Windkraft: Vorübergehend Flaute
Turbinenhersteller müssen sich vor allem in Deutschland auf harte Zeiten einstellen. Doch auf mittlere Sicht hilft die Politik. Für Anleger bieten sich Chancen.
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von Oliver Ristau, Euro am Sonntag
Stürmisch war es in Husum. So stark fegte der Wind über Nordfriesland hinweg, dass Teile der größten Windmesse der Welt Mitte September zeitweise geschlossen werden mussten. Dass die Stimmung in den Hallen eher gedrückt war, lag aber nicht am Sturm, sondern an der Flaute in vielen wichtigen Windmärkten.
In Deutschland etwa steht die Branche 2018 vor einem Abschwung. Das hat nichts mit der FDP zu tun, die als Windkraftgegner die Genehmigung in vielen Bundesländern erschwert und bald in Berlin in den Regierungssesseln sitzen könnte. Grund ist die Umstellung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) von festen Preisen auf ein Ausschreibungssystem. Das hat die Einspeisevergütung für Windstrom aus Anlagen an Land zuletzt auf nur noch 4,3 Cent je Kilowattstunde gedrückt. Vergangenes Jahr lag der Satz noch doppelt so hoch.
Das macht die Windkraft wettbewerbsfähig zu anderen Energiequellen - allerdings erst mittelfristig. "Mit den Turbinen, welche die Hersteller aktuell im Angebot haben, ist dieser Preis nicht zu realisieren", sagt Analyst Roshan Zamir von Warburg Research.
Der Grund für die paradoxe Situation: Bei allen Bietern, die den Zuschlag für den Bau von Windparks erhalten haben, handelt es sich um sogenannte Bürgerwindparks - Zusammenschlüsse einzelner Privatinvestoren etwa in Form von Genossenschaften. Der Gesetzgeber hat mit Einführung der Ausschreibung Bürgerwindparks gegenüber kommerziellen Anbietern wie Finanzinvestoren, Entwicklern und Energieunternehmen privilegiert. Die Bürgerwindparks haben zudem mit mehr als vier Jahren doppelt so lange Zeit wie die Konkurrenz, ihre Parks zu realisieren.
Deshalb haben die Bürgerwindparks ihr Angebot auf Basis der nächsten Anlagengeneration kalkuliert - eine riskante Spekulation, weil keiner genau weiß, wann diese zur Verfügung steht.
Für die Hersteller droht ein Einbruch, wenn von den in diesem Jahr per Ausschreibung gebilligten 2,8 Gigawatt (GW) Leistung an Land 2018 möglicherweise kaum etwas realisiert wird. 2017 dürften noch rund 4,3 GW gebaut werden - schon das ist ein Minus von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Anreize ade
Die Bremsspuren zeigen sich in den Bilanzen. Beim Hersteller Nordex brach der Auftragseingang im ersten Halbjahr ein, der Gewinn sackte um mehr als die Hälfte ab. Die Aktien des Weltmarktführers Siemens Gamesa stürzten ab, nachdem der fusionierte Konzern zum Halbjahr eine Gewinnwarnung abgab.
Grund waren dort die internationalen Märkte. Denn auch in Europa werden Anreizsysteme teils umgestellt oder ganz abgeschafft, etwa im wichtigen britischen Onshore-Windmarkt. In Überseemärkten läuft es ähnlich. Indien etwa, 2016 im globalen Ausbauranking auf Platz 4 und wichtig für alle deutschen Hersteller, hat auf Auktionen umgestellt, ebenso wie der fünftgrößte Markt Brasilien. Das senkt die Planungssicherheit und erhöht den Aufwand.
Lediglich die Lage im weltgrößten Markt China berührt die westlichen Hersteller nur am Rande. Dort sind fast ausschließlich heimische Anlagenbauer tätig.
Kurze Durststrecke
Die kurzfristigen Perspektiven sind demnach mau. Für Nordex und Co gilt es, die Kosten zu senken, ohne an Innovationen zu sparen. Doch die Durststrecke dürfte nicht allzu lange sein. Denn regenerative Energien sind unabdingbar, um etwa die Elektromobilität zum Erfolg zu führen. Ohne grünen Strom kann der Verkehr von morgen nicht emissionsfrei werden.
Unterstützung kommt von der Politik. Sollten die Grünen neben FDP und Union in die Bundesregierung eintreten, steht dem neuerlichen Aufschwung nichts im Wege. Die Partei ist der politische Anwalt der regenerativen Energien par excellence.
Auch in Frankreich will Staatspräsident Emmanuel Macron die regenerative Stromerzeugung voranbringen, um sein Ziel, ein CO2-neutrales Frankreich, beispielsweise durch den Aufbau von Windparks im Meer zu erreichen.
Ähnliche Pläne verfolgt die Bundesregierung. Bis 2030 sollen sich in der deutschen See Turbinen mit mindestens 15 Gigawatt Leistung drehen - die Kapazität von 15 Kernkraftwerken. Die Zahl könnte sogar noch steigen. So ließ das Bundesverkehrsministerium in Person des Staatssekretärs Enak Ferlemann durchblicken, dass weitere Offshore-
Parks möglich wären, um künftig grünen Wasserstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge zu produzieren.
