Aktienkurs auswirken. Dazu gehört, dass die Lizenzen für diverse beim Publikum begehrte Marken auslaufen. Die für Dior endet im Dezember 2020, bei Givenchy ist 2021 Schluss, bei Fendi 2023 und bei Marc Jacobs 2024. Safilos Umsatz sinkt schon jetzt. Geschäftsführerin Luisa Delgado wurde unlängst durch den Manager Angelo Trocchia ersetzt. Ob er den Turnaround schafft, wird sich zeigen.
Denn dass die Lizenzen verlängert werden, scheint wenig wahrscheinlich. Das Brillengeschäft ist nämlich so lukrativ, dass die großen Luxusgüterkonzerne es selbst in die Hand nehmen. Schon 2014 entschloss sich Kering zu diesem Schritt, im vergangenen Jahr auch der Marktführer LVMH. Mehr Kontrolle und mehr Profit lauten die durchaus nachvollziehbaren Beweggründe.
LVMH erwarb dazu einen Zehnprozentanteil an der italienischen Marcolin-Gruppe, die von der Private-Equity-Gesellschaft PAI Partners kontrolliert wird und 2017 einen Jahresumsatz von 434 Millionen Euro meldete. Die Produktion könnte mit der Zeit von 1,5 Millionen Stück auf 4,5 Millionen verdreifacht werden, glaubt das Management. Trifft das zu, würde es auch frisches Geld in die ohnehin wohlgefüllte Kasse von LVMH spülen.
Das Marcolin-Management sieht durch rosarote Brillen in die Zukunft. Nicht nur ältere Menschen, auch Millennials setzen sich gern Modebrands auf die Nase. Denn viele Jugendliche tragen Brillen, weil sie modisch sind, nicht unbedingt, weil sie Sehprobleme haben.
Davon will auch ein weiterer großer Produzent profitieren, der Lizenzen für Escada, Trussardi, Celine, Fendi und Chopard hält: De Rigo aus der Dolomiten-Kleinstadt Longarone, 1978 von den Brüdern Ennio und Walter De Rigo gegründet. Sie übernahmen damals einen familiären Kleinbetrieb für Brillengestelle. Die wichtigsten Auftraggeber waren in Konkurs gegangen. Ennio De Rigo gab daher seine Rolle als Zulieferer auf und begann, auf eigene Rechnung zu arbeiten.
Mit Durchblick - und ohne
Das Unternehmen setzte von Anfang an stark auf innovatives Design. Inzwischen überschwemmt es den Markt mit 300 Marken. De Rigo ist in vier Jahrzehnten von einem unbedeutenden Handwerksbetrieb zu einem globalen Unternehmen avanciert. Die Brillenbranche profitiere einerseits von der stärkeren Nachfrage nach Konsumgütern auch in der italienischen Heimat, andererseits von dem größeren Bedarf an Sehbrillen infolge des Alterungsprozesses der Bevölkerung, sagte Ennio De Rigo im Gespräch mit €uro am Sonntag.
Auf Brillen setzt auch Fiat- Erbe Lapo Elkann. Ebenfalls auf solche mit innovativem Design. Der Spross aus der milliardenschweren Unternehmerfamilie gründete die Firma Italia Independent, die unter anderem Brillen unter dem Label Adidas herstellt. Zuletzt wurde ein Abkommen mit einer weiteren Sportmarke getroffen: Rossignol. Dennoch gilt für Anleger: Finger weg. Seit Juli 2013 ist das Unternehmen an der Börse in Mailand notiert. Wer damals investiert hat, dem dürfte heute schwarz vor Augen werden - der Kursverlauf ist ein Desaster.
Investor-Info
LuxusFonds
GAM Luxury Brands Equity
Mit dem Fonds (ISIN: LU 032 942 989 7), der 50 Prozent in fünf Jahren gewann, setzen Anleger breit auf die Luxus- und Modebranche. Investiert wird in Topmarken wie LVMH.
Luxottica
Parallel zu Essilor
Der italienische Brillenkonzern fusioniert mit dem französischen Gläserproduzenten Essilor. Im Rahmen eines Umtauschs soll es 0,461 Essilor-Aktien pro Papier geben. Entsprechend läuft der Kurs parallel zu dem der Essilor. Die Fusion ist für beide sinnvoll. bau
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06.12.2024 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Buy | Goldman Sachs Group Inc. | |
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