Wegen des Preisverfalls werden die Ökostromer immer attraktiver. "Zum Ende dieses Jahrzehnts werden neue Wind- und Solarkraftwerke in vielen Regionen den Strom billiger erzeugen können als neue Kohlekraftwerke", erwartet Analyst Zamir. Sie dürften dann den globalen Kraftwerkmarkt dominieren.
Die Großen der Turbinenbranche wie Siemens Gamesa, General Electric oder die dänische Vestas haben es einfacher, dem Gegenwind bis dahin standzuhalten als die kleineren Nordex und Senvion, gerade auch weil sie im Offshore- Geschäft besonders stark sind.
Chancen für Entwickler
Weniger anfällig als die Turbinenbauer sind da die Projektentwickler, die neue Windparks realisieren, verkaufen und teils selbst betreiben. Dazu zählen Unternehmen wie Energiekontor und PNE Wind. "Gerade bei Auktionen sind Akteure mit Erfahrung wichtig, um eine angemessene Kalkulation vorzunehmen", erklärt Roshan Zamir.
Bei den Auktionen ab 2018 verlieren die Bürgerwindparks einen Großteil ihrer bisherigen Privilegien. Deshalb haben kommerzielle Projektierer gute Chancen, bei künftigen Ausschreibungen zum Zuge zu kommen. Denn das Geschäftsmodell fußt auf mehreren Säulen. Auch künftig unterliegen die Parks einer gesetzlichen Zahlungsgarantie von mehr als zehn Jahren. So sorgen die Erträge aus den langfristigen Stromlieferverträgen für sichere Erlöse und gut prognostizierbare Cashflows.
Das macht regenerative Energien attraktiv für Finanzinvestoren wie Versicherungen oder Fonds. Sie können damit in einem Niedrigzinsumfeld nachhaltige Investments tätigen, die eine gut kalkulierbare Rendite bringen. Für die Projektentwickler bietet sich zudem noch die Chance, als Dienstleister den Betrieb der Parks zu übernehmen. Mittelfristig erwarten viele Beobachter wieder steigende Strompreise. Das dürfte die Margen der Entwickler ebenso treiben wie die erwarteten Preisnachlässe für die Turbinen.
Investor-Info
Energiekontor
Projekte mit Dividende
Die Bremer sind nicht nur einer der ältesten Windparkentwickler der Welt, sie sind auch solide Gewinnbringer. Im laufenden Jahr hat der in Europa und den USA breit vertretene Projektierer erneut stabile Ergebnisse geliefert. 2017 soll der Gewinn nach Schätzungen leicht zulegen, 2018 wird mit einem deutlichen Plus von 17 Prozent gerechnet. Manko: Die Eigenkapitalquote ist mit 18 Prozent niedrig. Attraktive Dividendenrendite.
Nordex
Im Windloch
Der auf Deutschlands Windmarkt fokussierte Hamburger Windkraftanlagenbauer hat es wegen der Schwäche im Heimatmarkt aktuell schwer. Das dürfte auch noch ein paar Quartale anhalten. Aber die Firma schreibt - anders als in der vorigen Krise vor fünf Jahren - schwarze Zahlen. 2017 und 2018 soll der Gewinn laut Schätzungen sinken, erst 2019 geht es demnach wieder aufwärts. Abwarten.
Siemens Gamesa
Primus bietet Chance
Attraktiv war die Übernahme von Gamesa durch Siemens für die Aktionäre des gemeinsamen Unternehmens bisher nicht. Der Kurs hat sich seither halbiert. Grund ist der Einbruch des Gewinns im ersten gemeinsamen Zahlenwerk zum Halbjahr. Die Aussichten für den größten Windturbinenbauer sind dank seiner weltweiten Präsenz und jahrzehntelangen Erfahrung mittelfristig gut. 2018 soll sich das Ergebnis stabilisieren, 2019 soll es um rund 20 Prozent steigen. Gelegenheit.
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Bildquellen: claffra / Shutterstock.com, Digital Vision/Thinkstock
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07.11.2024 | Nordex Buy | Jefferies & Company Inc. |
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08.11.2024 | Nordex Buy | Jefferies & Company Inc. | |
08.11.2024 | Nordex Buy | Deutsche Bank AG | |
08.11.2024 | Nordex Buy | Goldman Sachs Group Inc. | |
07.11.2024 | Nordex Buy | Jefferies & Company Inc. | |
07.11.2024 | Nordex Buy | Goldman Sachs Group Inc. |
Datum | Rating | Analyst | |
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29.10.2024 | Nordex Equal Weight | Barclays Capital | |
15.01.2024 | Nordex Neutral | Goldman Sachs Group Inc. | |
14.11.2023 | Nordex Neutral | Goldman Sachs Group Inc. | |
03.10.2023 | Nordex Neutral | Goldman Sachs Group Inc. |
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